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Madagaskar wählt einen neuen Präsidenten

Alina Ranaivoson, Hilke Fischer25. Oktober 2013

Auf diesen Wahltag hatten viele mit Spannung geschaut: Würde die Lage im Inselstaat vier Jahre nach dem Putsch friedlich bleiben? Von Zwischenfällen abgesehen war das der Fall. Nun wird auf die Ergebnisse gewartet.

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Eine alte Frau bei der Stimmabgabe auf Madagaskar Foto: REUTERS/Thomas Mukoya (MADAGASCAR - Tags: POLITICS ELECTIONS)
Bild: Reuters

Sechs Uhr morgens in einem Wahllokal in der Hafenstadt Tamatave, der zweitgrößten Stadt des Landes: Eigentlich wäre jetzt der offizielle Wahlbeginn. Hier wird aber noch der Fußboden geputzt. Eine Dreiviertelstunde später dürfen die ersten Stimmberechtigten eintreten. Eine von ihnen ist Sarah. Sie knüpft große Erwartungen an ihre Stimmabgabe: "Bei all dem, was die Kandidaten versprochen haben, hoffe ich sehr, dass sich etwas ändern wird."

7,8 Millionen Madagassen stimmen an diesem Wahltag (25.10.2013) darüber ab, wer ihr zukünftiger Präsident sein soll. Seit sich der momentane Übergangspräsident Andry Rajoelina 2009 mit Hilfe des Militärs an die Macht geputscht hat, ist Madagaskar international isoliert. Der Wirtschaft des Landes hat das sehr geschadet.

Nicht jeder kann wählen

Leonard gehört zu den Ersten, die in dem Wahllokal in der Hafenstadt Tamatave ihren Fingerabdruck auf den Stimmzettel drücken. Er hofft, dass die Wahl das Land wieder auf den richtigen Weg bringt: "Wir sind diese Krise leid", sagt er. "Das Geschäft läuft nicht mehr, es herrscht Stillstand. Der Umsatz von uns Händlern ist um 60 Prozent zurückgegangen."

Immerhin kann Leonard wählen - im Gegensatz zu einigen seiner Angestellten. Sie stehen nicht im Wahlregister. An diesem Morgen finden viele Menschen, die in das Wahllokal in Tamatave gekommen sind, ihren Namen nicht auf den Listen wieder. Maria Raharinarivonirina ist Mitglied der nationalen Wahlkommission. Damit ist sie zuständig für die Organisation der Wahl. Sie erklärt der DW-Reporterin, dass einige Menschen es versäumt hätten, im Vorfeld auf den vorläufigen Wahllisten nachzusehen, ob ihre Namen dort richtig eingetragen waren. Jetzt würden sie sich wundern, dass sie nicht auf der Liste stehen. Andere hätten sich schlichtweg im Wahllokal geirrt.

Menschen stehen vor einem Wahllokal in auf Madagaskar Schlange. Foto: REUTERS/Thomas Mukoya
Die Madagassen verknüpfen mit der Wahl große HoffnungenBild: Reuters

Neue Stimmzettel

Eine weitere Herausforderung bei dieser Wahl: Zum ersten Mal stehen in Madagaskar die Namen aller 33 Kandidaten auf einem großen Stimmzettel. Bei früheren Wahlen hatte es für jeden Kandidaten einen eigenen Zettel gegeben. Die Wähler können nun entweder ein Kreuz oder ihren Fingerabdruck neben den Namen eines Kandidaten setzen. Jeder, der das Wahllokal in Tamatave betritt, bekommt das vom Bezirkschef Landry Randrianarivelo noch einmal persönlich erklärt: "Ich mache das, um böse Überraschungen zu vermeiden", sagt er. Denn sobald jemand zwei Namen ankreuzt, ist die Stimme ungültig.

Nein, die Stimmabgabe findet er nicht kompliziert, sagt Charlot, ein Wähler in Tamatave. Allerdings gibt er zu bedenken: "Für die Menschen, die in abgeschiedenen Dörfern leben, könnte es schon schwierig sein. Viele Leute dort können nicht lesen."

Vereinzelte Gewalttaten

Gegen Mittag sind die Wahlurnen bereits gut gefüllt. Die Wahlbeobachter der EU sind zufrieden. Doch nicht in allen Teilen des Landes läuft die Wahl so friedlich ab: In der Nähe eines Wahllokals im Süden des Landes sei ein Bezirkschef getötet worden, heißt es aus Kreisen des Innenministeriums. Es sei aber noch nicht klar, ob die Tat in Zusammenhang mit der Abstimmung steht. Im nördlichen Bezirk Tsaratanana sollen Unbekannte ein Wahllokal angezündet haben. In einem Wahlbüro in der Stadt Bezaha im Süden des Landes soll zudem ein Mensch entführt worden sein. An allen drei Orten, so ist später zu erfahren, musste die Wahl vorübergehend ausgesetzt werden, konnte dann aber fortgeführt werden.

Madagaskars amtierender Präsident Andry Rajoelina bei der Stimmabgabe Foto: REUTERS/Thomas Mukoya
Madagaskars amtierender Präsident Andry Rajoelina bei der StimmabgabeBild: Reuters

Erste Prognosen über den Wahlausgang soll es laut Wahlkommission am Samstag (26.10.2013) geben. "Das Ermitteln der Ergebnisse braucht Zeit", sagte Kommissionssprecherin Valerie Andrianavalona der Nachrichtenagentur AFP. Ein amtliches Endergebnis könne womöglich erst eine Woche nach der Wahl bekannt gegeben werden. Das sei zu erwarten gewesen und kein Grund zur Beunruhigung, sagte der Agentur ein westlicher Wahlbeobachter. "Wenn es allerdings länger als eine Woche dauert, dann mache ich mir Sorgen." Andere Beobachter bewerteten die Wahl als insgesamt gelungen, zwar mit einigen Gewalttaten, aber insgesamt mit weniger Organisationsproblemen als angenommen.

Womöglich Stichwahl im Dezember

Viele Beobachter gehen davon aus, dass keiner der 33 Kandidaten eine absolute Mehrheit bekommt. Wenn dieser Fall eintritt, soll am 20. Dezember 2013 eine Stichwahl entscheiden. An diesem Tag soll auch erstmals nach dem Putsch von 2009 ein Parlament gewählt werden.

Als Favorit für das Präsidentenamt gilt der ehemalige Finanzminister Hery Rakotoarimanana. Er ist der Wunschkandidat von Amtsinhaber Rajoelina, der selbst nicht kandidieren darf. Gute Chancen werden auch dem ehemaligen Gesundheitsminister Jean Louis Robinson eingeräumt, der vom gestürzten Ex-Präsidenten Marc Ravalomanana unterstützt wird.