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Rümänien nach der Wahl

Robert Schwartz3. November 2014

Bei den rumänischen Präsidentschaftswahlen waren Tausende Auslandsrumänen von der Wahl ausgeschlossen. So kann eine Regierung nicht mit ihren Bürgern umgehen, meint Robert Schwartz.

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Wahlen Rumänien am 2.11.2014 (Foto: REUTERS/Bogdan Cristel )
Bild: Reuters/B. Cristel

Die Rechnung der regierenden Sozialisten ist vorläufig aufgegangen. Ihr Kandidat, der amtierende Premierminister Victor Ponta, hat den ersten Wahlgang gewonnen. Ob sein Vorsprung von rund zehn Prozentpunkten allerdings im zweiten Wahlgang ausreichen wird, ist fraglich. Nicht nur rein rechnerisch hat der Kandidat des liberalen Bündnisses, der deutschstämmige Klaus Johannis, reelle Chancen, in den Präsidialpalast einzuziehen. Entscheidend wird sein, wer die Stimmen der anderen zwölf Kandidaten aus dem ersten Wahlgang für sich gewinnen kann. Entscheidend wird auch sein, ob in zwei Wochen die größte politische Gruppierung, die der Nichtwähler, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen wird. Immerhin die Hälfte der rumänischen Wahlberechtigten hat es auch diesmal bevorzugt, zu Hause zu bleiben.

Das Zünglein an der Waage könnten aber auch diesmal - wie schon vor fünf Jahren - die Auslandsrumänen sein. 2009 hatte eine klare Mehrheit für den nun scheidenden Amtsinhaber Traian Basescu gestimmt. Sehr zum Verdruss der Sozialisten, die von Wahlbetrug sprachen. Diesmal scheint die sozialistische Regierung vorgesorgt zu haben, dass sich das nicht mehr wiederholt. Tausende Rumänen in Westeuropa mussten nach stundenlangem Warten unverrichteter Dinge abziehen. Zu wenig Wahllokale waren für die geschätzten zwei bis drei Millionen Rumänen, die im Ausland leben und arbeiten, eingerichtet worden. Eine katastrophale Logistik erlaubte nur eine Stimmabgabe im Schneckentempo. Und als die Wahllokale pünktlich geschlossen wurden, standen vielerorts noch Tausende vor den Toren und durften nicht mehr an die Urnen.

Robert Schwartz (Foto: DW)
Robert Schwartz, Leiter der rumänischen Redaktion DWBild: DW

Wähler im Ausland benachteiligt


Faire Wahlen in einer europäischen Demokratie sehen anders aus. Vor 25 Jahren waren auch die Rumänen auf die Straße gegangen, um gegen die kommunistische Diktatur und für freie, demokratische Wahlen zu demonstrieren. Für ein Recht, das heute, ein Vierteljahrhundert nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur, mit den Füßen getreten wurde. Ja, es war klare Wahlverhinderung, was in vielen westeuropäischen Städten geschah. Rumänen, die im Ausland arbeiten und Jahr für Jahr ihr hart verdientes Geld nach Hause schicken, sollten offensichtlich nicht wählen. Bürger zweiter Klasse, die bestraft werden mussten, weil sie nicht " richtig" wählen würden.

Ob die Rechnung zum Schluss aufgeht, wird der entscheidende Wahlgang am 16. November zeigen. Sollte es keine gezielte Verhinderung eines Grundrechts gewesen sein, muss die Regierung für einen reibungslosen Ablauf in allen Wahllokalen - auch im Ausland - sorgen. Sie allein ist dafür verantwortlich, dass allen mündigen Bürgern in einem Land, in dem die Briefwahl nicht gewollt wird, die Möglichkeit geboten wird, sich am politischen Prozess zu beteiligen. Auch mit dem Risiko, dass der eigene Kandidat den Kürzeren ziehen könnte. Das sind die Spielregeln in einer funktionierenden Demokratie. Solange diese Regeln nicht gegeben sind, muss Rumänien damit rechnen, als ein Land eingestuft zu werden, in dem die Demokratie auf wackeligen Beinen steht. Korruption, Vetternwirtschaft, gegängelte Medien - und jetzt Missachtung eines wesentlichen Grundrechts. Die Liste der anti-demokratischen Entgleisungen wird immer länger. Ob die Rumänen dieses Spiel geduldig mitmachen, wird sich in zwei Wochen zeigen. Viele sind es satt, ihr Land immer wieder in negativen Schlagzeilen zu finden. Und sie werden wählen gehen, das haben sie eindrucksvoll in den Sozialen Medien gepostet. Auch die Auslandsrumänen. Damit sich keiner mehr als "Rumäne zweiter Klasse" fühlen muss, sagen sie. Weder zu Hause noch sonstwo in Europa.