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"Krim-Referendum ist verfassungswidrig"

Alexander Warkentin28. Februar 2014

Das Parlament der Krim will ein Referendum über ihren Autonomie-Status innerhalb der Ukraine abhalten. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage, betont im DW-Interview der Verfassungsrechtsexperte Otto Luchterhandt.

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Otto Luchterhandt
Bild: privat

Deutsche Welle: Herr Professor Luchterhandt, welchen Status hat die autonome Republik Krim in der Ukraine? Wie weit geht diese Autonomie?

Otto Luchterhandt: Die Ukraine ist nach Artikel 2 der Verfassung ein Einheitsstaat, also keine Föderation, kein Bundesstaat. Aber in der Verfassung gibt es einen Abschnitt 10, der von der Autonomen Republik Krim handelt. Sie hat einen Sonderstatus, der sich von den Gebieten und auch der Hauptstadt Kiew deutlich unterscheidet. Darin wird eine gewisse Tendenz zur Föderalisierung der Ukraine sichtbar - also eine Referenz gegenüber den besonderen Verhältnissen der Krim, auch in historischer Perspektive und wegen ihrer ethnischen Zusammensetzung. Die Republik Krim, obwohl sie Republik heißt, ist aber kein eigener Staat. Es ist kein Gliedstaat, etwa vergleichbar mit Bayern oder Nordrhein-Westfalen oder den Subjekten der Föderation in Russland. Die Krim hat eine Reihe von eigenen Kompetenzen, die ihren Schwerpunkt in Fachbereichen haben - etwa Landwirtschaft, Verkehrswesen, Wirtschaft, Tourismus, kulturelle Angelegenheiten und so weiter. Es ist ein Status hochgestufter örtlicher Selbstverwaltung. Aber spezifisch politische Materien sind der Krim nicht eingeräumt. Insbesondere ist die Krim nicht berechtigt, Kraft eines Selbstbestimmungsrechts über den eigenen politischen Status zu entscheiden.

Dann sind die Diskussionen und Pläne über eine Volksabstimmung auf der Krim über die sogenannte Verbesserung des Status der Autonomie und der Erweiterung seiner Befugnisse verfassungswidrig?

Ein solches Referendum ist nicht möglich. In dem betreffenden Abschnitt der ukrainischen Verfassung - es handelt sich um den Artikel 137 - müsste ein entsprechendes Recht vorgesehen sein. Artikel 138 der ukrainischen Verfassung räumt zwar der Krim das Recht ein, Referenden zu organisieren und auch durchzuführen. Aber Gegenstand eines solchen regionalen Referendums können nur die Materien sein, die ich vorhin aufgezählt habe, sozusagen kommunale, örtliche, regionale Probleme. Aber politische Statusfragen sind hier definitiv nicht erfasst. Es ist im Gegenteil so, dass in der ukrainischen Verfassung in Artikel 73 ganz klar zum Ausdruck gebracht ist, dass Fragen des territorialen Bestandes der Ukraine ausschließlich gesamtukrainischen Referenden vorbehalten sind. Solche Forderungen sind im politischen Raum natürlich legitim und verständlich, gerade jetzt vor dem Hintergrund der Verfassungs- und Staatskrise. Aber sie haben in der geltenden Verfassung, auch in dem Text der Verfassung vom 8. Dezember 2004 keine Grundlage.

Der Rechtswissenschaftler Otto Luchterhandt gehört zu den führenden deutschen Experten im Verfassungsrecht der Länder Osteuropas mit den Schwerpunkten Russland und Ukraine.