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Kommunales Engagement für globalen Wandel

Jennifer Seitz23. Juli 2013

Heike Müller und Claudius Loga wollen eine nachhaltige Entwicklung in ihrer Gemeinde Biesenthal bei Berlin. Ihr Aktionsprogramm setzt auf die Agenda 21, die 1992 auf dem UNO-Weltgipfel in Rio beschlossen wurde.

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Global Ideas, Sommerprogramm,
Festumzug 034Bild: DW/Jennifer Seitz

Global Ideas: Was kann man sich unter der Agenda 21 vorstellen?

Claudius: Damals wollten die beteiligten Staaten einen umweltpolitischen Handlungsplan für das 21. Jahrhundert entwickeln, der die einzelnen Gemeinden mit einbezieht. Das Programm sollte nicht durch die Regierung von oben auferlegt werden, sondern von unten kommen. So hat sich in den letzten 20 Jahren eine weltweite Bewegung entwickelt, die vor Ort etwas verändern möchte.

Foto: Ein Mann und eine Frau in einem Garten (Foto: DW/Jennifer Seitz)
Claudius Loga und Heike Müller setzen sich für eine nachhaltige Entwicklung in ihrer Gemeinde ein.Bild: DW/Jennifer Seitz



Eure Initiative gibt es seit 10 Jahren. Worum geht es Euch dabei?

Claudius: Uns ist es wichtig, die Bürger zu beteiligen. Sie sollen merken, dass sie regionale Verantwortung übernehmen können. Außerdem ist es uns wichtig, den Politikern in der Stadtverwaltung zu signalisieren, dass sich die Menschen im Ort Gedanken machen und großes Interesse daran haben, was mit der Stadt passiert. Ein Mittel ist da für uns das Bürgerforum. Die Leute können dort ihre Ideen und Meinungen äußern, und wir können gemeinsam entscheiden, was im Ort umgesetzt werden soll.

Foto: Menschen sitzen in einem Saal (Foto: DW/Jennifer Seitz)
Veränderungen können nur umgesetzt werden, wenn sich die Menschen dafür einsetzen. Das Bürgerforum bieten den Biesenthalern Raum dafür.Bild: DW/Jennifer Seitz

Nach welchem Prinzip trefft Ihr die Entscheidungen?

Heike: Unser Grundprinzip dabei ist das Nachhaltigkeitsdreieck: Ökologische, ökonomische und soziale Aspekte sollten in jede Entscheidung der Gemeinde einbezogen und miteinander abgewogen werden.

Das Bürgerforum ist nur ein Aspekt Eurer Arbeit. Wie engagiert Ihr Euch noch für eine nachhaltige Entwicklung?

Heike: Im Projekt "Biesenthal - eine Stadt voll Energie" wurden Hausmeister im Energiesparen geschult. Wir sind durch die Stadt gezogen und haben an öffentlichen Gebäuden deutlich gemacht, wo Energie verschwendet wird. In einer Turnhalle haben wir entdeckt, dass ganzjährig zwei riesige ungedämmte Tanks heißes Wasser bereit hielten, obwohl dort nie jemand duschte. Das wurde geändert. Und der Schule haben wir geholfen, eine Solaranlage anzuschaffen. Die liefert jetzt einen kleinen Teil des Schulstroms und wird sogar im Unterricht eingesetzt.

Foto: Ein Haus mit Solarzellen auf dem Dach (Foto: DW/Jennifer Seitz)
Solarzellen auf privaten und öffentlichen Gebäuden ist ein erster Schritt zu nachhaltiger Entwicklung.Bild: DW/Jennifer Seitz

Was halten die Biesenthaler von Eurem Engagement?

Heike: Viele beteiligen sich an unseren Aktionen. Im Frühjahr beseitigen wir zum Beispiel immer den Müll im Wald. Das macht vor allem den Kindern Spaß, weil sich ein gewisser Sammlerehrgeiz einstellt.

Ihr bringt aber nicht nur den Müll aus dem Wald heraus, sondern auch neue Bäume hinein. Warum macht Ihr das?

Claudius: Wir haben in den Wäldern Eichen und Buchen nachgepflanzt, damit sich wieder ein Mischwald entwickelt. Dadurch wird das ökologische Gleichgewicht wieder hergestellt und der Wald hat mehr Widerstandskraft. Und ganz nebenbei siehts auch schöner aus.

Foto: Menschen pflanzen Bäume auf einem Acker (Foto: DW/Jennifer Seitz)
Mehr Bäume braucht das Land: Die Initiative forstet Wälder und ehemalige Alleen wieder auf.Bild: DW/Jennifer Seitz



Das ökologische Gleichgewicht wollt Ihr auch in Euren privaten Gärten am Leben halten. Wie macht Ihr das?

Heike: Wir halten Bienen. Die sind sehr wichtig für die biologische Vielfalt, weil sie Blumen und Bäume bestäuben und dafür sorgen, dass sie Früchte tragen. Aber die Bienen sterben aus, genauso wie die Imker. Zum Glück haben wir mittlerweile fünf oder sechs Jung-Imker im Ort.

Foto: Zwei Menschen in Imkeranzügen ziehen eine Platte mit Waben aus einem Bienenstock (Foto: DW/Jennifer Seitz)
Heike und ihre Tochter prüfen regelmäßig, ob es den Bienen in ihrem Garten gut geht.Bild: DW/Jennifer Seitz

Viele Menschen engagieren sich nicht für eine nachhaltige Entwicklung, weil sie glauben, dass sie allein nichts ausrichten können. Was sagt Ihr diesen Menschen?

Claudius: Wir sind ja gar nicht allein! Wir werden doch immer mehr. Das ist eine weltweite Bewegung von unten. Wenn wir einen langen Atem haben, werden wir bemerken, dass sich unsere Engagement auszahlt. In der Zeitung stand zum Beispiel, dass die Ozonlöcher schrumpfen. Das hätte früher niemand für möglich gehalten, aber es geht. Das macht doch Hoffnung.

Glaubt Ihr, dass Engagement etwas mit dem Alter zu tun hat? Die meisten Aktivisten sind ja recht jung.

Claudius: Nein, das scheint nur so zu sein. Natürlich wird es mit der Zeit etwas schwieriger, und wenn du eine Familie hast, musst du auch viele Kompromisse eingehen, aber dennoch engagieren sich diese Menschen. Man sieht sie zwar nicht mehr auf Demos in der ersten Reihe, aber sie beteiligen sich auf anderen Ebenen.

Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft?

Claudius: In erster Linie wünschen wir uns, dass die Menschen einen längeren Atem beweisen. Sie sollen sich langfristig engagieren und sich nicht mit kurzfristigen Ergebnissen zufrieden geben. Außerdem wäre es toll, die Agenda 21 kommunal in der Satzung zu verankern. Dann würden sich die Gemeinden offiziell dazu verpflichten, immer die Nachhaltigkeitsziele bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.

Heike: Ich wünsche mir, dass sich die Beteiligungskultur mehr etabliert. Entscheidungsträger sollen die Bürger mit einbeziehen und die Bürger sollen ihre Ideen und Meinungen äußern, wenn sie etwas verändern wollen.