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Bitte kein Comeback!

Bernd Riegert11. März 2015

Kehrt der Polit-Zombi Berlusconi zurück? Nach einem Freispruch könnte der italienische Obermacho die Rückkehr auf die politische Bühne versuchen, fürchtet Bernd Riegert.

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Italien Berlusconi Senat
Bild: Reuters

Er hat es schon wieder geschafft! Dank eines fragwürdigen, aber letztinstanzlichen Urteils bleiben Silvio Berlusconis Bunga-Bunga-Partys mit einer minderjährigen Prostituierten straffrei. Seit über zwanzig Jahren legt sich der ehemalige Ministerpräsident mit der italienischen Justiz wegen diverser Vergehen an und windet sich immer wieder heraus. Er kann triumphieren, denn der Rechtsstreit wegen der Rudelpartys des 78 Jahre alten Lustgreises war der gefährlichste. Es hätte tatsächlich zum ersten Mal eine Haftstrafe gedroht, wenn er wirklich verurteilt worden wäre. Politisch war der geschickte Strippenzieher Berlusconi nie ganz tot, aber doch ziemlich an den Rand gedrängt. Jetzt könnte er ein politisches Comeback versuchen und das bisschen Stabilität und Hoffnung, das der sozialdemokratische Ministerpräsident Matteo Renzi Italien gebracht hat, wieder gefährden.

Hält der Pakt mit Renzi?

Renzi hatte mit Berlucsoni paktiert, als er ihn brauchte, um ein neues Wahlrecht durchzusetzen. Berlusconi kommandiert als Vorsitzender seiner ganz auf seine Person zugeschnittene Partei "Forza Italia" entscheidende Stimmen im italienischen Senat, einer der beiden Gesetzgebungskammern. Matteo Renzi hatte sich mit Berlusconi eingelassen, um wenigstens einen Teil seiner ehrgeizigen Reformen vorantreiben zu können.

Deutsche Welle Bernd Riegert
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Das Verhältnis der beiden Männer war gut, bis Renzi im Februar einen Politiker zum Staatspräsidenten wählen ließ, den Berlusconi strikt ablehnt. Präsident Sergio Mattarella war Verfassungsrichter. Die Justiz hält Silvio Berlusconi sowieso für eine Ansammlung "Terroristen" oder "Taliban", die sich gegen ihn, den unbescholtenen Selfmade-Milliardär, verschworen hat. Berlusconi hat bereits seinen Widerstand gegen weitere Vorhaben von Renzi angekündigt, auch die eigentlich beschlossene Reform des Senates zur Entrümpelung der italienischen Gesetzgebung lehnt Berlusconi jetzt plötzlich wieder ab.

Gestärkt durch die Bestätigung seines Freispruchs im Bunga-Bunga-Verfahren könnte Silvio Berlusconi versuchen, erneut ein politisches Amt zu erobern. Zwar darf er wegen Steuerhinterziehung bis 2019 eigentlich keinen Posten mehr bekleiden, aber auch für diesen misslichen Umstand hat der gewiefte Taktiker schon eine Lösung eingefädelt. Mit Renzi handelte Berlusconi um die Weihnachtszeit letzten Jahres aus, dass die Strafen für Steuerhinterziehung so abgemildert werden, dass er nicht mehr betroffen wäre. Da in Italien Strafen auch rückwirkend ermäßigt werden, könnte Berlusconi mit Hilfe legaler Tricks sein politisches Betätigungsverbot frühzeitig loswerden.

Das hat Italien nicht verdient

Ja, aber den wählt doch keiner mehr, könnte man außerhalb Italiens meinen. Es gibt aber Meinungsforscher, die Berlusconi immer noch 20 Prozent der Stimmen zutrauen, sogar mehr, wenn es ihm gelingt, die zerstrittene konservative Opposition wieder hinter sich zu einen. Silvio Berlusconi, der Cavaliere, hat immer noch viele Fans, nicht gerade unter den Frauen, die 2011 zu Zehntausenden gegen ihn protestiert haben. Auch in Europa erfährt er wenig Zuspruch. Im Herbst 2011 setzten ihn die konservativen Parteifreunde aus Deutschland und Frankreich, Angela Merkel und Nicolas Sarkozy unter Druck, weil Berlusconi sich beharrlich in der Euro-Krise Reformen und einer sinnvollen Haushaltspolitik verweigerte. Als dann seine Regierung zerbrach, trat er schließlich zurück. Seither treiben seine politischen Vorstellungen seltsame Blüten. Schuld sind immer die anderen, vor allem Deutschland.

Italien und Europa wäre ein politisches Comeback des ewigen Berlusconi wahrlich nicht zu wünschen. Italien würde ins Chaos abgleiten und Europa hätte einen Politiker am Hals, der den russischen Präsident Wladimir Putin zu seinen engen persönlichen Freunden zählt. Manche Beobachter sagen, nicht nur die Gesichtszüge Berlusconis seien durch zahlreiche Schönheitsoperationen erstarrt, auch sein Intellekt sei starr geworden. Wenn schon nicht an einer erektilen Dysfunktion, leidet der Mann vermutlich an einer kognitiven Dysfunktion. Mit 78 Jahren sollte der greise Macho in Rente gehen und sich seinen Hobbys wie dem Singen und den Partys auf seinem Lustschloss bei Mailand widmen.