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Wegklicken ist auch keine Lösung

Michael Münz21. Dezember 2014

Ein Vorschlag macht in sozialen Netzwerken die Runde: Facebook-Freunde aussortieren, denen die Pegida-Seite gefällt. Auf den ersten Blick eine reizvolle, aber prinzipiell eigentlich keine gute Idee, meint Michael Münz.

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Mädchen mit Laptop auf der Couch ( Foto: Fotolia)
Bild: Photographee.eu - Fotolia

Einige Blogs präsentierten in diesen Tagen eine interessante Entdeckung: Mit Hilfe von Links lässt sich prüfen, welchen meiner Facebook-Freunde die Seite der angeblich "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" - kurz Pegida - gefällt. Und weiter schlugen einige Autoren vor, man könne doch allen Menschen die Facebook-Freundschaft aufkündigen, die bei eben dieser Recherche als Pegida-Anhänger identifiziert werden. Aus den Augen, aus dem Sinn, so offenbar die Devise. Aber Fremdenfeindlichkeit in dieser Dimension lässt sich nicht wegklicken. Mehr als 15.000 sogenannte "Abendspaziergänger" in Dresden und mittlerweile gut einem Dutzend weiteren deutschen Städten, beziehungsweise fast 70.000 potenzielle Facebook-Freunde verschwinden nicht einfach, weil man vor ihnen die Augen verschließt!

Kann man Pegida-Anhänger mit Argumenten erreichen?

Es kann einen schon ratlos machen: Wenn die etablierten Medien ihrem journalistischen Reflex nachgehen und die kriminelle Vergangenheit des Pegida-Organisators in Dresden offen legen, fühlen sich dessen Anhänger in ihrer Haltung nur bestätigt. Wenn namhafte wissenschaftliche Institute Studien vorlegen, nach denen Zuwanderung gut für Deutschland ist, wittern Pegida-Anhänger eine Verschwörung.

Wenn aber weder Medien, noch etablierte Politik, noch Wissenschaft die Mitläufer von Pegida auch mit guten Argumenten nicht mehr erreichen - wie soll man sie denn dann noch davon überzeugen, dass sie auf dem Irrweg sind? Dass sie mit Menschen durch die Straßen spazieren, die demokratische Grundsätze in Frage stellen? Dass die Organisatoren der Märsche keinen Hehl daraus machen, dass sie aus dem rechten Lager stammen? Dass sie sich instrumentalisieren lassen, um fremdenfeindliches und rechtes Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft fest zu verankern? Da bleiben nicht mehr viele Kommunikationskanäle. Aber Facebook wäre einer!

DW-Redakteur Michael Münz (Foto: DW)
DW-Redakteur Michael MünzBild: DW/P. Henriksen

Den Feinden der Demokratie nicht das Terrain überlassen

Freunden in sozialen Netzwerken glaubt man vermutlich eher, als dem unerreichbaren Journalisten, Wissenschaftler oder Politiker. Und wenn Pegida soziale Netzwerke erfolgreich nutzt - warum dann nicht auch die Verfechter von Demokratie, Menschenrechten und Pressefreiheit? Kreative Kampagnen, engagierte Diskussionen und Standhaftigkeit bringen mittelfristig sicher mehr, als der Abbruch freundschaftlicher Beziehungen. Die, die prinzipiell gar nichts von unserer Verfassung und der Demokratie halten, wird man auf diese Weise nicht erreichen. Aber vielleicht doch die, die aus Protest, Frustration oder Unwissenheit mit diesen Demagogen gemeinsame Sache machen. Freunde wegklicken hieße hingegen, die Überzeugungsarbeit aufzugeben. Und Facebook den Brandstiftern zu überlassen.