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Chemie treibt Elektromobilität

12. April 2011

Beim Bau von Elektroautos rücken Autobauer, Zulieferer und die Chemiebranche enger zusammen. Daimler und Bosch wollen sogar ein gemeinsames Unternehmen gründen, um E-Antriebe zu bauen - ein Novum in der Autobranche.

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Das Elektromobil "Wind Explorer" durchquerte 2011 Australien (Foto: EVONIK Industries)
Der Wind Explorer schaffte 400 Kilometer mit einer BatterieladungBild: EVONIK Industries

Geht es nach der Bundesregierung, sollen im Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. Bis dahin sind aber noch viele Herausforderungen zu meistern. Um die teure Entwicklung von Elektroautos finanzierbar zu machen, rücken inzwischen die beteiligten Branchen enger zusammen. Bosch und Daimler gründen sogar ein gemeinsames Unternehmen, in dem künftig Motoren gebaut werden. Auch wenn es vorher schon Kooperationen bei der Entwicklung von Komponenten gab - eine derartig enge Zusammenarbeit ist neu. Hintergrund ist, das Elektromotoren nur dann bezahlbar hergestellt werden können, wenn mehr Motoren gebaut werden, als Daimler für seine Fahrzeuge braucht.

li-Tec Batterie für Elektroautos - Zusammenarbeit von Evonik und Daimler (Foto: DW/Sesilia Pappert)
So unscheinbar - aber der Inhalt ist High-TechBild: DW/Sesilia Pappert

Automobil- und Maschinenbau, die Chemie, die Elektroindustrie und die Informationstechnik - sie alle haben inzwischen erkannt, dass sie nur gemeinsam gute Ergebnisse erzielen können. Produzent und Zulieferer, diese Trennung hebt sich innerhalb der Wertschöpfungskette immer mehr auf. So entwickelt der Chemieriese BASF gemeinsam mit dem Automobilbauer Opel neue Leichtbau-Karosserien, BMW managt die Rohstoffversorgung gemeinsam mit der SGL Group, die auf mit Carbonfasern verstärkte Werkstoffe spezialisiert ist und der Brennstoffzellenhersteller 3M hat mit Daimler ein mit Wasserstoff und Brennstoffzellen angetriebenes Auto entwickelt.

So ist es bereits gelungen, eine ganze Reihe von innovativen Ideen in fertige Produkte umzusetzen und die Entwicklung neuer Werkstoffe läuft auf Hochtouren. Im Batteriebau beispielsweise konnten die Separatoren, die die elektrischen Komponenten trennen, damit es keinen Kurzschluss gibt, aus flexibler Keramik hergestellt und damit hitzebeständig gemacht werden. Karbonfaserverstärkte Werkstoffe machen Karosserien nicht nur leichter, sondern auch fester und damit sicherer. Bei der BASF wird das Wärme- und Kältemanagement erforscht. Schäume sollen die Karosserien isolieren und es werden Folien entwickelt, die zwar das Licht durch die Autoscheiben lassen, die Wärmestrahlung jedoch reflektieren.

Staatliche Förderung

Aus einem Elektrofahrzeug steigt Batterieentwickler und Fahrer Mirko Hannemann vor dem Brandenburger Tor (Foto: dpa)
Auch dieses Elektroauto schaffte 600 Kilometer mit einer BatterieladungBild: picture-alliance/dpa

Weltweit ist der Wettlauf um die Führerschaft bei der Elektromobilität längst entbrannt. Inzwischen werden Forschung und Entwicklung groß geschrieben, nachdem sie gerade auch in Deutschland jahrzehntelang vernachlässigt worden sind. 500 Millionen Euro hat die Bundesregierung im Rahmen ihres Konjunkturpakets II für die Forschung zur Verfügung gestellt. Ende des Jahres wird das Sonderprogramm zwar auslaufen, doch der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto versichert, dass es 2012 ein Anschlussprogramm mindestens in der gleichen Höhe geben soll. "Wir wollen Leitmarkt für Elektromobilität werden und mehr noch: Deutschland soll auch Leitanbieter für Elektromobilität werden", so Otto. Dafür habe Deutschland alle Chancen: "In allen Branchen, auf die es in der Elektromobilität ankommt, ist die deutsche Industrie führend."

