Konfliktfreies Zinn im Kongo
Blutige Konflikte um Rohstoffe erschüttern immer wieder den Ostkongo, Milizen kämpfen um die Kontrolle der Minen. Ein Modellprojekt will die Transparenz beim Abbau von Zinnerz fördern und damit die Gewalt eindämmen.
Die Milizen raushalten
Die Arbeiter in der staatlichen Zinnerz-Mine von Kalimbi waren unter den ersten im Ostkongo, die auf das Transparenz-System umstellten: abgebautes Zinnerz bekommt seit zwei Jahren ein Etikett mit Barcode, so lässt sich seine Herkunft über die gesamte Handelskette hinweg zurückverfolgen. Damit soll verhindert werden, dass das Erz in die Hände von Milizen fällt, die damit ihre Waffen finanzieren.
Ein hartes Leben
Kalimbi im Südkivu ist eine von etwa 900 Minen in der Region. Fast sein halbes Leben lang hat der 25-jährige Safari Masumbuko in der Mine gearbeitet. "Ich würde gerne etwas anderes machen, aber Jobs gibt es hier nicht." Außer bei den Milizen: Viele seiner Altersgenossen schließen sich den Kämpfern an, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Die Zukunft der Minen sichern
Die Region um Kalimbi hat viel Leid erlebt: Milizen liefern sich blutige Kämpfe um die Rohstoffe. Das Internationale Forschungsinstitut für Zinn (ITRI) hat nun in der lokalen Mine sein Pilotprojekt für konfliktfreies Zinn gestartet. Es soll den Minenarbeitern und ihren Familien langfristig eine Lebensgrundlage bieten.
Das Leben in der Mine
Ziel des Projektes ist es, die fatale Verbindung von Rohstoffabbau und Gewalt zu durchbrechen, damit die Arbeiter reguläre Löhne erhalten können. Trotzdem bleiben die Arbeitsbedingungen schlecht: Viele Kumpel verharren 12 Stunden lang in engen Tunneln, hunderte Meter unter der Erde - Schutzhelme oder festes Schuhwerk gibt es nicht.
Aus für die Kalimbi-Mine
Seit 2010 gilt in den USA der Dodd-Frank Act: Unternehmen müssen nachweisen, dass ihre gekauften Minerale nicht aus einer Konflikt-Mine stammen. Ziel war auch, Armut im Kongo zu bekämpfen - das Gegenteil passierte: Viele Firmen stellten den Handel mit der Kalimbi-Mine ein. "Das Leben wurde zur Hölle", sagt Ajeje Munguiko, 27. "Wir mussten unsere Kleidung verkaufen, um unsere Kinder zu ernähren."
Den Handel wieder zum Laufen bringen
Der niederländische Diplomat Jaime von Bourbon-Parma half ITRI bei der Umsetzung des Systems der Rückverfolgbarkeit in der Kalimbi-Mine. Das Prinzip ist einfach: Jeder Sack wird gewogen und mit einem Aufdruck "konfliktfrei" sowie einem Barcode versehen. Der Diplomat verspricht sich viel von diesem System: Jetzt können die Händler "sauberes" Zinnerz aus dem Ost-Kongo kaufen.
Die Kriminalität hält an
Seit das System eingeführt sei, ließen sich bewaffnete Gruppen nicht mehr so oft bei der Mine blicken, sagen die Arbeiter. Trotzdem: Das Problem ist nicht aus der Welt. Vergangenes Jahr etwa versuchte ein Armeekommandant, Zinn aus der Mine zu schmuggeln. Die Behörden wussten das, wagten aber keinen Widerstand. Erst auf internationalen Druck hin suspendierte die Regierung den Schmuggler.
Etikettenschwindel
Auch Korruption ist immer wieder ein Problem: Es habe Fälle gegeben, in denen die staatlichen Minenverwalter die "konfliktfrei"-Etiketten für rund 14 Euro pro Stück verkauft hätten, um Zinn fremder Minen als "sauber" zu deklarieren, sagt Eric Kajemba. Er leitet eine lokale NGO. "Minenverwalter verdienen nur etwa 40 Euro im Monat - sie zu schmieren, ist leicht."
Mehr Minen für bessere Preise
"Das System der Zurückverfolgbarkeit ist gut, aber der Zinn-Preis ist viel zu niedrig", sagt Madeleine Witanene, eine Zwischenhändlerin aus dem Dorf Niyabibwe. Bislang würden nur wenige Exportfirmen das teurere zertifizierte Zinnerz kaufen. Würden mehr Minen an dem Projekt teilnehmen, wäre die Mine wettbewerbsfähiger, sagt sie.
Kostbares Pulver
Rund drei Prozent des weltweiten Zinnerzes befinden sich unter ostkongolesischer Erde. Zerkleinert sieht es aus wie feines schwarzes Pulver. Unternehmen wie Philips aus den Niederlanden und Tata Steel aus Indien verwenden das konfliktfreie Zinn aus Kalimbi für Lampenfassungen, Zinndosen und Blech.
Ein Modell für andere Minen
Ob das Ettiketier-System erfolgreich die Gewalt im Zinn-Abbau eindämmt, hängt nun wesentlich davon ab, ob weitere Unternehmen bereit sind, das Projekt zu unterstützen. Nach der Niederlage der größten Miliz der Region, den M23-Rebellen, will ITRI das Ettikettier-System auch in Rubaya im Nordkivu einrichten. Viele weitere Minen stehen auf der Liste.