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Kleine Beträge, großer Nutzen

Sabine Kinkartz30. April 2013

Crowdinvesting für Startups ist ein neues Finanzierungsmodell, bei dem eine Vielzahl von Privatpersonen bereits ab ein paar Euro Beteiligungen an jungen Unternehmen erwerben können. Hat das Zukunft?

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10.12.2012 DW SHIFT Crowdfunding
10.12.2012 DW SHIFT Crowdfunding

Die Idee ist so einfach wie genial: Durchschnittlich eine Stunde pro Tag werden Privatwagen genutzt, die restliche Zeit stehen sie ungenutzt am Straßenrand oder in der Garage. Warum also vermieten die Eigentümer ihre Autos während dieser Zeit nicht an andere Autofahrer? Möglich machen will das das Onlineportal Carzapp mithilfe einer kleinen Hardware-Box, die in das Fahrzeug eingebaut wird.

"Mit der Box wird es möglich, sein Auto auch dann zu vermieten, wenn man sich nicht persönlich mit dem Mieter zur Schlüsselübergabe treffen kann", erklärt Gründer Oliver Lünstedt. Das Auto lässt sich mit dem Smartphone öffnen, im Fahrzeuginnern liegt ein zweiter Zündschlüssel bereit. Was sich wie eine utopische Zukunftsvision anhört, befindet sich in Berlin bereits in einer erweiterten Testphase. Eine Auto-Versicherung, die in dem Geschäft mehr Chancen als Risiken sieht, ist gefunden und auch die Finanzierung steht.

Screenshot der Seite: https://www.seedmatch.de/startups/carzapp/uebersicht vom 26.4.2013. Copyright: www.seedmatch.de
Das Finanzierungsziel innerhalb kürzester Zeit erreicht: CarzappBild: seedmatch.de

Viele kleine Investoren

Über die Onlineplattform Seedmatch hat Carzapp 250.000 Euro von 363 privaten Investoren eingesammelt. Das Geld ist ein Darlehen mit einer festgelegten Laufzeit, das eine festgelegte Rendite, zum Beispiel auch im Fall eines Verkaufs oder Börsengangs des Unternehmens bringt. "Wenn es keinen 'Exit' gibt und jemand das Geld wiederhaben will, dann kann er nach der Mindestlaufzeit für den Kredit, die etwas mehr als fünf Jahre beträgt, am Erfolg des Unternehmens partizipieren, indem er sich auf der dann aktuellen Unternehmensbewertung auszahlen lässt", so Lünstedt.

Das funktioniert natürlich nur, wenn das Unternehmen Erfolg hat. Rechtlich gesehen geben die Investoren ein sogenanntes partiarisches Nachrangdarlehen, das heißt, es ist ein Risikoinvestment, bei dem das Geld bis auf den letzten Cent weg sein kann.

Begeisterung ist Voraussetzung

Seedmatch.de ist im August 2011 als erste Crowdfunding-Plattform in Deutschland an den Start gegangen. Sieben laufende und vier abgeschlossene Investmentangebote sind aktuell auf der Homepage zu finden. Die Mindesteinlage beträgt 250 Euro. Deutlich weniger, nämlich fünf Euro sind es bei der Plattform Companisto.de, die erst seit acht Monaten online ist. Rund 1,2 Millionen Euro wurden in dieser Zeit eingesammelt.

Screenshot der Seite: https://www.companisto.de/ vom 26.4.2013. Copyright: Companisto.de
Immer wieder neue Ideen: Homepage von Companisto.deBild: Companisto.de

Für Geschäftsführer Tamo Zwinge ist das auch Ausdruck einer neuen Interaktion zwischen Konsumenten und Produzenten. "Es gibt immer eine Mischung von Motivationen, warum man sich an einem Unternehmen beteiligt", sagt er. Beim Crowdfunding sei die Motivation sehr hoch, das Unternehmen unterstützen zu wollen. "Man sagt, das ist ein tolles Team, das ist ein tolles Geschäftsmodell, ich finde klasse, was die machen und ich möchte, dass dieses Produkt eingeführt wird."

