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Stärkende Worte

Miodrag Soric21. April 2014

US-Vizepräsident Biden ist in Kiew. Die Mission: Unterstützung für eine "vereinigte, demokratische Ukraine" demonstrieren. Mit mehr als stärkenden Worte ist derzeit allerdings nicht zu rechnen, meint Miodrag Soric.

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Miodrag Soric, DW-Studio Washington (Foto: DW)
Bild: DW

Vor gut einem Monat war er im Baltikum und in Polen, beruhigte die dortigen Regierungen: Die Krise auf der Krim habe keine Auswirkungen auf die Sicherheit dieser Länder. Die USA und die NATO stünden fest an der Seite ihrer östlichen Bündnispartner.

Jetzt ist Amerikas Vizepräsident Joe Biden in die Ukraine gereist. Auch hier wird er der Regierung sagen, dass sie angesichts der Krise im Osten des Landes weiter mit der Solidarität Washingtons rechnen kann. Obamas Stellvertreter wird klare Worte wählen, auch an die Adresse Moskaus. Die leisen Töne sind seine Sache nicht, waren sie noch nie. Anders als Präsident Obama, der stets kühl und beherrscht wirkt, neigt sein Vize zu Gefühlsausbrüchen, trägt sein Herz auf der Zunge.

Klare Kante?

Biden ist Teil des politischen Establishments in Washington. Seit Jahrzehnten gestaltet er die Außenpolitik des Landes maßgeblich mit. Er gehört zu den sogenannten "Interventionisten" - Politikern, die im Zweifelsfall für den Einsatz von US-Truppen im Ausland sind. Biden sprach sich in der Vergangenheit für US-Interventionen in Afghanistan, auf dem Balkan und auch im Irak aus.

Viele in Washington erwarten, dass er auch beim Ukraine-Besuch klare Kante zeigt. Er wird Moskau anklagen und die Stationierung amerikanischer Truppen in Estland und Polen befürworten. Wenn es nach ihm ginge, so ist in Washington zu hören, würde die Antwort auf Russlands Politik in der Ukraine schärfer ausfallen: härtere Sanktionen gegen Moskau, engere militärische Kooperationen mit der Ukraine oder Georgien, mehr NATO-Truppen in Rumänien oder Bulgarien.

Enttäuscht von Verbündeten

Viele Politiker in Washington sind enttäuscht, dass einige Verbündete, darunter Deutschland, nach wie vor zur Zurückhaltung gegenüber Moskau mahnen. Sie glauben, dass Präsident Putin dies als Schwäche interpretiert. Gerade jetzt aber dürfe der Westen keine Schwäche zeigen.

Zu den Politikern, die so denken, gehört auch Joe Biden. Freilich hat er gut reden: Die USA haben zwar wirtschaftlich-strategische Interessen in Russland, etwa im Hinblick auf die Rohstoffvorkommen des Landes. Doch die US-Wirtschaft ist nicht abhängig von russischem Gas. Amerikas Handel mit Russland ist gering. Ganz anders verhält es sich mit Deutschland, das enge wirtschaftliche Beziehungen mit Russland unterhält und diese nicht leichtfertig aufgeben sollte.

Kein frisches Geld für Kiew

Biden wird bei seiner Reise an den Dnjepr vor allem mit Worten die angeschlagene Regierung in Kiew stärken. Derzeit rechnet niemand in Washington damit, dass die Obama-Regierung Kiew mit frischem Geld unterstützt. Bislang hat Washington der Ukraine lediglich einen Kredit in Höhe von einer Milliarde Dollar gewährt. Auf die Frage, weshalb Amerika so knauserig sei, reagieren Kongressabgeordnete gereizt. Amerika berappt, so sagen sie bei Hintergrundgesprächen, 75 Prozent der Verteidigungsausgaben der NATO. Im Gegenzug erwartet Washington von den Europäern, allen voran den Deutschen, dass sie den wirtschaftlichen Wiederaufbau der Ukraine finanzieren.

Auch aus innenpolitischen Gründen wird es keine weiteren Milliardenhilfen der USA für die Ukraine geben. Im Herbst finden Kongresswahlen statt. Die amerikanischen Kriege der vergangenen Jahre haben viel Geld gekostet. Das anschließende "nation building", also der zivile Aufbau im Irak oder Afghanistan, war ebenfalls teuer und leider wenig erfolgreich. Kein Wunder, dass die Amerikaner nicht bereit sind, zusätzliche Milliarden für die Ukraine auszugeben. Politiker, die im Herbst gewählt werden wollen, werden dies berücksichtigen müssen. Niemand versteht das übrigens besser als Joe Biden. Er hat schon viele Wahlkämpfe durchgestanden.