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Machtmensch Putin

Marcus Lütticke16. März 2014

Der russische Präsident Wladimir Putin gibt sich in der Krim-Krise als unnachgiebiger Machtpolitiker - koste es, was es wolle. Doch welches langfristige Ziel verfolgt er? Und wem hört er zu?

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Wladimir Putin (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

"Es geht um das Überleben des Systems Putin." Nur so sei das isolierte Vorgehen des russischen Präsidenten auf der ukrainischen Halbinsel Krim zu verstehen, meint Stefan Meister, Russland-Experte beim European Council on Foreign Relations. "Außenpolitik ist für ihn zu einem zentralen Instrument der Legitimation nach Innen geworden." Die starke Haltung soll die sinkende Zustimmung zum Präsidenten in der Bevölkerung wieder erhöhen.

Nach dem Ende der Sowjetzeit ist Wladimir Putin das alles dominierende politische Gesicht Russlands. Boris Jelzin machte ihn 1999 zum Ministerpräsidenten und mit seinem Rücktritt wenige Monate später zum geschäftsführenden Präsidenten der Russischen Föderation. Im März 2000 wurde Putin durch Wahl in diesem Amt bestätigt. Seitdem lenkt er die Geschicke des riesigen Landes.

Im Mai 2012 startete Putin in seine dritte Amtszeit als Präsident. Von 2008 bis 2012 wechselte er mit seinem engen Vertrauten Dmitri Medwedew die Rollen und war für eine Legislaturperiode Ministerpräsident des Landes, da die russische Verfassung nur zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten des Präsidenten erlaubt.

Stefan Meister (Foto: Stefan Meister)
"Außenpolitik als Instrument der Legitimation nach Innen" - Russland-Experte Stefan MeisterBild: Stefan Meister

"Putin will Stärke zeigen"

"Putin ist ein kluger Machtpolitiker", sagt Stefan Meister. "Wenn er jedoch unter Druck gerät, reagiert er manchmal unüberlegt." Für Putin sei es immer das Wichtigste, Stärke zu zeigen.

Das wird auch in der Selbstdarstellung seiner Person deutlich. Gerne präsentiert er sich der Öffentlichkeit als harter Naturbursche, der mit nacktem Oberkörper durch das weite Land Sibiriens reitet und mit der Angel große Fische aus dem Wasser zieht. Ein Image, das in weiten Teilen der russischen Bevölkerung gut ankommt.

Wladimir Putin mit Angel (Foto: picture alliance)
Putin präsentiert sich gerne in der russischen NaturBild: picture-alliance/dpa

In einem Interview für das deutsche Fernsehen sagte Putin 2012 auf die Frage, woher die negative Haltung des Westens ihm gegenüber komme: "Vor allem Angst. Gegenüber Russland - unser Maßstab, Atomwaffen, unsere Möglichkeiten in verschiedenen anderen Gebieten. Aber das ist altes Denken."

Vision von der "Eurasischen Union"

Russland selbst versucht seine geopolitische Rolle neu zu finden. Ein wichtiges Instrument dabei soll die Eurasische Union werden. Sie soll nach Putins Plänen in naher Zukunft mit den Staaten Russland, Weißrussland, Armenien und Kasachstan entstehen. Später könnten noch Tadschikistan und Kirgisistan als Mitglieder hinzukommen - und wegen der Größe und Lage ganz wichtig: die Ukraine. Doch mit dem Umsturz in Kiew droht die Ukraine aus Putins Sicht endgültig in Richtung Europäischer Union abzugleiten.

"Die Ukraine ist das wichtigste Land für Russland, um Putins Traum von einem starken Russland zu erfüllen, mit orthodoxen Werten, die sich von westlichen Werten unterscheiden", sagt Pavol Demes, Transatlantic Fellow im Büro des US-amerikanischen Thinktanks German Marshall Fund in Bratislava.

Putin und Deutschland

Pavol Demes (Foto: Stephan Röhl)
"Deutschland spielt eine wichtige Rolle" - Pavol Demes vom German Marshall FundBild: CC-BY-SA Stephan Röhl

Wichtigster Partner im Westen, so Demes und Meister übereinstimmend, ist für Putin Deutschland. Seit seiner Stationierung als russischer Geheimdienstler in der DDR von 1985 bis 1990 hat Putin ein besonderes Verhältnis zu Deutschland. Putin spricht fließend Deutsch, seine zweite Tochter wurde 1986 in Dresden geboren.

Nach seinem Amtsantritt als russischer Präsident hielt er 2001 eine Rede vor dem Deutschen Bundestag - in deutscher Sprache. Ungewöhnlich für einen ausländischen Staatsgast, und ein deutliches Zeichen. In seiner Rede unterstützte Putin die Erweiterung der EU nach Osten und plädierte für ein starkes Bündnis von Russland und Europa. Doch daraus wurde nichts.

Nur kurzfristig, beim Angriff der "Koalition der Willigen" 2003 auf das Regime im Irak, standen Deutschland, Frankreich und Russland außenpolitisch gemeinsam gegen die US-geführte Koalition. Gleichzeitig gab es aber innerhalb der EU auch Unterstützer der Politik von George W. Bush.

Die Rolle Merkels

Inzwischen ist Russland in vielen Fragen der Außenpolitik isoliert. In Syrien unterstützt Moskau Machthaber Assad, dem Iran wird Nukleartechnologie geliefert und in der Ukraine gibt es eine offene Konfrontation mit der EU.

Von vielen Seiten wird nun ein stärkeres Engagement Deutschlands gefordert, um mit Russland wieder ins Gespräch zu kommen. "Es schmerzt Putin, aus Deutschland kritisiert zu werden oder in Deutschland negativ wahrgenommen zu werden", sagt Stefan Meister. "Das spielt für ihn eine wichtige Rolle." Pavol Demes hat daher eine klare Forderung an die Kanzlerin: "Angela Merkel hat eine enorme Chance und Verpflichtung, in dieser Konfliktsituation zu moderieren - mehr als sonst irgendjemand."

Angela Merkel und Wladimir Putin (Foto: picture alliance)
Sie spricht russisch, er deutsch - trotzdem gibt es momentan keine VerständigungBild: picture-alliance/dpa

Trotzdem, so glaubt Stefan Meister, wird sich der deutsche Einfluss auf Putin nur in kleinen Schritten bemerkbar machen. Und er ist begrenzt. "Deutsche Politiker werden ihn nicht dabei aufhalten, die Krim zu annektieren."