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Klimawandel macht keine Pause

Judith Hartl24. September 2013

Seit bekannt wurde, dass die Erderwärmung trotz aller Prognosen pausiert, sind Klimaforscher in Erklärungsnot. Ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel - und mehr noch: auch die Gesundheit unseres Planeten.

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Ein Passagier schaut aufs Meer zum Wirbelsturm "Irene" (Foto: Picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Seit 15 Jahren steigt die globale Temperatur nicht mehr an. Müsste sie aber - laut Modellrechnungen der Klimaforscher. Eigentlich müsste es längst viel wärmer sein. Fällt also der Klimawandel aus? Nein, sagen Wissenschaftler auf dem Extremwetterkongress (23.-27.09.2013) in Hamburg. Denn die Menge an Kohlendioxid, CO2, nimmt weiter kräftig zu und dieses Treibhausgas ist zu einem großen Teil dafür verantwortlich, dass sich die Erde erwärmt. Auch der Meeresspiegel steigt unvermindert an, betont Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel: "Die Atempause bezieht sich ausschließlich auf die Oberflächentemperatur des Meeres. Wir dürfen daraus nicht schließen, dass der gesamte Klimawandel ruht."

Wärmespeicher Ozean

Mojib Latif ist ein sehr ruhiger, beherrschter Mensch. Für seine Verhältnisse wird er fast ungehalten, wenn er immer und immer wieder versichern und erklären muss, weshalb der Klimawandel kein Ammenmärchen ist. Immerhin hatte er schon 2008 - zum Entsetzen vieler Kollegen - die Vermutung geäußert, dass der Temperaturanstieg stagnieren könnte.

Klimaforscher Mojib Latif (Foto: Jan Steffen/GEORMAR).
Mojib Latif hatte schon 2008 vermutet, dass die Erderwärmung einmal pausieren könnteBild: Jan Steffen/GEOMAR

Weil vor allem die Ozeane, die immerhin zwei Drittel der Erdoberfläche ausmachen, in der Lage seien, für längere Zeit Wärme zu speichern. Vor allem in der Tiefsee - also unterhalb 800 Metern Tiefe. Diese Vermutung klingt plausibel und wird auch von vielen Forschern geteilt, doch es gibt nur wenige verlässliche Messdaten aus dem dunklen Lebensraum. Deswegen betont Latif unablässig, wie wichtig es sei, die tiefen Schichten der Ozeane besser zu erforschen: "Wir kennen die Oberfläche des Mondes, aber wissen wenig über die Tiefsee", beklagt er.

Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Klar ist: Das Klima ist hochkomplex. Kein Forscher kann mit absoluter Sicherheit sagen, welche Faktoren mit welcher Intensität an der Entwicklung des Klimas teilhaben. Immer wieder werden Modellrechnungen angepasst und Computersimulationen verfeinert. So nähert man sich peu à peu der Realität an. Doch das Problem beim Klimawandel ist: Zu oft und viel zu früh wurden Weltuntergangsszenarien entworfen und vor dramatischen und Existenz bedrohenden Folgen der Klimaerwärmung gewarnt.

Die Meldung, dass es nun doch nicht wärmer wird, habe die Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit stark beschädigt, sagt Meteorologe Sven Plöger. Bei den Menschen wachsen die Zweifel: "Nur noch 39 Prozent der Deutschen 'fürchten' den Klimawandel, vor ein paar Jahren waren es noch über 60 Prozent." Und diese Nachricht ist eine Steilvorlage für all diejenigen, die den Klimawandel bestreiten, schimpft Plöger, also für die sogenannten Klimaskeptiker. Seiner Meinung nach sind das industrienahe "Interessengruppen, die bestimmte Ziele verfolgen".

TV-Meteorologe Sven Plöger (Foto: dpa - Bildfunk).
Der Meteorologe Sven Plöger: "CO2 müsste erst stinken, dass es die Leute stört"Bild: picture-alliance

Stinkendes CO2

Dabei sei Skepsis sehr wichtig, betont Plöger. Jeder Wissenschaftler müsse seine Arbeit ständig hinterfragen. Auch unter Klimaforschern würden immer wieder unterschiedliche Standpunkte diskutiert. Doch über eines sei man sich einig: dass der Mensch zur Erderwärmung beiträgt. Unter anderem, indem er massenweise CO2 in die Luft freisetzt. Das muss radikal reduziert werden, auch da sind sich die Klimaforscher weitgehend einig. Mojib Latif nennt sogar Zahlen: "Eine Reduzierung von 80 Prozent wäre erforderlich und müsste überall auf der Welt umgesetzt werden."

Ein ehrenhaftes Ziel, mag man da denken. Aber angesichts der zähen internationalen Klimaverhandlungen, die nicht von der Stelle kommen und angesichts der Blockadehaltungen der USA, Chinas und auch Polens, eher eine unrealistische Forderung. Leider sei CO2 unsichtbar und geruchslos und störe so niemanden, beklagt Sven Plöger. "Würde es stinken und würde der Gestank mit mehr CO2 schlimmer und schlimmer - was denken Sie, wie schnell dafür gesorgt werden würde, dass das Zeug verschwindet?"