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Kommentar: Tschüss Jupp

Tobias Oelmaier19. Mai 2013

Jupp Heynckes ist von der Bundesliga-Bühne abgetreten. Das Spiel der Bayern in Mönchengladbach war sein letztes nach 48 Jahren. Tobias Oelmaier kommentiert den Abgang.

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Auf der Pressekonferenz musste Jupp Heynckes gegen seine Tränen ankämpfen. Mit stockender Stimme bedankte er sich bei den Gladbacher Fans für den tollen Abschied, den sie ihm bereitet hatten. "Das zeigt mir, dass das meine Heimat ist", brachte er noch hervor, ehe ihn der Applaus der Medienvertreter aus seiner Verlegenheit rettete. "Ein echtes Fohlen dreht seine letzte Runde - Mach´s gut, Jupp!" hatte während des Spiels seines FC Bayern bei seinem ehemaligen Club auf einem Spruchband in der Kurve der Borussen-Fans gestanden. Andere Trainer, die ihren Verein verließen, um in der Ferne ihr Glück zu suchen, wären ausgepfiffen und als Judas beschimpft worden. Nicht so Jupp Heynckes in der Spätphase seiner Karriere.

Tobias Oelmaier, Moderator und Redakteur (Bild: DW)
DW-Redakteur Tobias OelmaierBild: DW / Christel Becker-Rau

Dabei hatte er, der in 1011 Spielen als Profi und als Trainer die Bundesliga mitgeprägt hat wie kaum ein Zweiter, nicht immer einen leichten Stand. Als Spieler galt er als überehrgeizig, und auch als Trainer konnte er seine Anspannung nur selten verbergen. Sein in Aufregung schnell leuchtendroter Kopf brachte ihm bald den Spitznamen "Osram" ein. Auch wirkte er nicht immer so eloquent wie mancher Kollege. Bei einem legendären Auftritt 1989 im ZDF-Sportstudio musste sich Jupp Heynckes von seinem Kölner Kollegen Christoph Daum verschmähen und beleidigen lassen, sein mangelnder Wortwitz und wohl auch sein Anstand machten es ihm unmöglich zu kontern.

Dass Heynckes zwei Jahre später trotz zweier errungener Meisterschaften bei den Bayern gefeuert wurde, sollte sich später als glückliche Wendung herausstellen. Denn bei Engagements in Spanien und Portugal, erlangte er unter anderem durch den Gewinn der Champions League mit Real Madrid internationale Reputation und vor allem eine Gelassenheit, die ihm in der Spätphase seiner Karriere immer mehr zu Gute kam. Jupp Heynckes war zur unumstrittenen Koryphäe geworden. Den Bayern verhalf er bei einem Kurzeinsatz als Retter in letzter Minute in die Champions League, mit Leverkusen gelang ihm dasselbe Kunststück, und auf seiner letzten Station, nochmals beim FC Bayern, macht er sich nun unsterblich.

Bayerns Trainer Jupp Heynckes winkt vor dem Spiel (Bild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Mit einer Dominanz, die die Liga in 50 Jahren nicht gesehen hatte, führte er seinen Club zur Meisterschaft, er schaffte es mit seiner Souveränität, dem Starensemble fußballerische Grundtugenden wie Mannschaftsgeist und Kampfeswille beizubringen, es ließ den attraktivsten Fußball spielen. Von wegen Auslaufmodell, als das er von vielen Fußballexperten nach Bekanntwerden seines neuerlichen Engagements in München bezeichnet worden war.

Dabei blieb er trotz aller Erfolge bescheiden, leise und trotzdem selbstbewusst. Egal, ob nun noch ein oder zwei Titel folgen werden in der Champions League und im DFB-Pokal – der 68-Jährige ist schon jetzt einer der größten Trainer der deutschen Fußballgeschichte. Nun hört er auf, ganz sicher in der Bundesliga, wohl auch international. Wer weiß, ob sie im Bayern-Vorstand nicht schon mal an ihrer Entscheidung gezweifelt haben, Heynckes im Sommer durch Pep Guardiola zu ersetzen. Denn eine Steigerung wird für den Spanier kaum möglich sein. Vor allem auch menschlich. Da wird Jupp Heynckes auf jeden Fall eine große Lücke hinterlassen.