Auf den Online-Plattformen stellen sich die Gründer in der Regel mit einem Video vor, potenzielle Investoren können Fragen stellen und man hat Einsicht in einen kurzen Business-Plan, in dem man nachlesen kann, was die Unternehmen machen.

Von Deutschland in alle Welt

Crowdfunding ist grundsätzlich keine neue Erfindung. Die Idee, viele kleine Investments zu einer großen Summe zusammenzufassen, stammt ursprünglich aus dem künstlerischen Bereich. Hier erhält der Geldgeber üblicherweise aber nur eine symbolische Gegenleistung, wie zum Beispiel eine CD oder ein signiertes Foto. In den USA gibt es unzählige Plattformen, auf denen Millionensummen eingesammelt werden.

Das Crowdinvesting ist eine Weiterentwicklung des Crowdfunding. Es geht nun zusätzlich um ein Geschäft, an dem alle Seiten verdienen wollen und sollen. Auch die Vermittlungsplattform bekommt, wenn ein Unternehmen überzeugt und die gewünschte Summe einsammelt, vom jeweiligen Startup ein Erfolgshonorar in Höhe von 5 bis 10 Prozent der gefundeten Summe.

Es gebe einen großen Bedarf für Crowdinvesting, meint Companisto-Geschäftsführer Zwinge, weil damit ein Unternehmen in einer sehr frühen Phase finanziert werde, die vielleicht noch zu früh für institutionelle Investoren wie große Venture Capital Gesellschaften oder große Fonds sei. Die würden meistens erst später in Unternehmen einsteigen. "Von daher wird sich Crowdinvesting immer weiter auch international etablieren und das hat es im letzten halben Jahr auch schon", sagt Zwinge, der Wert darauf legt, dass Crowdinvesting eine europäische Erfindung sei. "Wir sind in Deutschland da ein internationaler Vorreiter, von hier aus hat es sich in Europa verbreitet und kommt jetzt auch in die USA."

Investoren haben Mitspracherecht

Florian Späthelf, der auf Companisto für sein Start-up Spielzeugkiste in nur elf Tagen 100.000 Euro einsammeln konnte, entschied sich auch aus strategischen Gründen für das Crowdinvesting. Die Idee, über das Internet Spielzeug zu verleihen, war in seinem unmittelbaren Familien- und Freundeskreis nicht nur gut angekommen, er hatte aus diesem Kreis auch viele Änderungsvorschläge für sein Konzept erhalten.

"Wir wussten, wenn wir über Companisto unser Unternehmen finanzieren, dann würden da viele Eltern und Großeltern unter den Investoren sein, die gleichzeitig unsere Kunden sein könnten", so Späthelf. "Daher beziehen wir unsere Crowd stark in die Produktentwicklung mit ein. Wir machen Umfragen dazu, welche Spielzeuge sie in den nächsten Kisten sehen wollen, wo sie etwas vermissen, welche Erfahrungen sie mit den Kisten gemacht haben, wo wir etwas verbessern können." Das Feedback sei stets sehr ehrlich und damit auch sehr hilfreich.

Risiken bleiben

Diese Offenheit birgt natürlich auch Gefahren. Wer sich auf den Crowdinvesting-Plattformen umsieht, bekommt frei Haus mehr als nur eine Geschäftsidee geliefert, die sich mit ein paar Clicks eventuell leicht nachbauen lässt. Das wissen die Gründer. Vor potenziellen Nachahmern sei man aber nie geschützt, sagt Florian Späthelf, denn Geschäftsideen seien in Deutschland nicht durch das Urheberrecht geschützt. Da helfe nur eins: Schneller als die anderen am Markt präsent und überzeugend zu sein.