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Viele kleine Schritte für eine bessere Welt

8. Juni 2015

Wer von den sieben traditionellen Industriestaaten sieben Weltwunder erwartet hatte, wurde enttäuscht. Wer vom G7-Gipfel gar nichts erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt - findet Christian F. Trippe.

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G7 Runder Tisch Angela Merkel Barack Obama Francois Hollande
Bild: Reuters/M. Rehle

Es gibt eine Neigung in Deutschland, alles schon im Voraus zu wissen und einschätzen zu wollen. Besonders der deutsche Journalismus zeigt sich anfällig, ein Ereignis abschließend zu bewerten, noch bevor es stattgefunden hat. Der G7-Gipfel bot ein schönes Beispiel für diese sehr deutsche Disziplin der medialen Vorab-Besserwisserei: Der Gipfel sei zum "Event" verkommen, er sei viel zu teuer, zu uneffektiv, falsch zusammengesetzt, abgehoben von der Zivilgesellschaft, abgeschottet von den Bürgern - und überhaupt: Ohne Putin, ohne Putins Russland seien die Gespräche doch sowieso sinnlos. Dies war, vereinfacht und zusammengefasst, der Grundtenor praktisch aller Berichte, die in Deutschland vor dem Großgipfel von Schloss Elmau erschienen sind.

Trotzdem durfte sich jeder Beobachter von der Wirklichkeit überraschen lassen. Denn es gibt ja Resultate, die leidlich konkret und von daher auch im Nachhinein überprüfbar sind. In der Entwicklungspolitik sind es politische Impulse, Verabredungen, Vorhaben: Unterstützung etwa für einen Fonds, der dem Arbeitsschutz in Schwellenländern voranbringen will.

Hilfe darf auch eigenützig sein

Armutsbekämpfung und globale Sozialpolitik sind nicht allein Ausdruck purer Menschenliebe, es ist auch eine gehörige Portion Eigennutz dabei. Sollen doch moslemische Schwellen- und Entwicklungsländer gesellschaftlich so stabilisiert werden, dass der Islamismus dort keinen Nährboden mehr findet. Und: Aus stabilen Staaten mit wirtschaftlich halbwegs solider Grundlage fliehen die Menschen nicht. Wer von seinen Werten spricht, braucht deshalb seine Interessen nicht zu verstecken. Und wer seine Interessen vertritt, sollte dies am besten wertgebunden tun.

Auch im Klimaschutz haben die sieben Industriestaaten eine gemeinsame Linie erarbeitet. Zum Teil bekräftigen sie lediglich, was schon einmal verabredet war. In der Selbstverpflichtung aber, ihre Energiewirtschaft noch in diesem Jahrhundert kohlenstofffrei zu machen, legen die Sieben ein qualitativ neues Ziel fest. Schon Ende des Jahres, wenn in Paris ein neuer Weltklimavertrag ausgearbeitet werden soll, kommt es zur Nagelprobe auf den klimapolitischen Willen der sieben großen, demokratisch verfassten Industriestaaten.

01.2012 DW Europa aktuell Moderator Christian Trippe
DW-Korrespondent Christian F. Trippe ist in ElmauBild: DW

Das alles sind Versprechen, die eingelöst werden müssen; es sind politische Wechsel, von denen wir bald wissen werden, ob sie auch tatsächlich gedeckt sind. Aber, es sind vor allem eines: Ergebnisse. Auch in der Außenpolitik haben die Sieben eine klare Haltung gegenüber Russland und seiner aggressiven Politik gegenüber den Nachbarn gefunden. Damit wird nicht zuletzt die EU in die Pflicht genommen, die Sanktionen gegen Russland Ende Juni zu verlängern.

Der alte Kontinent bestimmte die Agenda

Europa hat dieses G7-Treffen beherrscht wie kaum ein anderer Gipfel zuvor. Schon der Blick auf die Teilnehmer zeigt, wie dominierend die Sichtweise der alten Welt ist: Von den neun Teilnehmern sind sechs Vertreter eines EU-Landes oder einer EU-Institution. Eine Reform der G7 könnte hier ansetzen. Viele Themen hatten ebenfalls eine starke europäische Schlagseite: Die ungelöste Schuldenkrise in Euroland, das Endspiel um Griechenland; der Konflikt in der Ostukraine; die Flüchtlingswelle im Mittelmeer als Folge des Staatszerfalls im Nahen Osten und der Bürgerkriege in Afrika. Für letzteres interessieren sich zwar aus geopolitischen Gründen die USA. Kanada und Japan aber haben mit der europäischen Flüchtlings - und Einwanderungspolitik nicht all zu viel am Hut.

Gerade aus europäischer Sicht ist außer Spesen also doch einiges gewesen. Dass alles eine Nummer kleiner und preiswerter geht, dürfte auch bei den Sieben angekommen sein. Darüber wird zu Recht diskutiert, so wie bei anderen medial inszenierten Großereignissen auch - heißen die nun "Eurovision Song Contest" oder "Olympische Spiele". Beim Downsizing könnten die G7 voran gehen. Das würde nächstes Mal vielleicht sogar diejenigen beeindrucken, die vorab schon alles zu wissen glauben.