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Hoffnungsträger Boateng

Olivia Fritz1. September 2013

Schalke landet mit Kevin-Prince Boateng einen Königstransfer. Durch seine Präsenz kehren die Gelsenkirchener auf den Erfolgsweg zurück, meint DW-Sportreporterin Olivia Fritz. Die Frage ist nur, zu welchem Preis.

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Gut gemacht, Schalke! Nach dem Katastrophenstart in die Saison mit einem Unentschieden und zwei Niederlagen sowie dem Zittersieg in der Champions-League-Qualifikation gegen POAK Saloniki scheint der FC Schalke 04 den Schalter umgelegt zu haben. Nicht, dass es jetzt ruhiger würde um Trainer Jens Keller und seine Mannschaft. Doch der Fakt, dass man jetzt in der Königsklasse dabei ist und vielleicht sogar das fehlende Puzzlestück im Kader gefunden hat, scheint einiges bewirkt zu haben in den Köpfen der Spieler. Es kann gut sein, dass es nun steil nach oben geht. Und dass Jens Keller endlich halbwegs aus der Schusslinie gerät.

Denn der Trainer hat Mut bewiesen und den umstrittenen Neuzugang Kevin-Prince Boateng nach gerade einmal einer gemeinsamen Trainingseinheit und bevor die Tinte auf dem Vertrag so richtig durchgetrocknet war, gleich in die Starformation gestellt. Und das war der ausschlaggebende Faktor für den Erfolg gegen die bisher dreimal siegreichen und ziemlich souveränen Leverkusener.

Polarisierender Führungsspieler

Boateng verkörpert all das, was der Mannschaft in den ersten Saisonspielen gefehlt hat: Robustheit, Zweikampfstärke, den Willen, sich gegen jeden Widerstand durchzuboxen. Er ist genau der Typ Spieler, den sich die gegnerischen Fans für ihr eigenes Team wünschen: Einer, der provoziert, die anderen mitzieht und mit sich und anderen hart zu Werke geht. Einer, der polarisiert, auch durch sein martialisches Äußeres. Aber auch einer, der die Extra-Portion Selbstbewusstsein mitbringt. So erklärte er bei seiner Vorstellung auf Schalke keineswegs bescheiden: "Die Bundesliga ist die beste Liga der Welt. Und da gehören die besten Spieler der Welt hin."

Olivia Fritz (Bild: DW)
Olivia FritzBild: Michael Palm

Der Wandel des Skandalkickers

Dennoch hat sich so mancher verwundert die Augen gerieben, als der Transfer bekannt wurde. Viele haben noch Boateng, den Skandalkicker im Kopf: Zum Beispiel bei Hertha BSC, als er gemeinsam mit Kollege Patrick Ebert nachts die Spiegel parkender Autos demolierte. Oder beim Foul gegen Michael Ballack, das den deutschen "Capitano" die WM in Südafrika kostete. So einen will man eigentlich nicht in seiner Mannschaft haben.

Doch es gibt auch den Boateng, der sich konsequent gegen Rassismus einesetzt: Bei einem Freundschaftsspiel mit seinem Verein AC Mailand verließ er nach rassistischen Gesängen während des Spiels den Platz (seine Teamkameraden gingen geschlossen mit) und hielt später sogar eine Rede gegen Rassismus vor den Vereinten Nationen.

Boateng sorgte damit für viele Schlagzeilen und ist mit seiner unangepassten Art auf jeden Fall eine Bereicherung für die Bundesliga. Rund um den Arbeiterverein Schalke wird man Boatengs Ansichten wie "Ich habe den Jungs einfach nur gesagt: Lasst uns laufen, bis wir kotzen" nur allzu gern hören.

Dennoch bleibt die Frage, die sich nicht nur der überraschte BVB-Trainer Jürgen Klopp stellt: Wie kann sich Schalke den Neuzugang überhaupt leisten? Schließlich schließt man auf der anderen Seite einen Verkauf von Julian Draxler, dem absoluten Publikumsliebling, zumindest nicht mehr konsequent aus. Und so könnte der Preis für Boateng, der erst ein Spiel gemacht und fußballerisch sicher noch Potenzial nach oben hat, am Ende doch vielleicht zu hoch sein für Schalke.