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Gesetz gegen Sozialmissbrauch

Nina Werkhäuser27. August 2014

Die Bundesregierung will dem Missbrauch von Sozialleistungen durch Einwanderer aus weniger wohlhabenden EU-Staaten einen Riegel vorschieben. Das Kabinett beschloss schärfere Kontrollen und Wiedereinreiseverbote.

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Symbolbild "Armutszuwanderung" in Deutschland, Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Mit der überwiegenden Mehrheit der Zuwanderer aus anderen EU-Staaten gebe es keine Probleme, betonte Innenminister Thomas de Maizière (CDU); die europäische Freizügigkeit bei der Wahl des Wohn- und Arbeitsorts sei ein hohes Gut. Da immer mehr Menschen nach Deutschland einwanderten, würde die Freizügigkeit aber auch missbraucht, um beispielsweise Kinder- oder Arbeitslosengeld zu erschleichen.

"Es gibt kein flächendeckendes Problem der Armutszuwanderung aus europäischen Staaten", sagte de Maizière, "aber es gibt ein erhebliches Problem in einigen Regionen." Um die betroffenen Kommunen finanziell zu unterstützen und Missbrauch künftig zu unterbinden, hat das Kabinett am Mittwoch einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht.

Strengere Kontrollen

Ein ganzes Bündel von neuen Regeln soll verhindern, dass Antragsteller unrechtmäßig staatliche Leistungen beziehen. "Wir wollen das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche auf sechs Monate befristen", sagte de Maizière, "und wir wollen die Erschleichung von Aufenthaltsbescheinigungen unter Strafe stellen." Nach einem Missbrauch können künftig befristete Wiedereinreisesperren verhängt werden.

Arbeitsministerin Andreas Nahles (l.) und Innenminister Thomas de Maizière während der Pressekonferenz, Foto: dpa
Arbeitsministerin Andrea Nahles und Innenminister Thomas de MaizièreBild: picture-alliance/dpa

Wer Kindergeld beantragt, kann dies künftig nur noch mit einer steuerlichen Identifikationsnummer tun - das soll Doppelanträge in verschiedenen Kommunen verhindern. Der Nachweis einer Beschäftigung in Deutschland, etwa durch die Anmeldung eines Gewerbes, wird strenger kontrolliert werden. "Wenn jemand, der kein Wort Deutsch kann, mit einem perfekt ausgefüllten Kindergeldantrag und dem Antrag auf Erwerbstätigkeit kommt, aber nicht sagen kann, welches Gewerbe er denn ausüben möchte, dann ist das ein Anhaltspunkt für eine Scheinselbständigkeit", nannte der Innenminister ein Beispiel aus der Praxis. Es sollen aber auch die Zuwanderer selbst vor Mietwucher oder der Ausbeutung auf dem sogenannten "Arbeiterstrich" geschützt werden, auf dem sie ihre Dienste tageweise zu Billiglöhnen anbieten.

"Wer betrügt, der fliegt"

Die wachsende Zahl von Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien - häufig Roma - hatte im letzten Jahr zu einer hitzigen Debatte in Deutschland geführt. "Wer betrügt, der fliegt", lautete damals die Parole der mitregierenden CSU, die ihre Positionen nun im Gesetzentwurf verwirklicht sieht. Der Missbrauch betreffe nur Einzelfälle, beklagte die Opposition, das sei Stimmungsmache gegen Zuwanderer. Schon der Begriff "Armutszuwanderung" sei diskriminierend, kritisierte die Linke. Das Recht auf Freizügigkeit müsse endlich vernünftig umgesetzt werden, die Kommunen müssten dazu mehr Mittel erhalten. Schärfere Gesetze führten zur weiteren Stigmatisierung von Einwanderern und Flüchtlingen.

Zeltstadt für Flüchtlinge in Duisburg, Foto: dpa
Zeltstadt für Flüchtlinge in DuisburgBild: picture-alliance/dpa

Das Kabinett hatte im Januar einen ressortübergreifenden Ausschuss eingesetzt, der die Fakten zusammentragen und die Debatte damit "versachlichen" sollte. Der Bericht des Ausschusses floss in den Gesetzentwurf ein, der noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll. "Wir müssen da jetzt Dampf machen", sagte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) mit Verweis auf die Nöte der Kommunen - etwa die Stadt Duisburg, die eine Zeltstadt für Flüchtlinge gebaut hat. Ihnen stellt der Bund 25 Millionen Euro Soforthilfen in Aussicht, um Unterkünfte für Asylbewerber zu bauen.

Innenminister de Maizière erklärte, rund 26 Prozent aller Asylbewerber kämen aus den Balkanstaaten. "Das erschwert die Zustimmung für die Aufnahme von Asylbewerbern, die wirklich Schutz verdienen", betonte der Minister mit Blick auf Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak.