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Afghanistan-Konferenz ohne neue Impulse

Florian Weigand4. Dezember 2014

Wenn die afghanischen NGOs und internationalen Hilfsorganisationen weiter zersplittert bleiben, wird es kein neues Geld aus dem Westen geben, meint Florian Weigand.

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Symbolbild Hilfsorganisationen in Afghanistan (Foto: picture alliance/Tone Koene)
Bild: picture alliance/Tone Koene

Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis - oder beruft, auf größerer Ebene, eine Konferenz. Zwei Tage lang berieten NGOs, Hilfsorganisationen und Spitzenpolitiker, wie sie dem Schlamassel in Afghanistan mit zivilen Mitteln Herr werden können. Innovative Ideen waren aber rar, obwohl sie bitter nötig wären.

Denn die Bilanz von 13 Jahren internationalem Engagement ist erschütternd. Noch immer hängt Afghanistan zu 90 Prozent am Tropf der internationalen Hilfe. Korruption, Kriminalität und politische Gewalt sind immer noch die Schlagwörter, die die Welt mit Afghanistan verbindet. In drei Wochen endet der bisher kostspieligste Einsatz der Nato und während die meisten Soldaten in den Feldlagern bereits fleißig ihre Sachen packen und in Gedanken schon in der Heimat sind, rollt eine neue Welle der Gewalt durch das Land. Waren 13 Jahre Einsatz und Milliarden von Hilfsgeldern umsonst?

Nicht ganz: Schulen wurden gebaut und die Bildung, vor allem für Mädchen, verbessert. Dank einer lebendigen Medienlandschaft, der Verbreitung von Smartphones und Internet sind die Afghanen enger mit der Welt verbunden denn je. Und sie haben gezeigt, dass sie willens und fähig sind, Demokratie zu leben. In Scharen sind sie bei den Präsidentschaftswahlen zu den Urnen geeilt und haben während des sechsmonatigen Prozesses mit zwei Wahlgängen unendliche Geduld gezeigt. Wahlfälschungen gab es zwar im großen Umfang. Schuld daran trug aber nicht der einfache Wähler, sondern die Mächtigen in Kabul und ihre Handlanger in den Wahlbüros.

Florian Weigand (Foto: DW)
Florian Weigand, Leiter des Paschtu- und Dari-AngebotsBild: DW/P. Henriksen

Doch die internationalen Geldgeber sind müde geworden, neue Zusagen gab es in London nicht. Und schon jetzt spüren afghanische NGOs und ausländische Hilfsorganisationen, dass die Mittel immer knapper werden. Die Regierungen im Westen geben zwar immer noch viel Geld aus, kappen aber die Budgets für den zivilgesellschaftlichen Aufbau und Demokratisierung. Lieber investieren sie in vorzeigbare Hardware, als sichtbaren Erfolgsbeweis für die Steuerzahler und Wähler daheim. Auch die neu zugesagten Millionen aus Deutschland fokussieren sich auf Straßenbau, Elektrifizierung, Krankenhäuser - und natürlich Sicherheit.

Das wird sich auch nicht ändern, wenn die afghanischen NGOs weiter vor allem Nabelschau betreiben und jede ihr eigenes Süppchen - notfalls auch auf Sparflamme - kocht. Ein neues Frauenprogramm hier, eine Friedensinitiative dort - was fehlt, ist eine Gesamtstrategie, die die Geldgeber überzeugt und unter der sich alle Kräfte sammeln können. Dies ist bitter nötig, mehr als immer nur neue Finanzspritzen. London brachte da keinen Fortschritt. Von der Entwicklung einer lebensbejahenden, engagierten und schlagkräftigen Zivilgesellschaft wird es aber abhängen, ob der liberale Lehrer, Ingenieur oder Journalist im Land bleiben kann. Man mag sich angesichts der schier täglichen Gewalt die Augen reiben, aber der Wille dazu ist noch da: Als ich kürzlich einen jungen Kollegen aus Kabul fragte, warum er trotz Abschluss in Oxford nach Afghanistan zurückkehrte und dort ausharren will, antwortete er lapidar: "Weil es mein Land ist!"