Korruption, Günstlingswirtschaft, Verschwendung, Ineffizienz
....sind an der Tagesordnung im Königreich Brandenburg-Preußen. Doch Friedrich Wilhelm I. macht Schluss mit dem kostspieligen Herrschaftsstil seiner Vorfahren und gründet 1714 den Vorläufer des Bundesrechnungshofes.
Prunk, Pomp und Pleite
Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) kommt gar nicht auf seinen Vater König Friedrich I. Der absolutistische Monarch lässt Schlösser bauen, gibt rauschende Feste, strapaziert den Hofetat, um im Wettbewerb mit anderen europäischen Königshäusern mitzuhalten. Die Verschwendung muss das Volk zahlen durch immer neue und höhere Steuern. 1713 erbt Friedrich Wilhelm I. einen völlig bankrotten Staat.
Von der Pike auf gelernt
Friedrich Wilhelm I. wird früh auf sein Amt als Herrscher vorbereitet. Mit neun Jahren verwaltet er erfolgreich sein Landgut Wusterhausen. Seit seinem 15. Lebensjahr nimmt er an den Sitzungen der obersten Staatsorgane und des Geheimen Kriegsrates teil. Schnell erkennt er, dass Preußen arm ist. Außerhalb Berlins regieren Hungersnot, Pest und kriegerische Verwüstungen.
Zur Sparsamkeit verdammt
Friedrich Wilhelm I. lässt alles verkaufen, was er für überflüssig hält: Schmuck, Tafelsilber, Möbel, Pferde. Oberste Prinzipien: Sparsamkeit, Effizienz, Finanzkontrolle. Im November 1714 besiegelt er die Gründung der unabhängigen, neutralen und objektiven Rechnungskammer. Die Urkunde ist noch erhalten. Das Amt soll alle Rechnungen auf Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit prüfen.
Gegen göttliche Zeitverschwendung
Friedrich Wilhelms Sinn für Effizienz dringt in alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Weil Prediger in Kirchen die Zuhörer stundenlang mit Botschaften hinhalten, verordnet der König die zeitliche Befristung von Gottesdiensten auf maximal eine Stunde. Zur Kontrolle lässt er insgesamt vier Sanduhren neben der Kanzel aufstellen. Sobald der Sand durchgelaufen ist, dürfen alle nach Hause gehen.
"Erster Diener des Staates"
...nennt sich Friedrich II. In die Geschichte geht der Sohn des Gründers der Rechenkammer als Friedrich der Große ein. Der externen Finanzkontrolle misst er keine Bedeutung bei. Er allein kontrolliert und verwaltet die Staatsfinanzen und unternimmt dafür zahlreiche Inspektionsreisen. In den kommenden Jahrhunderten werden die Befugnisse der Rechnungskontrollbehörde mal auf- und mal abgewertet.
Eng, dunkel und ungesund
Das Arbeitsumfeld der Finanzkontrolleure ist spartanisch. In den Diensträumen herrscht Enge wegen der ständig zunehmenden Zahl an Akten. 1845 beantragen sie Öllampen. Die Talgkerzen schaden wegen des flackernden Lichts den Augen. Obwohl es in den 1920er Jahren bereits elektrisches Licht gibt, muss das Personal darauf verzichten und bei mangelhafter Gasbeleuchtung arbeiten. Aus Kostengründen.
Viel Einsatz, wenig Verdienst
Einheitliche Gehälter sieht das preußische Besoldungssystem nicht vor. Die meisten Beamten arbeiten zwangsweise bis zu ihrem Tod. Das gilt als Pflichterfüllung. Sommerferien - ein neumodisches Phänomen - stehen Mitte des 19. Jahrhunderts nur den Beamten von Justiz- und Schulbehörden zu. Urlaub könnten sich die Kollegen von der Rechnungsprüfungsbehörde ohnehin nicht leisten.
Unrentable Kolonien
Nach dem Vorbild Frankreichs und Großbritanniens eignet sich das Deutsche Reich ab 1884 Kolonien an. Doch Konflikte wie der Herero-Aufstand in Deutsch-Südwestafrika und die Verwaltung belasten den Reichshaushalt schwer. In den Kolonien herrscht Verwunderung darüber, ordnungsgemäß Rechenschaft abzulegen. Angefragte Belege werden gar nicht oder mit bis zu 13-jähriger Verspätung eingereicht.
Unterm Hakenkreuz
Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten verliert der Reichsrechnungshof seine eigentliche Daseinsberechtigung. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges kontrolliert und berät die Behörde Verwaltungen in den besetzten Gebieten. Bei Prüfung des Ghettos Lodz bestimmen die Revisoren, dass die Juden für den Erhalt des Lagers selbst aufkommen müssen - durch Zwangsarbeit und mehr Insassen.
"Verdienter Volkskontrolleur"
Das Prädikat erhalten DDR-Bürger, die ehrenamtlich in der Arbeiter- und Bauern-Inspektion Hemmnisse aufdecken und auf Erfüllung der Wirtschaftspläne achten. Neben der ABI-Kontrollinstitution besteht die staatliche Finanzrevision. Die SFR ist an Weisungen des Zentralkomitees der SED (Sozialistische Einheitspartei) gebunden. Sie überprüft die Einhaltung "des pfleglichen Umgangs mit Volkseigentum".
Homogene Mitarbeiterstruktur
Das Pendant von ABI und SFR ist der Bundesrechnungshof in Westdeutschland. Der typische Prüfer der 1950er ist männlich. Er zeichnet sich durch eine juristische oder wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung aus und kann idealerweise auf eine langjährige Berufserfahrung verweisen. Im mittleren Alter tritt er seinen Dienst beim Bundesrechnungshof an. Frauen arbeiten als Schreib- oder Reinemachekraft.
Gastspiel in Bayreuth
Festspiele als staatlicher Kulturauftrag: Der Bund fördert das Opern-Festival, um die Bedeutung des Komponisten Richard Wagner einem breiten Publikum zu vermitteln. Trotzdem stehen 2010 der Allgemeinheit nur 40 Prozent der Karten zur Verfügung, kritisiert der Bundesrechnungshof. Außerdem empfehlen die Bonner Revisoren, das veraltete Computer-System zur Kartenvergabe durch ein neues zu ersetzen.
Zur besonderen Abwehr...
...von Sonnenbrand und spröden Lippen. Die Bundeswehr hat einen Rüffel bekommen, weil sie Cremes, Pillen, Pasten und Balsam selbst produziert statt günstiger einzukaufen. Zuletzt hat der Bundesrechnungshof Flugzeuge, Panzer, Hubschrauber und Sturmgewehre unter die Lupe genommen. Sie sind veraltet, defekt oder verlieren im Gefecht ihre Treffgenauigkeit. Damit ist kein Staat zu machen.
Kraterlandschaft
Deutschlands Straßen - eine Mondlandschaft aus Asphaltkratern, Finanzlöchern mit krebserregenden Stoffen. Dauerbaustellen, bröckelnde Brücken. Teuer, oft überflüssig. Der Jahresbericht des Bundesrechnungshofs gibt regelmäßig Aufschluss über die Fälle von Verschwendung. Sie erregen die Gemüter im Ministerium und die vieler Steuerzahler. Der Verkehr nimmt derweil zu und damit die Arbeit der Prüfer.
Kleine Geschenke...
Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit gelten als oberste Maßstäbe der professionellen Rechnungsprüfung. Die Finanzkontrolleure sind der Unabhängigkeit, Neutralität und Objektivität verpflichtet. Der Bundesrechnungshof in Bonn arbeitet im weltweiten Verbund mit anderen Rechnungshöfen zusammen. Die Gastgeschenke - überwiegend aus Asien und Osteuropa - werden im hauseigenen Archiv aufbewahrt.
Die Spitze des Eisbergs
Der Bundesrechnungshof kann nur einen Bruchteil der Vorgänge prüfen. Seit seiner Einführung 1950 ist er fester Bestandteil der Demokratie. Eine vierte Macht im Staat - neben Legislative, Judikative, Exekutive - ist er nicht. Die Ergebnisse über Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes legt er dem Bundestag vor. Die Berichte üben Kritik, führen aber nicht unbedingt zu Konsequenzen.