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Kommentar: Und wann kommt der Denkzettel für Blatter?

Stefan Nestler14. Juni 2014

Der Weltfußballverband FIFA hat Franz Beckenbauer für drei Monate gesperrt. Lächerlich findet das DW-Sportredakteur Stefan Nestler, wenn man bedenkt, wer diese Sanktion ausspricht.

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DW-Sportredakteur Stefan Nestler. Foto: DW
Bild: DW

Wäre die FIFA ein demokratisch geführter Verband ohne Fehl und Tadel, läge die Sache vielleicht anders. Dann würden jetzt viele sagen: "Was hat sich Herr Beckenbauer denn da erlaubt?" Er beantwortet den Fragebogen der FIFA-Ethikkommission nicht, weil angeblich sein Englisch dafür nicht ausreicht? Er bittet darum, die Fragen auf Deutsch zu übersetzen und als dies angeblich nicht geschieht, schmollt er? Beckenbauer ist seit Jahrzehnten ein Weltreisender in Sachen Fußball. In Katar, beim umstrittenen WM-Ausrichter 2022, war er zudem im Auftrag eines Wirtschaftsunternehmens unterwegs. Der 68-Jährige sollte also ausreichend Englisch verstehen, um aus einem Fragebogen der FIFA schlau zu werden. Und wenn er doch unsicher ist, dürfte Beckenbauer sicher über ausreichend Kontakte verfügen, um innerhalb einer halben Stunde einen professionellen Übersetzer zu finden, der ihm zur Seite springt. Das war schnoddrig, Herr Beckenbauer!

Billige Retourkutsche

Jetzt jedoch das große Aber. Ist die FIFA gegenüber anderen Funktionären ähnlich konsequent? Nein. Häufig sogar ganz im Gegenteil. Als bei früheren Korruptionsskandalen gerichtsfeste Beweise auf dem Tisch lagen, deckte die FIFA weiterhin ihre Funktionäre - bis ganz nach oben. FIFA-Präsident Joseph Blatter wurde attestiert, er habe sich lediglich ungeschickt verhalten. Warum jetzt also die Sanktion gegen Beckenbauer? Der Verdacht liegt nahe, dass es sich hier um eine billige Retourkutsche der FIFA handelt. Nicht gegen Beckenbauer, aber gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Der hatte sich in Brasilien sehr deutlich von FIFA-Chef Blatter distanziert und sich gegen eine fünfte Amtszeit des Schweizers ausgesprochen. Und wenn Blatter eines hasst, dann Gegenwind aus den eigenen Reihen.

Leicht gemacht

Franz Beckenbauer steht immer noch weltweit als Symbolfigur für den deutschen Fußball. Auch wenn er zuweilen, mit Verlaub, ziemlichen Unsinn daher redet. Erinnert sei nur an seine Äußerung zu den Menschenrechtsverletzungen in Katar: "Ich habe noch nicht einen einzige Sklaven in Katar gesehen. Die laufen da frei rum", sagte der "Kaiser" seinerzeit. Mit seiner Weigerung, den Fragebogen der Ethikkommission zu beantworten, hat es Beckenbauer nun der FIFA und Joseph Blatter leicht gemacht, dem deutschen Fußball eins auszuwischen. Doch eines sollte klar sein: Wenn einer einen Denkzettel verdient, dann ist es Blatter. Wann endlich ist es so weit?