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Kommentar: Fürst Blatter und seine FIFA-Welt

Stefan Nestler26. September 2014

Joseph Blatter hat nun auch offiziell verkündet, dass er bis 2019 Präsident des Fußball-Weltverbands FIFA bleiben will. Der Schweizer sitzt fest auf seinem Thron, glaubt DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Joseph Blatter. Foto: picture alliance/empics
Bild: picture alliance/empics

Der alte Präsident der FIFA wird auch der neue sein. Daran besteht nicht der Hauch eines Zweifels. Der bisher einzige Herausforderer Joseph Blatters verdient diese Bezeichnung nicht. Der Franzose Jerome Champagne, den einmal viele als Thronfolger des Schweizers sahen, ist zwar bei der Wahl 2015 Gegenkandidat, mehr aber auch nicht. Bis 2010 galt Champagne als rechte Hand und wichtigster Berater Blatters, dann stellte der FIFA-Boss ihn kalt. Damit hatte Champagne fortan keine Chance mehr, ein Netzwerk zu spinnen, das dem Blatters gleichkäme. Der FIFA-Präsident hat seinen Macchiavelli gelesen. Wie ein Fürst regiert der 78-Jährige seit 1998 den Weltverband, schmiedet Allianzen, wo es nötig ist, lässt Leute fallen, wenn sie ihm gefährlich werden. Vor allem die Afrikaner weiß Blatter auf seiner Seite, aber auch die Südamerikaner und Asiaten. Da können die Europäer murren wie sie wollen, sie bleiben zahnlose Tiger.

Und täglich grüßt der Korruptionsvorwurf

So hat Blatter alle Stürme der letzten 16 Jahre schadlos überstanden, und davon gab es einige. Schon seine erste Wahl war von Korruptionsvorwürfen gegen ihn überschattet. Gerichtsfest war die Bestechung hochrangiger Funktionäre durch den FIFA-Marketingpartner ISL. Blatters FIFA bezeichnete die Schmiergelder als „Provisionen“ und kaufte sich 2010 gegen eine Millionensumme aus dem Verfahren frei. Auch danach kehrte keine Ruhe ein. Die Vergabe der WM 2018 an Russland und 2022 an Katar steht unter dem Ruch, dass dort - um es vorsichtig zu formulieren - nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Mit Spannung wird der Abschlussbericht des FIFA-Chefermittlers Michael Garcia erwartet, so er denn jemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollte.

DW-Sportredakteur Stefan Nestler. Foto: DW
Stefan Nestler, DW-SportBild: DW

Viel zu verteilen

In einem sauber geführten Unternehmen hätte Blatter längst seinen Hut nehmen müssen. Doch der Weltfußballverband ist eben keine normale Firma. Blatter hat seine eigene FIFA-Welt geschaffen: weitestgehend abgeschottet, aber äußerst florierend. Die WM in Brasilien etwa spülte einen satten Gewinn von 1,6 Milliarden Euro in die Kassen der FIFA. Nicht schlecht für einen eingetragenen Verein, der nach Schweizer Recht auch ein Gewerbe betreiben darf, um seine Vereinsziele zu erreichen. Da gibt es einiges zu verteilen und ausreichend viele, die gerne die Hand aufhalten - und die wissen, bei wem sie sich bedanken müssen. Blatter kann sich also beruhigt auf seinem Thron zurücklehnen und Kritiker und Moralisten belächeln.