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Kommentar: Nicht ganz sauber

Joscha Weber12. November 2014

Mit dem neuen Anti-Doping-Gesetz holt Deutschland im Kampf gegen die illegale Leistungssteigerung auf. Doch der Entwurf hat einige Schwächen und greift zu kurz, meint DW-Sportredakteur Joscha Weber.

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Dopingkontrolle (Foto: Peter Kneffel/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Plötzlich sind sich alle einig. Das neue Anti-Doping-Gesetz finden alle toll. Die beteiligten Minister Thomas de Maizière und Heiko Maas klopfen sich selbst auf die Schulter für einen gelungen Gesetzentwurf. Athleten, Trainer und Funktionäre loben den Text ebenso als Schritt in die richtige Richtung wie Doping-Experten. Und selbst der Dachverband des deutschen Sports, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), ist auf einmal davon überzeugt, dass man gedopte Sportler kriminalisieren sollte. Ein beeindruckender Sinneswandel.

Es ist ziemlich scheinheilig, wie manche Akteure nun auftreten. Der Bundesinnenminister selbst lehnte vor fünf Jahren ein Doping-Gesetz noch ab. Der DOSB war strikt dagegen, bis nun klar war, dass das Gesetz nicht mehr zu verhindern war. Und auch die Zahl der Athleten, die jetzt öffentlich für ein Anti-Doping-Gesetz eintreten, ist in jüngster Zeit merkwürdig sprunghaft gestiegen. Nun, da die Schlacht um ein konsequenteres Vorgehen gegen Doping entschieden ist, wechselt manch einer schnell die Seite.

Endlich zieht Deutschland nach

Um eines klarzustellen: Dass Deutschland jetzt ein Anti-Doping-Gesetz bekommt, ist nicht nur überfällig, sondern auch wirklich gut. Mit angedrohten Gefängnisstrafen für gedopte Athleten schafft die Politik eine klare Abschreckung. Hausdurchsuchungen und Telefonüberwachungen sind wirksame Mittel im Anti-Doping-Kampf, wie Erfahrungen aus Frankreich, Italien oder Spanien zeigen. Dort gibt es nämlich schon lange entsprechende Gesetze. Dass Deutschland nun endlich nachzieht, wird saubere Sportler freuen. Sie dürfen auf einen faireren Wettkampf hoffen. Gut ist auch, dass die notorisch klamme Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) gestärkt wurde, nun enger mit staatlichen Behörden zusammenarbeiten soll. Und die Sportgerichtsbarkeit wird nicht etwa geschwächt, wie es der DOSB befürchtet hatte, sondern wird von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen profitieren.

DW-Sportredakteur Joscha Weber (Foto: Stefan Nestler/DW)
DW-Sportredakteur Joscha WeberBild: DW/S. Nestler

Und doch hat dieses Gesetz leider eine gravierende Schieflage. Das Ziel des Gesetzes ist laut § 1 der Erhalt von Fairness, Chancengleichheit und Integrität des Sports sowie der Schutz der Gesundheit der Athleten. All das gilt aber leider nur für Spitzensportler. Amateur- und Freizeitsportler lässt das Gesetz allen Freiraum, zu dopen. Denn diese würden keine "erheblichen Einnahmen" mit dem Sport erzielen. Aha, begründet wird also wertorientiert, argumentiert wird aber rein wirtschaftlich. Sind Fairness, Chancengleichheit und Gesundheit der Athleten im Breitensport dem Staat also egal? Es scheint so. Auf eine entsprechende Frage der DW kam von beiden Ministern nur ein Achselzucken, man könne den Breitensport schließlich nicht kontrollieren.

Das Märchen vom schwarzen Schaf

Und noch eine Schwachstelle hat der gemeinsame Entwurf von CDU und SPD. Zwar sieht das Gesetz auch Bestrafungen von Hintermännern vor, doch eigentlich zielt es auf die Athleten selbst ab. Den dopenden Sportler will man hart bestrafen. Wenn die Öffentlichkeit eines aus den Doping-Skandalen der letzten Jahre gelernt hat, dann aber doch dies: Doper brauchen ein Netzwerk im Hintergrund, das sie mit Substanzen versorgt und medizinisch betreut. Wer jetzt wieder nur mit dem Finger auf das gedopte "schwarze Schafe" zeigt, hat nichts über moderne Dopingstrukturen gelernt.

Innenminister de Maizière (l.) und Justizminister Maas (Foto: dpa)
Sollten nachbessern: Innenminister Thomas de Maizière (l.) und Justizminister Heiko MaasBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Aber es gibt noch Hoffnung: Genauso wie der Gesetzestext in Zukunft noch neue Dopingmittel und -methoden aufnehmen kann, könnte doch auch die Politik noch dazulernen und das Anti-Doping-Gesetz erweitern. Immerhin: Der Staat als einer der größten Financiers des deutschen Spitzensports hat seine Verantwortung für einen fairen und sauberen Sport erkannt. Ein Anfang ist gemacht.