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Made in Chafrika

Frank Sieren20. März 2014

Immer mehr chinesische Unternehmen planen ihre Produktion nach Afrika zu verlagern. Allerdings bedeutet das nicht, dass in China die Fließbänder in naher Zukunft stillstehen werden, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Xi Jinping auf seiner Afrikareise: Besuch in Tansania (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Dass Chinas Wirtschaft enorm von Afrika profitiert, ist längst kein Geheimnis mehr. Chinesen sind in der Region südlich der Sahara überall anzutreffen. Auf den Ölfeldern in Angola, beim Straßenbau im staubigen äthiopischen Hochland, selbst im Stadtzentrum von Johannesburg in Südafrika findet man mittlerweile immer größere China-Malls, die billige Elektronik und Plastikartikel aus Fernost anbieten. Es hat einen Grund, warum das Reich der Mitte schon seit Jahrzehnten seine Präsenz dort ausbaut und Afrika mittlerweile sogar zu einem der wichtigsten Handelspartner des Kontinents avanciert ist. Peking hat schon längst erkannt, dass Afrika einer der größten Märkte der Zukunft ist.

Zukunftsmarkt

Die Bevölkerung dort wird sich in den nächsten 40 Jahren auf über zwei Milliarden Menschen verdoppeln. Eine riesige Mittelschicht wächst heran, die bald mehrheitlich in Städten wohnen und gierig auf Smartphones, Fernseher, Hausgeräte und günstige PKWs sein wird. Dass der Kontinent endlich vorankommt, ist nicht zuletzt der Mithilfe Chinas zu verdanken.

Frank Sieren Kolumnist (Foto: DW)
China und Afrika haben eine Partnerschaft entwickelt, von der beide Seiten profitieren, sagt Frank SierenBild: Frank Sieren

Natürlich verfolgt die chinesische Regierung seit jeher ganz eigene Ziele in Afrika. Trotzdem hat sich längst eine symbiotische Partnerschaft entwickelt, von der beide Seiten profitieren. Das Erfolgsrezept dieser schwarzgelben Koalition sieht so aus: Die Regierung in Peking gewährt afrikanischen Staaten anstandslos Kredite in Milliardenhöhe, damit sie ihre Infrastruktur ausbauen und verbessern können. Anstandslos bedeutet, dass Peking, anders als der Westen, seine Geldspritzen nie an politische Veränderungen knüpft, also den afrikanischen Regierungen keine Vorschriften in Sachen Menschenrechten oder Korruptionsbekämpfung macht. China interessiert sich nicht dafür, ob es Geld an eine Diktatur oder eine Demokratie verleiht. Allerdings stellt Peking dafür andere Bedingungen. Damit Geld fließt, müssen die Afrikaner stets zusichern, dass ein Großteil der Aufträge für die Infrastrukturprojekte an chinesische Unternehmen geht und dass die Kredite teilweise mit Öllieferungen und anderen Rohstoffen getilgt werden. Der Vorteil solcher Vereinbarungen: China bietet Komplettlösungen. Von der Finanzierung über den Bau bis hin zur Schulung einheimischen Personals - und das sogar zu einem Bruchteil der Kosten, die ein westliches Unternehmen berechnen würde.

Preiswerte Produktion

Doch Peking geht es in Afrika nicht mehr nur um die Sicherung von Rohstoffen und lukrative Bauaufträge, sondern auch um neue Absatzmärkte. China flutet seit Jahren erfolgreich den Markt mit seinen günstigen Produkten, die sich selbst die Afrikaner mit niedrigen Einkommen bereits leisten können. Es ist nur folgerichtig, dass nun immer mehr chinesische Unternehmen ihre Fabriken aus der Heimat und anderen asiatischen Staaten nach Afrika verlagern - oder zumindest laut darüber nachdenken.

Schließlich wird die Produktion im eigenen Land mit steigendem Wohlstand immer teurer. Wegen der Ein-Kind-Politik altert die Bevölkerung schnell, wodurch künftig noch weniger junge, arbeitswillige Fabrikarbeiter zur Verfügung stehen werden. Vor allem aber will China in der Wertschöpfungskette weiter nach oben rücken. Als Vorbild dienen Japan und Südkorea sowie die gesamte westliche Welt, die dies in der Vergangenheit genauso gemacht haben. Die Produktion wurde ausgelagert, dafür mehr auf Forschung und Entwicklung gesetzt. Auch Peking will diesen Weg nun gehen.

Das heißt aber längst nicht, dass der Welt das Label "Made in China" verloren gehen wird. Chinesische Unternehmen haben verstanden, dass sie in Afrika künftig viel billiger produzieren können und einen riesigen Absatzmarkt gleich mitgeliefert kriegen. Der Westen hat diese Entwicklung allerdings bislang weitestgehend verschlafen. Auch für viele Unternehmen aus Deutschland gilt: Statt ihre Chance in Afrika zu nutzen und etwas Neues zu wagen, setzten sie lieber auf die bestens eingespielten Beziehungen ins Reich der Mitte und bauen dort ihre Produktion weiter aus. Die deutschen Autobauer sind ein gutes Beispiel dafür. Peking wird also noch lange davon profitieren, dass westliche Firmen bereit sind, in China zu höheren Preisen herzustellen, obwohl es anderswo bereits günstiger ginge.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Dank der Zurückhaltung des Westens gegenüber Afrika, wird China den schwarzen Kontinent bald noch stärker dominieren und kann dann sowohl von der Arbeitskraft also auch von der Konsumfreude der Menschen dort profitieren.

Unser Korrespondent Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.