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Kurden leisten weiter Widerstand

5. August 2014

Im Irak liefern sich die IS-Terroristen weiter Gefechte mit Kurden-Kämpfern. Dabei wird auch die Minderheit der Jesiden immer mehr zum Feind der Extremisten. Nur in Bagdad hat man offensichtlich ganz andere Sorgen.

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Aus Sindschar geflüchtete Jeziden erreichen auf Lastwagen die Stadt Dohuk (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Durch die Angriffe der Dschihadisten-Gruppe "Islamischer Staat" (IS) in der nordirakischen Stadt Sindschar sind nach Angaben der UN in den vergangenen Tagen rund 40 Kinder getötet worden. Wie das Kinderhilfswerk UNICEF mitteilte, starben die Kinder, Angehörige der Minderheit der Jesiden, an den "direkten Folgen von Gewalt, Vertreibung und Dehydrierung". Die IS-Kämpfer hatten am Sonntag die Kontrolle über Sindschar - und damit über eines der Hauptsiedlungsgebiete der Jesiden - übernommen. Tausende Menschen flohen in Panik aus ihren Häusern, viele versteckten sich ohne jegliche Vorräte in den Bergen. Die Dschihadisten brachten auch den größten Staudamm des Irak, die Mossul-Talsperre, und zwei Ölquellen unter ihre Kontrolle. Die Extremisten beherrschen große Teile im Norden und Westen des Landes. Die geflohenen Familien benötigten dringend Hilfe, darunter auch rund 25.000 Kinder, die in den Bergen festsäßen, erklärte UNICEF. Ihnen fehle es vor allem an Wasser und Sanitärversorgung.

Die Jesiden sind eine Kurdisch sprechende Minderheit. Das Jesidentum ist eine monotheistische Religion, deren Wurzeln bis in die Zeit 2.000 Jahre vor Christi Geburt zurückreichen. Sie nahm Glaubenselemente, Riten und Gebräuche westiranischer und altmesopotamischer Religionen sowie des Judentums, des Christentums und des Islam auf. Die Dschihadisten betrachten sie als "Teufelsanbeter" und haben sie in der Vergangenheit wiederholt angegriffen.

"Unsere Geschichte geht zu Ende"

Die jesidische Gemeinde in Deutschland warnte inzwischen vor einem Völkermord an ihren Glaubensangehörigen und rief die internationale Gemeinschaft zur Hilfe auf. "Unsere Geschichte geht zu Ende, wenn wir nicht gerettet werden», sagte Ali Rasho von der "Ezidischen Akademie" in einem in Hannover veröffentlichten Appell. Die IS-Kämpfer machten gezielt Jagd auf die Angehörigen der religiösen Minderheit.

Rund 200.000 Jesiden sind nach Rashos Angaben derzeit auf der Flucht - fast die Hälfte der jesidischen Bewohner in der Region. Viele hätten Schutz in den Bergen gesucht, wo es jedoch kaum Wasser gebe. "Wir fordern einen humanitären Korridor", so Rasho. "Die Menschen müssen herausgebracht werden, oder Lebensmittel und Schutztruppen müssen hineingebracht werden."

Nach dem Vormarsch der Terrorgruppe IS setzten kurdische Einheiten ihre Gegenangriffe auf die Extremisten fort. Beide Seiten lieferten sich in der Nähe der Stadt Mossul heftige Kämpfe, berichteten irakische Medien. Nach kurdischen Angaben konnten Peschmerga-Kämpfer mehrere Orte in der Provinz Sindschar westlich von Mossul zurückerobern. Eine unabhängige Bestätigung dafür gibt es nicht. IS-Kämpfer hatten die Gebiete am Wochenende nach heftigen Gefechten mit den kurdischen Einheiten eingenommen.

Wieder keine Ministerpräsidenten-Wahl in Bagdad

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki (Foto: AFP/Getty Images)
Steht unter Druck, will aber nicht von seinem Amt lassen: der irakische Ministerpräsident Nuri al-MalikiBild: AFP/Getty Images

Das irakische Parlament schob derweil die Wahl eines neuen Regierungschefs erneut auf. Die Abgeordneten vertagten sich nach rund zwei Stunden auf Donnerstag, ohne über die Besetzung des Amtes zu diskutieren. Eine neue Regierung gilt als Voraussetzung, um den IS-Vormarsch zu stoppen.

Der Streit um den Posten des Ministerpräsidenten lähmt seit Wochen die Politik in Bagdad. Der schiitische Regierungschef Nuri al-Maliki ist seit 2006 im Amt und möchte wiedergewählt werden. Sunnitische und kurdische, aber auch schiitische Politiker fordern jedoch seinen Rückzug. Sie geben ihm die Schuld für den IS-Vormarsch. Präsident Fuad Massum hat laut Verfassung noch bis Donnerstag Zeit, den größten Block im Parlament mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Al-Maliki erhebt darauf Anspruch, weil seine Rechtsstaats-Allianz bei den Wahlen Ende April als stärkste Kraft abgeschnitten hatte.

sti/uh (afp, dpa, epd)