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Kommentar: Hoffnungsloser Fall

27. Mai 2015

Sieben FIFA-Funktionäre unter Korruptionsverdacht festgenommen, dazu Ermittlungen der Schweizer Justiz gegen die FIFA wegen der WM-Vergaben 2018 und 2022 - das Maß ist voll, findet DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Fifa-Zentrale in Zürich. Foto: Reuters
Bild: Reuters/R. Sprich

Die FIFA ist korrupt bis hinein in die Führungsspitze. Das sollten jetzt auch die Letzten kapiert haben. Sieben Spitzenfunktionäre des Weltverbands sind kurz vor dem FIFA-Kongress in Zürich festgenommen worden. Der Vorwurf: Sie sollen nach Erkenntnissen von US-Ermittlern über viele Jahre Übertragungs- und Vermarktungsrechte an Fußballturnieren in Nord-, Mittel- und Südamerika verschachert und dafür insgesamt weit über 100 Millionen US-Dollar Bestechungsgelder kassiert haben. Unter den Festgenommenen sind auch zwei der acht Vizepräsidenten des Exekutivkomitees, der Weltregierung des Fußballs. Einer von ihnen, Jeffrey Webb, der Präsident der Fußballverbände Nord- und Mittelamerikas sowie der Karibik, gilt als wichtiger Vertrauter von FIFA-Präsident Joseph Blatter. Der Schweizer selbst taucht nicht auf der Liste der Beschuldigten auf.

Unsichtbarer Schutzmantel

Das überrascht kaum. Wann immer in den vergangenen 17 Jahren unter Blatters FIFA-Regentschaft offenbar wurde, dass Fußballfunktionäre die Hand aufgehalten hatten, kam der Chef ungeschoren davon, fast so als hätte er einen unsichtbaren Schutzmantel um sich herum. Nur einmal wurde es auch für ihn selbst eng: als bekannt wurde, dass er als früherer FIFA-Generalsekretär zumindest von der Bestechung hochrangiger Funktionäre durch den FIFA-Marketingpartner ISL wusste. Blatters FIFA bezeichnete die Schmiergelder als „Provisionen“ und kaufte sich 2010 gegen eine Millionensumme aus dem Verfahren frei. Ansonsten lächelte Blatter jede Krise weg. Und davon gab es einige, zuletzt jene nach der umstrittenen Doppel-Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar. Hier ermitteln die Schweizer Behörden jetzt offiziell wegen des Verdachts der Bestechung.

Keine Selbstreinigung

Bei diesem turbulenten Vorspiel mutet es fast schon kurios an, dass Blatter am Freitag beim Kongress in Zürich aller Voraussicht nach in seine fünfte Amtszeit als FIFA-Chef gewählt wird. Der 79-Jährige kann sich fast blind auf seine Claqueure aus Afrika, Asien, Nord-, Mittel- und Südamerika verlassen. Sie werden für ihn stimmen. Die Europäer, die Blatter eigentlich loswerden wollten, haben sich als zahnlose Tiger erwiesen. In einem korrekt geführten Unternehmen hätte Blatter längst seinen Hut nehmen müssen. Und hätte er ein wenig Anstand, würde er es aus freien Stücken tun. Aber die FIFA ist eben nicht sauber. Was muss eigentlich noch geschehen, damit der Stall endlich ausgemistet wird? Eine Selbstreinigung findet nicht statt – trotz FIFA-Ethikkommission. Wahrscheinlich hilft nur eine Revolution. Weg mit dem ganzen Laden!

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DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter