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Ringen um Weltklima-Abkommen

Irene Quaile28. November 2014

Ab dem 1. Dezember findet in Lima die UN-Klimakonferenz statt. Ziel der Delegierten ist es, Details für ein neues Weltklima-Abkommen auszuarbeiten. Der weltweite CO2-Ausstoß soll reduziert werden.

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Symbolbild Klimaschutz Wetterveränderung
Bild: picture-alliance/dpa

Dem gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen 2009 folgten fünf Jahre voller Frust – doch 2014 soll alles anders werden. Das Thema Klimaschutz ist wieder auf der internationalen Agenda. Zwar dauert es bis zum Schlüsseltreffen in Paris, wo das Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls verabschiedet werden soll, noch ein ganzes Jahr. Trotzdem wurden in diesem Jahr bereits zahlreiche Meilensteine auf dem Weg in eine Zukunft mit weniger CO2-Ausstoß erreicht.

Bereits im September 2014 räumte der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dem Thema Priorität ein. In New York veranstaltete er ein Spezial-Klima-Treffen. Begleitet wurde der Gipfel von Protestmärschen – sowohl in den USA als auch in anderen Teilen der Welt. Plötzlich zeigte sich eine wachsende Bürgerbewegung gegen den Klimawandel. In der Folge haben die größten Emissions-Länder China und USA ihren Willen signalisiert, sich ebenfalls auf Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel festzulegen.

Keine Zeit zum Aufschub

Der jüngste Bericht des Weltklimarates (IPCC) lasse keinen Zweifel an der Notwendigkeit eines schnellen Handelns, sagt Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung der Deutschen Welle: "Wir wissen, dass die globale Temperatur in den letzten 100 Jahren um fast ein Grad Celsius gestiegen ist. Der Meeresspiegel ist in der gleichen Zeit um etwa 20 Zentimeter angestiegen. Die Gletscher und die Eisdecke in der Arktis bilden sich zurück. Das Inland-Eis in Grönland und der Antarktis schrumpft, verliert Masse, und trägt zum Anstieg des Meeresspiegels bei – Extremwetter-Ereignisse werden so immer häufiger vorkommen", so Rahmstorf.

"Maximal zwei Grad Celsius!" – Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen ist sich die internationale Gemeinschaft einig, dass ein höherer Temperaturanstieg für unsere Planeten verheerend wäre. Deshalb sollen die Treibhausgas-Emissionen, die unsere Erde erwärmen, eingeschränkt werden.

Den Weg für ein Klima-Abkommen in Paris ebnen

Sollte dies nicht gelingen, befürchten Experten einen weltweiten Temperatur-Anstieg um vier Grad Celsius. So eine Entwicklung hätte die Menschheit bisher noch nicht erlebt, meint Klimaexperte Rahmstorf.

Infografik Globale Entwicklung der Treibhausgase und notwendiger Trend DEU

Der Klimagipfel in Peru sei als Teil eines größeren Entwicklungsprozesses anzusehen und somit von großer Bedeutung, meint UN-Klima-Chefin Christiana Figueres. Denn die politische Diskussion ist bereits in vollem Gange: Die Unterhändler in Lima müßten jetzt schon konkrete Fortschritte bei der Ausarbeitung eines weltweiten Klima-Abkommens machen. Dieses Abkommen soll schließlich im Dezember 2015 in Paris verabschiedet werden und 2020 in Kraft treten

Bis zum März 2015 haben die einzelnen Länder noch Zeit, ihre geplanten Zugeständnisse in Sachen Klimaschutz vorzulegen. Die EU machte bereits den ersten Schritt und veröffentlichte ihre Ziele im Oktober 2014. Die USA und China folgten mit hoffnungsvollen Signalen. Die meisten Länder seien aber gerade dabei, ihre Hausaufgaben zu machen und herauszufinden, welche Zugeständnisse sie machen könnten, sagt Figueres.

CO2-Abgabe gefordert

Ottmar Edenhofer ist Chef-Ökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Er ist außerdem Co-Vorsitzender einer Arbeitsgruppe des IPCC, die sich mit Handlungsmöglichkeiten beschäftigt.

