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Ein starkes Zeichen

Bettina Marx19. September 2014

Der Aktionstag der deutschen Muslime gegen Hass und Ungerechtigkeit ist ein starkes Zeichen für Toleranz. Die nicht-muslimische Gesellschaft sollte die ausgestreckte Hand ergreifen, meint Bettina Marx.

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Bildergalerie Berliner Moscheen
Bild: Max Zander

In Syrien und dem Irak dringen die Terrormilizen des "Islamischen Staates" unaufhaltsam weiter vor. Mordend und brandschatzend nehmen sie ein Dorf nach dem anderen ein, foltern und erniedrigen die Bevölkerung und treiben Zehntausende in die Flucht. Zur gleichen Zeit stehen in Deutschland die Muslime auf und erheben ihre Stimme gegen Hass und Unrecht. Sie distanzieren sich damit in klarer Weise von den Extremisten, die im Namen ihrer Religion im Nahen Osten ein beispielloses Terrorregime errichtet haben. Ein Terrorregime, dem übrigens in erster Linie Muslime zum Opfer fallen.

Distanzierung von Extremisten

Die deutschen Muslime grenzen sich mit diesem Aktionstag auch von den mindestens 400 Glaubensbrüdern ab, die aus Deutschland in diesen Bürgerkrieg gezogen sind, um sich an dem grausamen Kampf zu beteiligen. Es sind junge Männer und Frauen, die durch das Internet radikalisiert wurden oder von Hasspredigern angesprochen wurden, die am Rande der muslimischen Gesellschaft in Deutschland ihr Unwesen treiben. Sie gehören in der Regel nicht den rund 2000 Moscheegemeinden an, die in den vier großen Islamverbänden in Deutschland zusammengeschlossen sind. Die Mehrzahl der deutschen Muslime, die einem geregelten und bürgerlichen Leben nachgeht, ist nicht verantwortlich zu machen für den Irrweg der wenigen Verblendeten, die den Hasspredigern nachlaufen und bereit sind, ihr eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, um ihre gewalttätigen Vorstellungen eines reinen Islam durchzusetzen.

Trotzdem ist es gut, dass die Islamverbände sich mit ihrem Aktionstag gegen den Hass so deutlich von diesen Fanatikern distanziert haben. Sie tragen damit zu einer Versachlichung der Debatte bei - gerade in einer Zeit, in der die deutsche Mehrheitsgesellschaft fassungslos und verstört auf die schrecklichen Ereignisse im Nahen Osten schaut und am rechten Rand dieser Gesellschaft gegen den Islam und die Muslime gehetzt wird. Die Zahl der Übergriffe gegen Muslime und muslimische Einrichtungen steigt an, berichten die Funktionäre der Islam-Verbände.

Kommentarfoto Bettina Marx Hauptstadtstudio
Bettina Marx, Korrespondentin im DW-Hauptstadtstudio BerlinBild: DW/S. Eichberg

Angriffe gegen Muslime in Deutschland

Im vergangenen August gab es gleich fünf Anschläge auf Moscheen in Deutschland, so viel wie nie zuvor. Auch dagegen protestierten die Muslime mit ihrem Aktionstag am Freitag, genau so wie gegen Antisemitismus und Judenhass. "Ich bin Jude, wenn Synagogen angegriffen werden, ich bin Christ, wenn Christen verfolgt werden und ich bin Muslim, wenn Brandanschläge auf Moscheen verübt werden", sagte Ayman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in dieser Woche. Das sind starke Worte, die wir uns alle zueigen machen sollten. Nur mit Geschlossenheit und Zivilcourage kann man sich der wachsenden Intoleranz, dem Extremismus und dem Fanatismus entgegen stellen.

Doch das allein reicht nicht: Auch Politik und Medien sind gefragt. Die Politik muss dafür sorgen, dass unterprivilegierten und ausgegrenzten Jugendlichen eine Perspektive geboten wird, indem sie zum Beispiel den Islamverbänden die notwendigen Mittel für Jugendarbeit zukommen lässt. International muss sie sich dafür einsetzen, dass die Konflikte beigelegt werden, die den Nahen Osten erschüttern und dass der Sumpf trocken gelegt wird, aus dem der Terrorismus erwächst. Die Medien wiederum müssen aufklären, informieren und darauf achten, dass sie nicht durch Themensetzung und Wortwahl selbst zu Entfremdung und Radikalisierung beitragen.