Libyen: Virtuelle Nachrichtenagentur in Planung | Nahost/Nordafrika | DW | 12.02.2015
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Nahost/Nordafrika

Libyen: Virtuelle Nachrichtenagentur in Planung

Die politische Krise in Libyen legt auch die Medien lahm - im Land herrscht akuter Informationsmangel. Deshalb entwickelt die DW Akademie die Cloud News Agency (CNA) im Rahmen eines EU-Projekts.

Christian Much, deutscher Botschafter in Tripolis, mit libyschen Medienvertretern (Foto: Martin Belz).

Christian Much, deutscher Botschafter in Tripolis, mit libyschen Medienvertretern

Exklusive Meldungen rund um die Uhr, geliefert von lokalen Korrespondenten aus allen Landesteilen Libyens. Die Abnehmer des Agenturmaterials: nationale und internationale Medien, Korrespondenten - Abonnenten der Cloud, einer Datenwolke. Die Nachrichtenlage stabilisiert sich, es gelangen verlässliche Informationen aus Libyen in die Welt. Das ist das Ziel der geplanten virtuellen Nachrichtenagentur Cloud News Agency (CNA), die im Sommer 2015 online gehen soll. Das Vorhaben ist eine neue Komponente im EU-Langzeitprojekt "Stability through Structure", welches die DW Akademie in leitender Funktion seit Dezember 2013 in Libyen umsetzt.
Seit der Eskalation der Gewalt zwischen den rivalisierenden Milizen im Juli 2014 mussten die bis dahin laufenden Projektmaßnahmen unterbrochen werden. Seitdem halten die Gefechte in Libyen an, eine politische Lösung ist nicht in Sicht. "Es gibt keine staatliche Autorität mehr, alle nationalen Medieninstitutionen, die unsere Ansprechpartner waren, sind zusammengebrochen. Die Bevölkerung hat keinen Zugang zu Information", sagt Martin Hilbert, Ländermanager für Libyen der DW Akademie. Daher wurde das Konzept einer virtuellen Nachrichtenagentur entwickelt. "Die Beschaffung und Verbreitung von Nachrichten soll auf eigene Beine gestellt werden", so Hilbert.

Die Umsetzung des neuen Vorhabens erfolgt innerhalb des Projekts "Stability through Structure": Die DW Akademie unterstützt die technische Umsetzung der Cloud, die redaktionelle Betreuung sowie vorbereitende Trainings. Teilnehmende Journalisten werden zu crossmedialen Korrespondenten ausgebildet, die ihre Berichte in die Datenwolke hochladen. Das Projekt beinhaltet mehrstufige Ausbildungspläne und ein umfassendes Mentorenkonzept.

Aufbau einer unabhängigen Agentur

Auf Augenhöhe: Dialog von Journalisten und Diplomaten in Tunis, Januar 2015 (Foto: Martin Belz).

Auf Augenhöhe: Dialog zwischen Journalisten und Diplomaten

Die Cloud ist auf einem guten Weg: Bereits 60 libysche Journalisten wurden seit November 2014 in Istanbul und Tunis auf ihre Korrespondententätigkeit vorbereitet. Alle Teilnehmer erhalten Basis- und Aufbautrainings in verschiedenen journalistischen Schwerpunkten wie beispielsweise konfliktsensitive Berichterstattung. Mehrere Konsolidierungsworkshops sowie Sicherheitstrainings sind geplant - bis April sollen rund 100 Medienschaffende trainiert worden sein. Die Teilnehmer kommen aus allen Regionen Libyens, wodurch auch alle ethnischen Minderheiten vertreten sind. Ausgewählte Teilnehmer werden zudem zu Mentoren ausgebildet. Eine Roadmap für die Etablierung eines festen Redaktionsteams liegt ebenfalls vor. Diese leitenden Redakteure werden später dafür verantwortlich sein, Fakten und Quellen des eingehenden Agenturmaterials zu prüfen.

"Stability through Structure" geht auf eine Initiative der EU Delegation in Libyen zurück. Ihre Botschafterin Nataliya Apostolova sprach sich Ende Januar 2015 bei einem Dialog mit Journalisten für eine verantwortungsvolle Berichterstattung aus. "Unabhängige Nachrichten, verlässliche Quellen und offener Dialog sind von fundamentaler Bedeutung für die libysche Gesellschaft - insbesondere in Momenten der Krise und der Polarisierung." Auch Christian Much, deutscher Botschafter in Tripolis, sieht in unabhängigen Nachrichten und der Cloud News Agency (CNA) einen konstruktiven Lösungsansatz in der aktuellen Krise. Ein Ansatz, der dem Projektziel Rechnung trage, Stabilität im Land herzustellen, indem die Informationslage für die Bevölkerung umfassend verbessert wird.

EU-Botschafter und Journalisten im Gespräch

Stability through structure - umfangreiches EU-Projekt bis 2016, durchgeführt von DW Akademie (Foto: Martin Belz).

"Stability through structure" - umfangreiches EU-Projekt, durchgeführt von DW Akademie

Bei dem Dialog in Tunis tauschten sich die diplomatischen Vertreter mit den Teilnehmern über die aktuelle Lage der Journalisten in Libyen aus. "In unserem Land erwartet man von Journalisten, parteiisch zu sein und sich gegenüber den Konfliktparteien klar zu positionieren. Wir sind Teil des Konflikts und bringen uns in Gefahr, weil wir Zielscheibe für diejenigen sind, denen es nicht gefällt, was wir schreiben", berichtet einer der teilnehmenden Journalisten. "Im Training lernen wir, dass Journalisten Fakten und Meinung auseinander halten und sich nicht auf eine Seite schlagen. Das können wir aber nur behutsam umsetzen, sonst nehmen uns auch diejenigen ins Visier, die sich unserer Parteinahme bisher sicher waren."


"Stability through structure" ist das bislang umfangreichste Projekt, das die DW Akademie mit Mitteln der Europäischen Union im Bereich der Medienentwicklung durchführt. Angelegt bis Mitte 2016 unterteilt es sich in vier Schwerpunkte, von denen drei durch die DW Akademie und einer durch das Institue for War and Peace Reporting (IWPR) durchgeführt werden. Im Schwerpunkt "Media Governance" berät die DW Akademie Behörden und Regierung hinsichtlich moderner Medienregulierung und -gesetzgebung. Dazu zählt auch die Unterstützung neu entstehender Medienverbände und -ausschüsse. Der Aufbau eines öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems stellt ebenfalls einen der vier Schwerpunkte dar. Ein weiterer Fokus liegt auf der Stärkung von unabhängigem und professionellem Journalismus in den Regionen. In Zusammenarbeit mit den Universitäten in Bengasi und Tripolis werden außerdem flankierend Mediennutzungsstudien entwickelt, die in weiten Landesteilen durchgeführt werden. Ein geplanter Content Development Fund - ein Fonds zur Förderung von Medienschaffenden und Institutionen - soll unabhängige Berichterstattung bezuschussen. Dieser Teil wird durch das IWPR umgesetzt.

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  • Datum 12.02.2015
  • Autorin/Autor Charlotte Hauswedell
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  • Permalink https://p.dw.com/p/1EaIn
  • Datum 12.02.2015
  • Autorin/Autor Charlotte Hauswedell
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