Edenhofer ist der Meinung, der Weltgemeinschaft blieben nur noch zwanzig oder dreißig Jahre, um das Emissions-Problem zu lösen. Dies sei keine Frage von Technologien, denn es gäbe bereits alternative Energie-Technologien, die das Problem lösen könnten. Dennoch erlebten fossile Brennstoffe zurzeit eine Renaissance, erklärt der Klima-Experte. Aus diesem Grund müsse man für Kohlenstoff einen Preis erheben - die Verschmutzung der Atmosphäre durch CO2 müsse so teuer werden, dass es sich schlicht und einfach nicht mehr lohne.

UN-Klima-Chefin Figueres stimmt zu, dass Strafgelder für CO2-Verschmutzung eine sehr wichtige Komponente auf dem Weg zu einer Wirtschaft mit geringerem CO2-Ausstoß sein könnten.

Feilschen um die Details

Das Ringen um die richtigen Maßnahmen bleibt schwierig: Länder mit großen Vorkommen an fossilen Brennstoffen sind bei der Zustimmung einer Kohlendioxid-Reduzierung zurückhaltend – schließlich würde dies ihre Einkommensquelle schmälern. Aber Edenhofer ist optimistisch, dass letztlich alle Länder einsehen werden, dass sich Zugeständnisse auszahlen: "Wir gehen davon aus, dass die Menschen den Sinn im Klimaschutz erkennen. Sie werden verstehen, dass die Langzeitfolgen ihres tagtäglichen Treibens irreversible Klima-Veränderungen sind – und zwar mit all den Problemen, die daraus folgen."

Kiribati Symbolbild Klimaflüchtling
Steigende Meeresspiegel lassen Land verschwinden und sorgen für Klimaflucht - auch das sind Folgen des KlimawandelsBild: picture-alliance/AP Photo

Und noch etwas stimmt den Ökonom optimistisch: Denn verbunden mit dem Klimaschutz sind ganz offensichtliche Effekte, die beispielsweise für Politiker wichtig sind. Als Beispiel hierfür nennt er China: "Für die chinesische Regierung gibt es einen handfesten Grund, seriös über die Reduzierung von Emissionen nachzudenken: Die Maßnahmen sind gleichzeitig ein wichtiger Schritt, um die Luft-Qualität im eigenen Land zu verbessern."

Mit finanzieller Hilfe zum Klimaschutz

Nach Jahren der Stagnation und Frustration gibt es nun deutliche Zeichen für Fortschritt. Bei einem Treffen in Berlin diesen November versprachen Länder eine Summe von fast 10 Milliarden Dollar für den Green Climate Fund (GCF), einen Klimafond der UN, der eingerichtet wurde, um ärmeren Ländern bei der Anpassung an Klimaveränderungen zu helfen.

Dieses großzügige Zeichen könnte auch Entwicklungs- und Schwellenländer dazu motivieren, ein neues Weltklima-Abkommen zu unterzeichnen. Bisher widerstrebte vielen von ihnen, ihre eigenen Emissionen einzuschränken. Schließlich waren es vor allem die wohlhabenden Industriestaaten, die das Problem durch die starken Emissionen in der Vergangenheit begründet hatten.

Vielversprechende Zeichen für Lima

Der deutsche Wissenschaftler Rahmstorf vergleicht die Wahrscheinlichkeit eines Durchbruchs in Lima mit dem Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren:

"Wenn man Menschen einige Monate vor dem Ereignis gefragt hätte, wie wahrscheinlich es ist, dass die Mauer fällt, hätte niemand gesagt, dass das passiert", sagt der Potsdamer Experte und IPCC-Autor. Er glaubt, dass solche gesellschaftlichen Umwälzungen schwer vorherzusagen sind – aber die Zeichen für Lima seien vielversprechend.

Rahmstorf verweist außerdem auf die "große Erfolgsgeschichte" der Erneuerbaren Energien und die erhebliche Emissions-Reduzierung durch die EU-Länder seit 1990. Der ökonomischen Entwicklung habe dies keinen Abbruch getan, sagt Rahmstorf: "Das zeigt, dass man Emissionen von ökonomischem Wachstum und Gemeinwohl trennen kann."

In Peru wird vor Beginn des eigentlichen Klimagipfels erstmals ein Treffen stattfinden, das Nicht-Regierungs-Organisationen in den Prozess einbeziehen soll. Die Umwandlung in eine Gesellschaft mit weniger CO2 benötigt einen breiten Schulterschluss. Trotzdem bleiben es die Regierungen, die allgemeinverbindliche Regeln vorgeben müssen. Und so liegt in den nächsten zwei Wochen eine ganze Menge Arbeit vor den Verhandlungspartnern in Peru.