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OSZE und die Zukunft

Klaus Prömpers, Basel5. Dezember 2014

Die OSZE hat in Basel kontrovers über die Ukraine-Krise diskutiert. Der Direktor des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte blickt im Interview auf die Zukunft der Organisation.

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Michael Georg Link OSZE Pressebild
Bild: OSCE/FDP Baden-Württemberg

DW: Im Moment sieht es ja so aus, als ob alle Gesprächskanäle zu Russland ziemlich verstopft wären. Wie sieht die Zukunft der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aus, wenn sich Präsident Putin weiter verweigert?

Michael Georg Link: Die OSZE ist und bleibt das entscheidende Gesprächsforum im Euro-Atlantischen Bereich, aber, wie Sie sagen, es gehört nicht nur ein Gesprächsangebot dazu, es gehört auch dazu, dass jemand den Hörer abnimmt. Und Gesprächsangebote an Putin gab es nun zuhauf, jetzt kommt es darauf an, dass sie auch angekommen werden und deshalb muss man kreativ daran arbeiten, wie man das gemeinsam hinbekommt.

Im kommenden Jahr feiert die OSZE den 40. Geburtstag. Gleichzeitig gibt es die Situation mit der Ukraine und die Schwierigkeit dort im Rahmen der OSZE eine friedliche Lösung zu finden. Ein 15-köpfiger Rat der Weisen ist eingesetzt worden in Basel unter Leitung des deutschen Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Was kann, was soll der bewirken?

Der Rat, das Ischinger Panel, wie ich es nenne, soll auf jeden Fall dazu führen, dass man Aspekte der Sicherheit neu betrachtetet, gemeinsame Wege findet sie anzugehen. Das von der Seite zu machen, also praktisch nicht von den Chefs, den Außenministern, sondern durch einen "Rat der Weisen", halte ich für einen spannenden, einen guten Vorschlag. Vorausgesetzt, die Teilnehmer der OSZE, also auch Russland, sind bereit, diesen Rat anzunehmen. Das könnte die Blockade lösen.

Daraus, dass niemand dem Rat der Weisen widersprochen hat, auch die Russen nicht, könnte man ja schließen, dass alle, auch die Russen bereit sind, über die Zukunft der OSZE positiv nachzudenken?

Das hoffe ich. Das ist jedenfalls das, was ich in meiner Arbeit als Leiter des Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODHIR) auch immer versuche. Einzubringen ist, dass wir zwar offen sind für Gespräche, gerade auch mit Russland oder mit anderen Partnern, die uns oft kritisieren. Aber das wir natürlich gleichzeitig an unseren menschenrechtlichen Standards festhalten.

Diese Menschrechtsstandards haben in der Vergangenheit in Ost- und Südosteuropa dazu geführt, dass es eine Öffnung gab. Was soll die OSZE in Zukunft bewirken können und müssen? Weitmehr als nur Wahlbeobachtung?

Eindeutig ja. Wahlbeobachtung ist ja auch nur ein kleiner Teil dessen, was wir machen. Was wir machen, und zwar seit 1991, ist Gesetzgebungsberatung, Prozeßbeobachtung und Menschenrechtsmonitoring. Also, wir beraten und helfen den Staaten nicht nur östlich, sondern auch westlich von Wien bei ihrer Gesetzgebung, dass sie menschenrechtlich auf einer Linie ist mit den Standards, die von den Staaten selber verabschiedet worden sind.

Nun ist ja gerade bei der Ukraine der Vorwurf der Russen immer, sie würden sich eben nicht an alle menschenrechtlichen Vorgaben der OSZE halten, beispielsweise wenn es um Minderheiten geht. Hat Russland da nicht einen Punkt getroffen?

Wir nehmen das sehr ernst. Wir haben auch die russischen Bedenken gegenüber der ukrainischen Regierung angesprochen, weil wir selbstverständlich sagen, dass alle, auch die Ukraine, an den menschenrechtlichen Standards arbeiten müssen. Aber hier muss man klar sagen, dass jetzt, wo die ukrainische Regierung gewählt ist, das neue Parlament auch im Amt ist, wir klare Signale der ukrainischen Regierung sehen, das anzugehen. Beispiel: Wir beginnen demnächst im Auftrag der ukrainischen Regierung, die nationale Menschenrechtsstrategie der Ukraine mit zu beraten, mit zu entwickeln oder zum Beispiel auch das Gesetz für politische Parteienfinanzierung zu beraten. Was wir eben als Dienstleister machen für Teilnehmerstaaten.

In zwei Jahren übernimmt Deutschland den Vorsitz der OSZE. Denken Sie, dass die OSZE dann in einer besseren Situation ist als heute, dass sie wirklich wieder etwas bewirken kann?

Die OSZE bewirkt heute schon sehr viel, weil wir zumindest ein Gesprächsforum haben. Stellen wir uns vor, wir hätten sie nicht, ich glaube, es wäre erheblich schlimmer. Was den deutschen Vorsitz angeht: Deutschland hat sehr klug agiert, indem es nicht große Erwartungen geweckt hat, nicht große Ankündigungen gemacht hat, sondern gesagt hat: Lasst uns gemeinsam arbeiten an den Themen, die wir haben. Und vor allem lasst uns mit dem "Rat der Weisen" einen Weg finden, wie wir die Diskussion wieder in Gang bringen können.

Was ist das größte Defizit, das es jetzt zu beheben gibt in der OSZE nach 40 Jahren?

Es wäre wichtig, dass wir in der OSZE endlich mal wieder fähig werden, gemeinsam Beschlüsse zu fassen. Seit 2005, 2006 sind kaum mehr wirklich wegweisende, wichtige Beschlüsse gefasst worden. Das Konsensprinzip in der OSZE hat dazu geführt, dass mindestens einer immer gesagt hat: Nein.

Michael Georg Link ist Direktor des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau.