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Krumme Geschäfte in Uganda

13. Dezember 2010

Der Journalist Edward Sekeywa hat der Korruption in seiner Heimat Uganda den Kampf angesagt. Er recherchiert zu korrupten Politikern. Das Ergebnis: Minister bauen mit internationalen Hilfsgeldern private Paläste.

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Edward Sekeywa (Foto: Simone Schlindwein)
Der Korruption auf der Spur: Edward SekeywaBild: Simone Schlindwein

Ein normaler Morgen in Ugandas Hauptstadt Kampala: Wie jeden Morgen steht Edward Sekeywa im Stau. Die Auto-Kolonne bewegt sich keinen Zentimeter. Bis zum Büro braucht der Journalist manchmal zwei Stunden. Deswegen erledigt Sekeywa ein Großteil seiner Arbeit hinter dem Steuer im Verkehrschaos. Er telefoniert, vereinbart Interviews, tippt auf dem Laptop Artikel. Sekeyway ist Journalist aus Leidenschaft. Er hat 15 Jahre lang in Deutschland gelebt, hat dort Journalismus studiert, geheiratet, Kinder bekommen. Doch vor zwei Jahren beschloss er, in seine Heimat Uganda zurückzukehren, um dort ein Nachrichtenmagazin zu gründen, das vor allem über Korruption berichtet. Was er bei seinen Recherchen herausfindet, ist haarsträubend.

Kratertiefe Schlaglöcher, gekaufte Führerscheine

Uganda gehört zu den korruptesten Ländern Afrikas. Der Transparency International Index listet Uganda auf dem 127 Platz, wobei die Liste 178 Länder umfasst. Wie umfassend die Korruption in Uganda ist, das sieht Sekeywa an jeder Straßenecke. Als Journalist schreibt er viel über die kratertiefen Schlaglöcher im Asphalt der Hauptverkehrsstraßen, über geplatzte Wasserleitungen und umgeknickte Strommasten, die niemand repariert – all dies sei der Korruption geschuldet, erklärt Sekeywa, als er an einer Baustelle vorbeifährt. Junge Männer schütten aus Schubkarren Sand und Kiesel in ein zwei mal zwei Meter großes Schlagloch. Dann gießen sie aus einem Eimer schwarzen Asphalt darauf und klopfen alles mit einer Schaufel flach.

Tiefe Schlaglöcher auf Kampalas Straßen (Bild: Simone Schlindwein)
Tiefe Schlaglöcher auf Kampalas StraßenBild: Simone Schlindwein

"Siehst du, wie bei uns die Straßen gebaut werden?", sagt Sekeywa und zeigt auf die dünne Schicht Asphalt. "In zwei Monaten sieht das wieder aus wie vorher", sagt er und erklärt den Grund an einem Beispiel: Das Ministerium habe den Auftrag für zwei Milliarden Schilling ausgeschrieben. Die Firma, die den Auftrag bekommen hat, hat den Minister mit 200 Millionen Schilling bestochen, um den Vertrag zu bekommen. Dieses Geld spart die Firma nun wieder ein, indem sie weniger Teerschichten aufträgt, erklärt er. "Deswegen halten unsere Straßen auch nicht."

Langsam kriecht die Autokolonne an der Baustelle vorbei. Doch dahinter wartet gleich das nächste Hindernis: Ein Auto, das quer auf der Fahrbahn steht. Verzweifelt versucht der Fahrer, in eine Parklücke am Wegrand hinein zu manövrieren. Die Fahrkünste der Ugander lassen schwer zu wünschen übrig, flucht Sekeywa. Da man Führerscheine für umgerechnet rund 40 Euro bei korrupten Beamten kaufen kann, macht sich kaum jemand die Mühe, eine Fahrschule zu besuchen. Ein Auto-Kennzeichen bekommt man nur gegen Bestechungsgeld. Die Korruption ist im ugandischen System so sehr verwurzelt, dass ohne Schmiergeld rein gar nichts geht.

Menschen mit Beziehungen sind unantastbar

Sekeywa biegt in eine Straße ein, die am Golfplatz vorbei und dann steil den Hügel hinauf führt. Hier reiht sich ein Hotel ans nächste – Luxushotels, die alle nur aus einem Grund gebaut wurden: aufgrund des Commonwealth-Meetings, das 2007 in Kampala stattfand. CHOGM nannte man das Treffen, nach einer ugandischen Hirse-Art. Selbst die Queen kam aus London angereist. Um diesen Gipfel zu ermöglichen, haben die Commonwealth-Staaten Millionen und Millionen Dollar nach Kampala geschickt – eine einmalige Gelegenheit für Minister, die Gelder in eigene Taschen verschwinden zu lassen. Viele haben davon hier Hotels gebaut, die ihnen bis heute gehören.

Alle Regierungsmitglieder haben internetfähige Telefone erhalten, fahren seitdem Luxuslimousinen. Erst jetzt, drei Jahre später, untersucht das Parlament, wo eigentlich das Geld geblieben ist. Die Ergebnisse seien erschreckend, seufzt Sekeywa. "Es gibt die dicken Fische, wie Minister Mbabazi, den Minister für Sicherheit. Er hat fünf Millionen Dollar veruntreut, aber das Parlament hat ihn gerade vor zwei Wochen freigesprochen. Sie sprechen jemanden frei, der fünf Millionen Dollar klaut. Jemand, der dagegen nur 50.000 Dollar gestohlen hat, der sitzt nun im Gefängnis."

Mit Spendengeldern für AIDS-Kranke Häuser gebaut

Straße in Kampala (Bild: Simone Schlindwein)
Mit Spendengeldern gebaute Häuser?Bild: Simone Schlindwein

Sekeywa fährt einen Hügel hinauf. Plötzlich wird die Straße besser, keine Schlaglöcher mehr. Rechts und links säumen hohe Mauern mit Stacheldrahtzaun den Weg: Dahinter verbergen sich gigantische Villen. Hier oben, weit über dem Verkehrschaos und den Wellblechhütten der durchschnittlichen Ugander, leben die Superreichen, denen Sekeywa hinterher spioniert. Viele von ihnen sind zu Geld gekommen, weil sie Hilfsgelder aus Europa und den USA veruntreut haben. "All diese gigantischen Häuser", sagt sich Sekeywa und zeigt auf das Ziegeldach eines gewaltigen Bungalows, den man hinter der hohen Mauer kaum erkennt.

Diese Villa gehöre dem Ex-Minister für Gesundheit, der die Gelder aus dem Globalen AIDS-Fonds veruntreut habe, sagt er. "Das sind internationale Gelder für AIDS-Kranke, um Medikamente zu bezahlen. Aber er hat einfach das Geld genommen und damit gemacht, was er wollte." Er habe davon Häuser gebaut und Autos gekauft, sagt der Journalist. "Furchtbar! Und die armen Leute, für die das Geld gedacht war!" Der Ex-Minister habe das Haus an die UNO vermietet, erzählt Sekeywa.

Autorin: Simone Schlindwein
Redaktion: Christine Harjes