1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kinder sind unser Vorbild

19. Juli 2014

Jetzt sind Ferien. Pause für die Kinder beim Lernen. Jesus sagt, dass eigentlich die Erwachsenen etwas lernen sollen von den Kindern. Was das sein könnte, darüber denkt Ralph Frieling nach für die evangelische Kirche.

https://p.dw.com/p/1CcPT
Familie beim Spaziergang
Bild: picture-alliance/dpa

Beim Spielen werden Erwachsene wieder zu Kindern

Das kleine Kind rennt auf der Wiese auf sie zu. Lachend. Sie geht in die Hocke, schließt die Arme um die Kleine und sagt: „Gefangen, gefangen, gefangen!“, und beide drücken sich aneinander. Was für ein Moment, was für kostbare Sekunden, bevor die Umarmung sich wieder löst. Und immer wieder dieses Spiel mit dem kleinen Kind, das in die großen Arme läuft und sich bergen lässt.

Der Sandkasten neben der Wiese ist groß und heute ist er voller Kinder. Die anderen Kleinkinder laufen hin und her auf dem Sand, tragen Schippen und Eimer, rutschen und schaukeln, schieben Schubkarren und hüpfen auf dem Gummipferd. Die Eltern gucken stolz zu oder backen mit ihren Kleinen um die Wette Sandkuchen, wer hätte das von ihnen gedacht damals als sie Singles waren. Mit den kleinen Kindern werden auch die Großen wieder klein, irgendwie, und entdecken das Kind in sich. Ein Phänomen, das Jesus seinen Jüngern auch empfohlen hat, in Glaubensdingen.

„Lasst die Kinder zu mir kommen“

Einmal brachten die Leute Kinder zu Jesus. Er sollte sie segnen. „Seid ihr verrückt? Das geht nicht“, sagten die Jünger zu den Eltern und stellten sich ihnen in den Weg. „Belästigt Jesus nicht. Ihr seht doch, er ist mit Predigen beschäftigt. Die Kleinen schreien und machen Lärm und überhaupt verstehen sie doch sowieso nichts.“ Jesus schaute auf und sagte: „Lasst die Kinder zu mir kommen. Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der kommt nicht hinein.“ Und Jesus schloss die Kinder in die Arme, legte die Hände auf sie und segnete sie. Was für eine Umkehrung das ist: Im Glauben sollen die Großen von den Kleinen lernen.

Jesus sagt zu den Mädchen und Jungen eben nicht: Wartet erst einmal bis ihr groß und stark seid, und dann kommt wieder! Oder: Werdet erwachsen und selbständig! Oder: Geht erst mal in die Schule, damit ihr versteht, wovon ich rede. Jesus sagt nur: wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, kommt nicht hinein. Oder: wer nicht an Gott so glaubt wie ein Kind, wird seine Nähe nicht erfahren.

Glauben wie ein Kind...

Natürlich müssen wir unser Wissen und unsere Erfahrungen - die guten wie die schlechten - nicht ablegen. Die Glücksmomente genauso wie Kränkungen und Verluste und Enttäuschungen haben sich in unser Leben eingezeichnet. Wir können nicht mehr in unsere Vergangenheit und Kindheit zurück. Die Kindheit ist lange her und es ist gut, wenn Menschen sich annehmen können, so wie sie geworden sind und wenn sie zu einem reifen und selbstbewussten Leben finden. Trotzdem: glauben wie ein Kind... Was haben die Kinder, das die Erwachsenen nicht haben? Oder das sie nicht mehr haben und wovon Leute wie die Jünger nichts mehr verstehen?

Vertrauen in die Liebe

Es wird das Vertrauen sein, die Unbefangenheit, mit der sich Kinder neuen Erfahrungen öffnen können. Und die Freude, mit der sie sich hingeben können. Uns Erwachsenen fällt es schwer einzusehen, dass unsere Leistungen und Erfahrungen wenig zählen, verglichen mit der Liebe, die uns leben lässt. Wir sind misstrauisch geworden, sind vielleicht zu oft vor den Kopf gestoßen worden. Als versierte Realisten trauen wir natürlich nicht jedem. Einem könnt ihr trauen, höre ich Jesus sagen: Gott. Glaubt ruhig wie ein Kind - mit all euren Erfahrungen und Sorgen und Widersprüchen. Und sagt es ruhig: Vater unser.

Frieling
Pfarrer Ralph FrielingBild: DW

Zum Autor: Ralph Frieling (Jahrgang 1966) ist derzeit Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Weslarn. Er hat nach einem Studienjahr in Nes Ammim (Israel) evangelische Theologie in Heidelberg und zwei Semster in Melbourne (Australien) studiert. Es folgte Ende der Neunziger Jahre das Vikariat in Berlin; dort hat er auch angefangen, regelmäßig Radiosendungen zu machen. Anschließend war er vier Jahre lang Studienleiter in der Evangelischen Akademie Iserlohn im »Institut für Kirche und Gesellschaft« der Evangelischen Kirche von Westfalen. 2004 wechselte er als Pfarrer in die Gemeinde, zuerst im Kirchenkreis Hamm, dann ab 2008 in den Kirchenkreis Soest.