Schlüsselbranche: Chemie

Eine überaus wichtige Rolle bei der Entwicklung von Elektroautos spielt die Chemiebranche. Sie liefert das Know-how für das Herz der Fahrzeuge, für die Batterien. "Eine Batterie, genauer gesagt ihr Herzstück, also die Zellen, bestehen aus einer Vielzahl von Spezialchemikalien." Leistungsfähigkeit, Lebensdauer und Speicherfähigkeit würden entscheidend durch die Chemie der Elektroden, des Separators und der Elektrolyte bestimmt, so der Präsident des Chemie-Verbandes Klaus Engel. "Und so wie heute der Motor entscheidend ist für die Leistungsfähigkeit des Autos, so wird es beim Elektroauto die Batterie sein."

Leistung, Sicherheit, Kosten, Verfügbarkeit und Langlebigkeit, das sind die fünf entscheidenden Kriterien, an denen Hochleistungsbatterien gemessen werden, sagt Henrik Hahn, Geschäftsführer der Litarion GmbH, die Komponenten für Lithium basierte Energiespeicher herstellt. "Das ist wie beim Kuchen backen: Dem Kuchen sieht man nicht an, was wirklich drin ist, aber man schmeckt es." In den Batterien stecke viel Know-how. Es komme beispielsweise darauf an, wie Elektroden, Separatoren, Elektrolyte gestaltet werden. "Wie sehen die Rezepte aus und wie sehen die Prozesstechnologien aus, um Batterien automobiltauglich zu machen."

"Ein technisches Wunderwerk"

Ein großes Problem ist zurzeit noch die relativ geringe Reichweite der Fahrzeuge. Allerdings geht es auch anders, wie zwei deutsche Extremsportler im Januar 2011 bewiesen. Mit einem zweisitzigen Elektromobil durchquerten sie Australien. Angetrieben wurde das "Wind-Explorer" genannte Fahrzeug mit einer Batterie, die unterwegs mit Hilfe eines mobilen Windrads aufgeladen wurde. Ein technisches Wunderwerk, so sagt Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender der Evonik Industries AG, die das Projekt auf die Beine gestellt hat.

Ein Strom-Ladekabel steckt am Ladestecker eines Elektro-Fahrzeuges (Foto: AP)
Viele Fragen sind noch ungeklärt, so auch: Wie sollen Batterien aufgeladen werden?Bild: AP

"Wir haben alle Komponenten, die für die Zukunft der Elektromobilität wichtig sind, in einem - zugegebenermaßen experimentellen - Fahrzeug zusammengepackt," erzählt Klaus Engel gegenüber DW-World.de. Eine Hochleistungs-Lithium-Ionen-Batterie, Leichtbauelemente, High-Tech-Reifen, die für einen optimierten Rollwiderstand sorgen - so konnte das Elektrofahrzeug einmal quer durch ganz Australien fahren, fast 5.000 Kilometer.

Von einer solchen Leistung sind herkömmliche Elektromobile noch weit entfernt. 400 Kilometer schaffte der Wind-Explorer in Australien mit nur einer Batterie-Ladung. Das war aber nur möglich, weil das experimentelle Elektromobil lediglich 200 Kilogramm auf die Waage brachte. Dagegen wiegt ein herkömmlicher Mittelklassewagen mehr als fünfmal so viel.

Staatliche Förderung begrenzt

Innovationen für Elektromobilität kosten viel Geld und werden die Fahrzeuge zunächst sehr teuer werden lassen. Das ist ein Problem, denn es wird entscheidend auch vom Preis abhängen, wie schnell sich Elektrofahrzeuge im Alltag durchsetzen werden. Die Industrie fordert daher von der Politik, den Kauf von Elektromobilen finanziell zu fördern, wie es auch in anderen Ländern angedacht ist. Am liebsten wäre den Unternehmen eine Kaufprämie, doch da stellt sich die Bundesregierung stur. Weitere Subventionen, so heißt es, werde es auf keinen Fall geben.

Autor: Sabine Kinkartz / Insa Wrede
Redaktion: Zhang Danhong