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Kommentar: Außenpolitik in Krisenzeiten

Bettina Marx26. Februar 2015

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat die deutsche Außenpolitik intensiv auf den Prüfstand gestellt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen, meint Bettina Marx aus dem DW-Hauptstadtstudio.

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Peru Frank-Walter Steinmeier Pressekonferenz in Lima Foto: EPA
Bild: picture-alliance/dpa/P. Aguilar

Zwei Abteilungen des Auswärtigen Amtes werden zusammengelegt, eine neue Abteilung wird geschaffen, Routinearbeiten werden abgeschafft und neue Schwerpunkte gesetzt. Auf den ersten Blick sehen die Ergebnisse von "Review 2014" nicht besonders spektakulär aus. Unter dieser Überschrift hat das Auswärtige Amt mehr als ein Jahr lang die Außenpolitik auf den Prüfstand gestellt, mit Experten, mit der Öffentlichkeit und mit den Mitarbeitern des Amtes.

Was läuft richtig und was falsch? Wie muss die neue deutsche Außenpolitik aussehen? Wie wird Deutschland seiner gestiegenen internationalen Bedeutung gerecht? Das waren die Fragen, die dabei diskutiert wurden und die nun in die organisatorische Umgestaltung des Auswärtigen Amtes münden. Binnen 18 Monaten soll die Mammut-Behörde fit gemacht werden für die neuen Herausforderungen, die den deutschen Außenminister und seine Mitarbeiter kaum zur Ruhe kommen lassen.

Ein einzigartiger Nachdenkprozess im Krisenjahr

Diese Ergebnisse also mögen nicht spektakulär klingen. Aber der Prozess, den Steinmeier mit dem "Review 2014" bei seinem Amtsantritt angestoßen hat, ist wahrlich außergewöhnlich, ja er ist einzigartig. Zum ersten Mal hat ein deutscher Außenminister in solch umfassender Offenheit sein Ministerium auf den Prüfstand gestellt und außenpolitische Themen in die Öffentlichkeit getragen. Auf mehr als 60 Veranstaltungen überall in Deutschland, bei Podiumsdiskussionen und in Internetchats wurde über Außenpolitik und über die neue Rolle Deutschlands in der Welt diskutiert und jeder konnte mitmachen.

Kommentarfoto Bettina Marx Hauptstadtstudio
Bettina Marx, Korrespondentin im DW-HauptstadtstudioBild: DW/S. Eichberg

Und was noch bemerkenswerter ist: dieser öffentliche Nachdenkprozess wurde über das ganze Jahr 2014 fortgesetzt und durchgehalten, obwohl Steinmeier und seine Mitarbeiter in diesem Krisenjahr gefordert wurden wie nie zuvor. Das Vorrücken der Terroristen im Irak und in Syrien, der Gazakrieg im letzten Sommer, der Ausbruch von Ebola in Westafrika und natürlich die Ukraine-Krise – es gab kaum eine Atempause in diesem Katastrophenjahr. Es ist daher eine wirklich bewundernswerte Leistung von Steinmeier und seinen Mitarbeitern, das Nachdenken über deutsche Außenpolitik gerade in dieser turbulenten Zeit nicht aufgegeben zu haben und der Hektik der Krisendiplomatie die Besonnenheit einer ruhigen und sachlichen Diskussion gegenübergestellt zu haben.

Quotenkiller Außenpolitik?

Dabei zeigte sich, dass Außenpolitik keineswegs das Langweiler-Thema ist, als das sie gerne dargestellt wird, der Quotenkiller im Fernsehen, das Fachgebiet, mit dem sich kein Politiker befassen will und mit dem kein Wahlkampf zu bestreiten ist. Die Veranstaltungen des "Review 2014" waren gut besucht, der Internetchat fand regen Zuspruch und die internationalen Experten, deren Meinung und Diskussionsbeiträge abgerufen wurden, zeigten sich beeindruckt von der offenen und öffentlichen Debatte über die deutsche Rolle in der Welt.

Wie sieht die neue deutsche Außenpolitik nun also aus? Darauf hat Steinmeier zum Abschluss des "Review"-Prozesses die einzig mögliche Antwort gegeben: es gebe nicht nur die Alternative zwischen "folgenlosem diplomatischem Gerede und Militäreinsätzen". Dazwischen verfüge die Außenpolitik über eine große Auswahl an Instrumenten, die er weiterentwicklen will, etwa in der zivilen Krisenprävention. Wie erfolgreich er diese Werkzeuge in den nächsten Jahren einsetzen wird, daran wird sich Steinmeier messen lassen müssen.