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Laufen Deutschland die klügsten Köpfe weg?

Judith Hartl28. Februar 2014

Zu viele Spitzenforscher verlassen Deutschland, heißt es im neuen Gutachten, das die Expertenkommission Forschung und Innovation vorgelegt hat. In der Forscher-Szene sorgte das für Unmut und Unverständnis.

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Erste Absolventen der IUB
Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Es ist kein Geheimnis, dass Länder wie die USA, Kanada oder Großbritannien für Forscher attraktiv sind. Nicht nur für Deutsche. Die Perspektiven und Karrieremöglichkeiten sind ausgezeichnet, die Bezahlung gut und auch das Drumherum passt: Wenig Bürokratie, viel Flexibilität und Kreativität.

Aus Deutschland fand in der Vergangenheit tatsächlich so etwas wie ein Braindrain statt: Viele Wissenschaftler, die einige Zeit im Ausland verbrachten - was in der Forschung üblich und wichtig ist - kehrten nicht mehr zurück. Auch die meisten deutschen Nobelpreisträger der letzten 20 Jahre arbeiten im Ausland, meist an Spitzenuniversitäten in den USA - wie Harvard, Yale, Stanford oder Columbia. Topforscher aus Asien oder Lateinamerika zieht es alleine schon wegen der Sprache - englisch - eher in anglophone Länder als nach Deutschland.Genau das beklagt jetzt die Expertenkommission für Innovation und Forschung (EFI) in ihrem neuen Gutachten:

Dass mehr Spitzenforscher Deutschland verlassen als dazukommen. Nichts Neues eigentlich, aber auch nicht wirklich richtig. Zwischen 1996 und 2011 gingen laut EFI-Gutachten etwa 23.000 Forscher ins Ausland, nur 19.000 kamen nach Deutschland.

Forschen in Deutschland - der Blick von außen

Die Zahl sei korrekt, doch nicht aktuell genug, um den Jetzt-Zustand abzubilden, bemängelt beispielsweise der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, Jürgen Mlynek. Gerade in den letzten zehn Jahren hätten deutsche Universitäten "nicht nur Boden gutgemacht, in vielen Forschungsfeldern spielen sie längst in der Weltspitze mit". Das stimmt. In den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland einiges getan, um das Land als Forschungsstandort attraktiver zu machen - sowohl für ausländische als auch für deutsche Wissenschaftler.

Deutschland wird attraktiver für Spitzenforscher

Beispielsweise wurde die sogenannte Exzellenzinitiative gestartet. Dabei wurden Universitäten mit mehr Geld ausgestattet, elf Universitäten erhielten den Titel "Eliteuniversität" plus zusätzliche Fördergelder in Millionenhöhe. Ein spezielles Rückholprogramm mit attraktiven Angeboten sollte gezielt deutsche Spitzenforscher aus dem Ausland zurücklocken. Diese Initiativen, sagt Forschungsministerin Johanna Wanka, zeigten, dass der "Standort Deutschland zunehmende Anziehungskraft auf Wissenschaftler, Experten und Studierende ausübt und attraktiv für kluge Köpfe aus aller Welt ist".

Offensichtlich auch für Nobelpreisträger. So steht jetzt fest, dass Thomas Südhof, Medizinnobelpreisträger 2013, nach Berlin kommen wird, um als Gastwissenschaftler am Institut für Gesundheitsforschung (BIG) zu forschen. Bislang arbeitete er an der Stanford Universität in Kalifornien. Die Zusage zeige, so Wanka, "dass Deutschland mit seiner erstklassigen Forschungslandschaft hochattraktiv für internationale Spitzenforscher ist".

Es gibt noch viel zu tun

Trotzdem muss weiterhin jede Menge getan werden. Und da hat das Expertengremium mit seinem Gutachten recht. Denn auch wenn sehr viel mehr Geld in Forschung und Bildung investiert wird, auch wenn sich einige Hochschulen nun Eliteunis nennen dürfen - es gibt viele Gründe, weswegen sich Topleute weiterhin lieber für die USA, Großbritannien, Kanada, die Schweiz oder sogar Dänemark entscheiden. Dort wird Englisch gesprochen. In Deutschland fängt man gerade damit an, Englisch zur Hauptsprache zu machen. Außerdem gibt es hierzulande weiterhin zuviel umständliche Bürokratie und viel zu selten attraktive Arbeitsverträge. Weshalb also sollte ein Forscher aus dem Ausland für einen Sechs-Monats-Vertrag mit unsicheren Zukunftschancen nach Heidelberg oder Hamburg kommen - womöglich sogar mit Familie? Hier muss sich noch einiges tun. Dann fällt das Urteil der EFI in einigen Jahren vielleicht besser aus.