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Kein Ausweg aus der Krise

Bettina Marx13. März 2014

Bundeskanzlerin Merkel hat Russland in der Krimkrise vor internationaler Isolierung gewarnt und weitere Sanktionen angedroht. Doch nicht nur Moskau, auch der Westen trägt Schuld an dem Konflikt, meint Bettina Marx.

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Dunkle Wolken über dem Reichstag Foto: DPA
Bild: picture-alliance/dpa

Selten war eine Regierungserklärung mit so tiefer Sorge erwartet worden wie die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Lage in der Ukraine. Seit Wochen und Monaten spielt sich vor den Toren der Europäischen Union ein Drama ab, das den Kontinent erschüttert. Es geht um Demokratie und Selbstbestimmung einerseits, um Macht und geopolitische Interessen andererseits. Mit dem Referendum auf der Krim steuert diese Krise am Wochenende einem weiteren Höhepunkt entgegen. Doch die westliche Politik ist hilflos und ratlos, wie sie die Abspaltung der Halbinsel von der Ukraine und ihre Annexion durch Moskau verhindern soll.

Mit diplomatischen Mitteln wolle man den Konflikt entschärfen, betonte Merkel in ihrer Rede und fügte hinzu: Ein militärisches Vorgehen sei keine Option. Stattdessen versuche man es mit einem politisch-ökonomischen Dreiklang aus Verhandlungen, Finanzhilfe für die Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Sollte Moskau trotzdem an seinem konfrontativen Kurs festhalten, werde man die bisher verhängten Sanktionen verschärfen. Die Uhr lasse sich nicht zurückdrehen, so Merkel. Interessenskonflikte in Europa könne man nicht lösen, indem man auf die Methoden des 20. Jahrhunderts zurückgreife.

Die Fehler des Westens

Doch genau das haben der Westen, die USA und die Europäische Union getan. Sie haben sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Untergang der Sowjetunion wie Sieger aufgeführt und ihren Einflussbereich bis an die Grenzen Russlands ausgedehnt. Sie haben ihre Versprechen gebrochen, die NATO nicht nach Osteuropa zu erweitern und den Einflussbereich Moskaus immer weiter zu beschneiden.

Bei der Osterweiterung von NATO und EU haben sie keine Rücksicht genommen auf russische Empfindlichkeiten. Gegen den erklärten Willen Moskaus haben sie in Jugoslawien eingegriffen und die Abspaltung des Kosovo anerkannt. Die USA haben mit Unterstützung westlicher Verbündeter einen völkerrechtswidrigen Krieg im Irak geführt und in Libyen eingegriffen.

Kein Wunder also, dass sich Russland bedrängt und übervorteilt fühlt. Putin, der den Zerfall der Sowjetunion für das größte Unglück hält, will die fortschreitende Beschneidung seines Einflusses nicht länger hinnehmen. Auch eine revolutionäre Demokratiebewegung vor der eigenen Haustür kann ihm, dem gewalttätigen Machtmenschen, der Demokratie und Meinungsfreiheit in seinem eigenen Land rigoros unterdrückt, nicht passen. Darum wird er sich auch durch Drohungen aus dem Westen nicht davon abschrecken lassen, der Ukraine die Krim zu entreißen und sie Russland einzuverleiben. Dies ist - um kein Missverständnis aufkommen zu lassen - ein ganz klarer und nicht hinzunehmender Bruch des Völkerrechts.

Absehbare Eskalation

Doch der Westen hat dem nichts Wirksames entgegen zu setzen. Denn die verfahrene Situation in der Ukraine ist auch das Ergebnis seiner eigenen rücksichtslosen Expansionspolitik. In dieser Hinsicht ist Linken-Fraktionschef Gregor Gysi zuzustimmen, der dies im Bundestag mit scharfen Worten kritisiert hat.

Vielleicht ist eine Regierungserklärung vor dem Parlament nicht der richtige Ort und Zeitpunkt, um sich auf die Brust zu klopfen und Fehler zu bekennen. Ohne aufrichtige Bestandsaufnahme aber ist ein Ausweg aus der Krise nicht zu finden. Und so nützt es leider nichts, wenn Merkel auf Diplomatie und Deeskalation setzt. Es läuft alles auf eine weitere Verschärfung des Konfliktes hinaus.