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Kirkegaard zur IWF-Prognose

Gero Schließ, Washington14. April 2015

Die Wachstumsprognosen des IWF seien kein Ruhmesblatt für die Weltwirtschaft, sagt der Washingtoner Wirtschaftsexperte Jacob Kirkegaard im Interview mit der DW. Doch für Europa überwiegen die guten Nachrichten.

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Hafenanlage - Symbolbild für Weltwirtschaft (Foto: ddp images)
Bild: ddp images

DW: Der Internationale Währungsfonds hat seine Prognose für das weltweite Wirtschaftswachstum in diesem Jahr unverändert bei 3,5 Prozent belassen und sieht für 2016 ein Wachstum von 3,8 Prozent. Sind das gute Nachrichten für die Weltwirtschaft?

Jacob Kirkegaard: Insgesamt ist ein globales Wachstum von 3,5 Prozent in diesem und 3,8 Prozent im nächsten Jahr nur eine mittelmäßig gute Nachricht. Globales Wachstum unter vier Prozent ist kein Ruhmesblatt. Aber wenn wir genauer hinschauen: Die Tatsache, dass die Industriestaaten um die 2,5 Prozent wachsen, ist eine gute Nachricht. Es zeigt, dass es in den USA, Japan und den Europäischen Staaten insgesamt ganz gut läuft. Dennoch: Wo wir den Finger in die Wunde legen sollten, ist die fortgesetzte Schwäche in den Schwellenländern. Dort haben wir dieses Jahr nur ein Wachstum von 4,3 Prozent. Das ist weit unterhalb ihrer Möglichkeiten.

Was könnten die Schwellenländer besser machen?

Vieles in diesem Bereich ist diktiert von China und der kontrollierten Rückführung des Wachstums dort. Das sind tatsächlich gute Nachrichten. Da würde ich nichts anders machen. Die andere gute Geschichte ist Indien, für das jetzt mit 7,5 Prozent ein schnelleres Wachstum vorhergesagt ist als für China.

Einer der drei dicken Problemfälle unter den Schwellenländern ist offensichtlich Russland, das der IWF wahrscheinlich zu optimistisch sieht. Ich glaube, die Rezession wird tiefer sein als nur ein Minuswachstum von 3,8 Prozent.

Jacob Kirkegaard (Foto: PIIE)
Jacob KirkegaardBild: PIIE

Die andere große negative Überraschung ist Brasilien, wo wir dieses Jahr eine Rezession haben. Das ist das Ergebnis fehlender Reformen und finanzieller Konsolidierung der Regierung von Dilma Rousseff. Es gibt ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das die brasilianische Regierung umsetzen sollte, um das zu ändern.

Und schließlich leiden die ölexportierenden Wirtschaften wie die Opec-Staaten unter dem gefallenen Ölpreis. Sie müssen ihre Wirtschaft breiter aufstellen.

Der IWF hat seine Vorhersage für das Wirtschaftswachstum in den USA verringert. Müssen sich die Amerikaner Sorgen machen?

Die Tatsache, dass der IWF seine Vorhersage für die US-Wirtschaft innerhalb von drei Monaten um einen halben Prozentpunkt kürzt, ist ein bedeutsamer Umschwung. Er zeigt, dass die US-Wirtschaft durch den starken Dollar geschwächt wird. Und fallende Ölpreise sind - anders als in der Eurozone - nicht durchweg positiv für die US-Wirtschaft.

Die USA sind auch ein großer Ölproduzent und -exporteur. Wenn die Rohstoffpreise fallen, sind Teile der USA wie Texas oder North Dakota davon negativ betroffen. Frühere Vorhersagen haben das wohl nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Eurozone wächst immer noch auf nur geringem Niveau, aber es geht leicht aufwärts. Sehen die darin den Beginn einer wirtschaftlichen Erholung?

Ja, ich glaube, dass sich die Eurozone in einer relativ starken zyklischen Erholungsphase befindet. Die IWF-Vorhersagen von 1,5 Prozent in diesem und 1,6 Prozent im nächsten Jahr sind wahrscheinlich zu niedrig. Ich denke, dieses Jahr werden es wohl eher 1,8 Prozent werden. Und für nächstes Jahr erwarte ich 2,0 Prozent.

Das ist eine Kombination verschiedener Faktoren. Der Ölpreis ist gefallen, die Geldpolitik stimuliert das Wachstum, der Euro ist schwächer geworden. Und ich glaube nicht, dass Griechenland die Eurozone nach unten zieht. Und ich glaube auch nicht an einen Grexit. Außerdem erwarte ich nicht, dass Russland sich negativ auf das Wachstum der Eurozone auswirken wird. All das sind gute Nachrichten. Die Eurozone entwickelt sich viel besser, als das noch vor einigen Jahren der Fall war.

Jacob Funk Kirkegaard ist Wirtschafts- und Finanzexperte am Peterson Institute for International Economics, einer privaten Denkfabrik in Washington.

Das Gespräch führte Gero Schließ.