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Kein Job für Pazifisten

19. August 2009

Freie und faire Wahlen sollen am Donnerstag dazu beitragen, den Friedensprozess in Afghanistan zu stabilisieren. Um diese zu garantieren, haben mehrere Organisationen Wahlbeobachter nach Afghanistan geschickt.

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Polizisten vor einem Wahllokal in Afghanistan (Foto:ap)
Polizisten vor einem Wahllokal in AfghanistanBild: AP

Irene Eich bildet deutsche Wahlbeobachter aus. Es macht ihr Sorgen, dass Wahlbeobachter heute immer öfter in Gebieten eingesetzt werden, in denen kriegsähnlich Zustände herrschen. "Früher war man quasi unantastbar, wenn man mit dem Roten Kreuz oder der UNO unterwegs war." Das ssei aber längst nicht mehr so, sagt die Mitarbeiterin des Zentrums für internationale Friedenseinsätze.

Trainieren für den Ernstfall

Conflict reporting / Reporter im Krieg Global Media Forum
Training für Zivilisten auf dem Bundeswehrstützpunkt HammelburgBild: dpa

Deutsche Wahlbeobachter werden deshalb in ihrer Ausbildung auch von der Bundeswehr im Umgang mit Gefahrensituationen geschult. Dort lernen sie auch praktische Dinge, wie den Umgang mit Funkgeräten, das NATO-Alphabet oder das Fahren von Geländewagen mit Allradantrieb. Wahlbeobachtungsmissionen sind heute nichts mehr für Pazifisten, findet Eich: "Es gibt viele, die meinen, wenn sie mit der Entwicklungshilfe rausgehen oder mit einer friedliebenden Nichtregierungsorganisation, dann tut ihnen auch keiner was. Aber die Zeiten sind echt vorbei!"

Schon Wochen vorher vor Ort

Samangan Ansicht, Afghanistan
Samangan im Norden AfghanistansBild: Pahjwok Afghan News

Zusätzlich zu ihrer Grundausbildung bekommen die Wahlbeobachter in Afghanistan ein spezielles Sicherheitstraining für die Situation im Lande. Auch Christine musste trotz ihrer elf Einsätze auf vier Kontinenten für Afghanistan ein besonderes Sicherheitstraining machen. Christine heißt eigentlich anders, darf aber ihren echten Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen. Die EU will es nicht. Für die EU Wahlbeobachtungsmission begleitet Christine seit drei Wochen die Vorbereitung der Wahlen in den Regionen Balch und Samangan. Sie kann sich in Masar-i-Scharif relativ frei bewegen. Nennenswerte Zwischenfälle hat es dort bisher keine gegeben. "Wir sind jetzt fast drei Wochen hier", sagt Christine. "Man denkt gar nicht mehr daran, dass es hier irgendein Sicherheitsproblem gibt." Sie ist sich aber bewusst, dass nicht alle ihrer Kollegen das Glück haben, wie sie in einer sicheren Provinz im Norden stationiert zu sein.

Nicht eingreifen, nur protokollieren

Wahlen Afghanistan 2009
Wahlplakate im Zentrum von HeratBild: DW

Christine ist keine Wahlhelferin, sie ist Wahlbeobachterin. Bei Ungereimtheiten greift sie also keineswegs ein, sondern notiert diese nur. Um die Lage korrekt beurteilen zu können, müssen die Beobachter mit allen sprechen, die direkt oder indirekt mit der Wahl zu tun haben. Sie reden nicht nur mit den Kandidaten, sondern auch mit der Wahlkommission, mit dem Beschwerdeausschuss, mit Nichtregierungsorganisationen und mit geistlichen Führern. Auch die Medien werden genau beobachtet, denn die Kandidaten müssen dort in gleichem Maße repräsentiert werden.

Nicht überall wird beobachtet

Um wirklich mit allen Akteuren sprechen zu können, arbeitet die EU mit gemischten Teams. Ein Team besteht aus jeweils einem Mann und einer Frau, die aus unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten kommen. In gepanzerten Geländewagen fahren sie durch das Land. "Jedem Team stehen speziell ausgebildete afghanische Polizisten zur Verfügung", sagt der Leiter der EU-Beobachtungsmission Philippe Morillon. Mit ihnen habe man bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Beobachter, die in besonders gefährlichen Regionen des Landes unterwegs sind, werden zusätzlich von Soldaten der internationalen Schutztruppe begleitet. Und dann gibt es noch die Provinzen im Süden, in denen niemand die Sicherheit der Wahlbeobachter garantieren kann. Es sei klar, so Morillon, dass in Regionen, in denen sich weder die ISAF noch die afghanischen Sicherheitskräfte vorwagen, auch keine EU-Beobachter sein können.


Amerikanische Streitkräfte auf Patrouille in Afghanistan (Foto:ap)
Bis hierher und nicht weiter: Nicht in allen Provinzen Afghanistans können Beobachter die Wahlen kontrollieren.Bild: AP

Zweckoptimismus für den Schritt nach vorne

Philippe Morillon, der Leiter der EU-Wahlbeobachtungsmission in Afghanistan (Foto:dpa)
Philippe Morillon, der Leiter der EU-Wahlbeobachtungsmission in AfghanistanBild: picture-alliance/ dpa

Morillon glaubt aber nicht, dass das Wahlergebnis dadurch sehr stark verfälscht wird. Er erwartet, dass aufgrund der Sicherheitslage höchstens fünf Prozent der registrierten Wähler nicht an der Wahl teilnehmen können. Er mahnt, die Zukunft des Landes nicht so düster zu sehen, wie es die europäischen Medien täglich tun. Afghanistan sei kein Land, das auf dem Weg in die Hölle sei. Es sei vielmehr ein Land, das dabei ist, einen großen Schritt nach vorne zu machen, sagt der General: "Die Menschen wünschen sich nichts mehr als Frieden und Versöhnung."

Autor: Philipp von Bremen

Redaktion: Thomas Latschan