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Kommentar: Ein genialer Pöhler

Tobias Oelmaier15. September 2013

Für viele überraschend ist Borussia Dortmund nach fünf Spieltagen souveräner Tabellenführer. Dabei zeigt sich wieder einmal, was Jürgen Klopp für ein großartiger Trainer ist, meint Tobias Oelmaier.

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Jürgen Klopp - mit Pöhler-Kappe schreit seiner Mannschaft vom Spielfeldrand aus etwas zu (Bild: Getty Images)
Bild: Getty Images

"Pöhler" steht auf der Baseball-Kappe, die Dortmunds Trainer Jürgen Klopp gerne während der Spiele seines Teams trägt. "Pöhler" bezeichnet im Fachjargon meist einen leidlich begabten Fußballer, der den Ball eher hinten heraus"pöhlt", also aus der Gefahrenzone drischt, denn ihn mit technischer Finesse einem Mannschaftkameraden zuzupassen. Als Abwehrspieler im Zweitliga-Team des FSV Mainz 05 zählte man Jürgen Klopp eher zu dieser rustikalen Sorte.

Als Trainer aber ist es ihm längst gelungen, dieses Image abzulegen. Schon bei seiner ersten Station, bei eben jenen Mainzern, machte er aus wenig viel und schaffte mit den Underdogs den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Sein Meisterstück gelang ihm aber mit seinem aktuellen Arbeitgeber, mit Borussia Dortmund. Als 13. der Saison 2007/2008 hatte er sein Team übernommen, seither lauten die Abschlussplatzierungen: sechs - fünf - eins - eins - zwei!

Die Borussia ist spätestens seit diesem Frühjahr in der Klasse der internationalen Topclubs angekommen. Und das mit - legt man europäische Maßstäbe an - bescheidenen finanziellen Möglichkeiten.

Im Gegenteil: Immer wieder musste Klopp die Abgänge von Leistungsträgern kompensieren. Erst Nuri Sahin, dann Shinji Kagawa, zuletzt Mario Götze. Und Robert Lewandowski ist längst auf dem Absprung, fiebert seinem Engagement bei Bayern München entgegen. Dieser personelle Aderlass und Klopps Umgang damit ist der Beleg dafür, dass er weit mehr ist als ein begnadeter Motivator. Mit diesem Prädikat darf er sich nämlich schon lange schmücken ob seiner Gestik und Mimik, ob seiner Gabe, sich medienwirksam zu inszenieren. Klopp sucht die Kameras, die Kameras suchen Klopp. Nicht der Borussia zugeneigte Fußballfreunde nerven seine breit grinsenden Werbeauftritte inzwischen ebenso wie seine manchmal beißende Ironie.

Tobias Oelmaier aus der Sportredaktion. (Foto: fotobeckerrau@netcologne.de)
DW-Sportredakteur Tobias OelmaierBild: DW / Christel Becker-Rau

Aber eines müssen auch sie anerkennen: Jürgen Klopp ist es, der die Bundesliga spannend hält. Denn wie viele hatten vor der Saison geunkt, man könne die Meisterschale kampflos nach München schicken? Doch nach fünf Spieltagen und fünf Siegen thront Borussia Dortmund an der Tabellenspitze und nicht der FC Bayern. Und obwohl sich der Triple-Sieger personell verstärkt hat, den angeblich besten Trainer der Welt holte, spielt nicht er berauschenden Fußball, nein, es sind die Dortmunder. Dank einer besonnenen Einkaufspolitik und vor allem: Dank eines begnadeten Taktikers auf der Trainerbank. Jürgen Klopps Pöhler-Kappe ist wirklich nur Ironie!