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Lambertz: "Wir wollen wieder Medaillen"

Herbert Schalling25. April 2013

Bei Olympia 2012 blieben die deutschen Schwimmer erstmals seit 80 Jahren im Becken ohne Medaille. Das soll sich nicht wiederholen, sagt der neue Bundestrainer Henning Lambertz im DW-Interview.

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Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz. Foto: Getty Images
Bild: Getty Images

DW: Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin (25. bis 28.04.2013) geht es um die Qualifikation für die WM im Juli in Barcelona. Wird sich bei den Weltmeisterschaften erneut widerspiegeln, dass der deutsche Schwimmsport derzeit in einer Krise steckt?

Henning Lambertz: Wir haben nicht die Erwartungshaltung, mit einem Sack voller Medaillen nach Hause zu kommen. Woher sollten die auch kommen? Wir treten dort mit dem Großteil der Schwimmer von London an. Einige sind auch noch in der Krise. Dann fehlen einige verletzt, andere haben ganz aufgehört. Insgesamt gibt es auch nicht so viele, die nachrutschen und Ambitionen haben, ganz nach vorn zu kommen. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir kein komplett anderes Bild sehen werden.

Paul Biedermann hat für die Deutschen Meisterschaften und auch für die WM bereits abgesagt. Neben Britta Steffen war er in den letzten Jahren ein Medaillen-Garant. Wie sehr trifft es die Mannschaft, dass er nicht dabei ist?

Paul war zuletzt immer ein Leistungsträger und wäre es jetzt in Topform sicher wieder. Er hat immer viel Spaß, gegen die Weltelite zu schwimmen. Er ist ein Wettkampf-Typ. Abzusagen ist ihm wahnsinnig schwer gefallen. Das Team trifft es, weil die 4x200-Meter-Freistil-Staffel mit ihm sicher eine Medaillen-Chance gehabt hätte.

Wo werden Sie mit Ihrer Arbeit ansetzen, um Schritt für Schritt der Weltspitze wieder näher zu kommen ?

Wir haben ein Fünf-Punkte-Konzept entwickelt. Dazu gehört, ein Elite- und ein Perspektiv-Team zu bilden, die unmittelbare Wettkampf-Vorbereitung neu zu organisieren, das Athletik-Training mehr in den Vordergrund zu stellen und vor allem die Athleten stärker an den Bundesstützpunkten zu zentralisieren.

In einem föderal organisierten Sportsystem nach mehr Zentralisierung zu rufen, ist mutig, weil Sie den Vereinstrainern ihre Ausnahmeathleten "wegnehmen" wollen.

Ich will die Heim- bzw. Vereinstrainer überzeugen, wenn sie etwas Gutes für ihre Sportler tun wollen, diesen Schritt mitzugehen. Es geht um die besten Voraussetzungen. Es geht um Krafträume und Turnhallen für das athletische Training, um 50-Meter-Becken. Diese Bedingungen können wir nicht hundertfach schaffen, aber wir haben sie an den Bundesstützpunkten und bei diversen Großvereinen. Deshalb ist die Zentralisierung eine logische Konsequenz, wenn wir uns mit der Weltelite messen wollen.

Britta Steffen beim Training am Beckenrand, daneben Paul Biedermann in Straßenkleidung. Foto: dapd
Medaillenlieferanten Britta Steffen (r.) und Paul BiedermannBild: dapd

In London gab es riesige Leistungssprünge, von teilweise recht jungen Athleten. Da steht immer schnell der Verdacht im Raum, Doping sei mit im Spiel. Wie motivieren Sie sich und ihre Athleten, gegen solche Konkurrenz um den Erfolg schwimmen zu müssen?

Es ist leicht zu sagen: Alle, die vor uns schwimmen, sind gedopt. Wir hatten auch Erfolg mit einer zweifachen Olympiasiegerin Britta Steffen, mit einem Doppel-Weltmeister Paul Biedermann. Da können wir nicht sagen: Wenn wir vorn sind, ist alles in Ordnung, bei anderen haben wir generell Zweifel. Damit sage ich nicht, dass es kein Doping im Schwimmen gibt. Aber es ist schon so, wenn außergewöhnliches Talent und großer persönlicher Ehrgeiz aufeinander treffen und gepaart sind mit den entsprechenden gesellschaftlichen Bedingungen, dann sind solche Leistungen nicht unmöglich.

Bei allen Veränderungen, die Sie anstoßen wollen im deutschen Schwimmsport, und die nicht von heute auf morgen zu Verbesserungen führen können - irgendwann müssen Sie auch Zählbares vorweisen können, oder?

Die Europameisterschaft 2014 in Berlin motiviert uns schon. Ich schließe nicht aus, dass wir dort mit unseren Top-Leuten zeigen können, was wir drauf haben. Aber ich bin angetreten, mit dem Perspektiv-Team, mit der zweiten Reihe zu arbeiten. Dieser Prozess beginnt jetzt und kann vier, fünf, sechs Jahre dauern und muss seinen Höhepunkt nicht unbedingt 2016 (Anm. bei den Olympischen Spielen) in Rio haben, sondern kann sich auch erst 2020 finden. Ich bin jedoch erpicht, schon vorher Medaillen zu gewinnen. Wir können es uns nicht erlauben, viele Jahre lang mit einer Nullnummer nach Hause zu kommen.

Henning Lambertz ist 42 Jahre. Er ist seit 20 Jahren Trainer. Zuletzt arbeitete er am Bundesstützpunkt in Essen und führte dort verschiedene Schwimmer in die Weltspitze. Diese Tätigkeit beendet er mit der Deutschen Meisterschaft. Seit dem 1. Januar 2013 ist er Chef-Bundestrainer.

Das Interview führte Herbert Schalling