1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kein Frieden in Darfur

Adrian Kriesch30. Juli 2012

Am Dienstag beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die Friedensmission in Darfur um ein Jahr zu verlängern. Außerdem soll die Truppenzahl reduziert werden, obwohl kein Ende des Konflikts in Sicht ist.

https://p.dw.com/p/15gaH
Ein UN-Soldat steht neben einem Weg auf dem eine Frau und ein Junge mit einem Pferdewagen unterwegs sind. (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Seit neun Jahren wird in Darfur, einer Region im Westen des Sudan, gekämpft. Doch in das Interesse der Weltöffentlichkeit rückte der Konflikt nur langsam. Bilder der Dschandschawid gingen um die Welt, jenen bewaffneten Milizen auf Kamelen, die mit Unterstützung der sudanesischen Regierung Jagd auf Oppositionelle und Zivilisten machten. Die Öffentlichkeit reagierte empört. Doch erst Ende 2007, als die Vereinten Nationen die Opferzahlen des Konflikts bereits auf 300.000 Menschen schätzten, wurden UN-Friedenstruppen mit insgesamt 20.000 Soldaten in Darfur stationiert.

Heute ist die Situation allerdings nicht besser als früher, meint Anne Bartlett. Die Soziologie-Professorin an der Universität von Chicago verfolgt den Konflikt in Darfur seit Jahren, hat sich an UN-Verhandlungen beteiligt und leitet eine NGO, die sich für nachhaltige Entwicklung in Darfur einsetzt. "Die Friedenssicherungsmission ist mit ihrem Ziel gescheitert, die Menschen zu schützen", kritisiert Barlett und fordert die Zahl der UN-Einsatzkräfte zu erhöhen. "Die meisten Hilfsorganisationen haben sich aus Sicherheitsgründen aus Darfur zurückgezogen. Es gibt kaum noch humanitäre Versorgung und Schutz. Die Situation hat sich meiner Meinung nach deutlich verschlechtert."

Viele Akteure, viele Fronten

Die Situation in Darfur ist kompliziert: Anfangs setzten sich hauptsächlich Rebellengruppen für mehr Mitbestimmung im Staat ein. Sie kämpften gegen die sudanesische Regierung und die von ihr finanzierten Milizen. Heute gibt es mehrere Fronten: Zwar kämpfen auch heute Rebellengruppen gegen die Regierung. Aber auch untereinander kämpfen Rebellengruppen verschiedener Ethnien um Land und politischen Einfluss. Auch zwischen Farmern und Nomaden kommt es immer wieder zu Streitigkeiten um Ressourcen. Außerdem agieren kriminelle Banden in Darfur.

Anne Bartlett bei der Sudankonferenz in Bonn 2012. Foto: Adrian Kriesch / DW
"Die Situation hat sich verschlechtert" - Anne BartlettBild: DW

Experten kritisieren, dass die sudanesische Regierung den Friedensbildungsprozess sabotiert, weil sie keine Macht abgeben will. Der Internationale Strafgerichtshof erließ einen Haftbefehl gegen Präsident Omar al-Bashir. Der Vorwurf: Völkermord in Darfur. Der Staatssekretär beim sudanesischen Außenminister, Rahmat Allah Mohammad Othman, hält das für rein politisch motiviert. Auch habe sich die humanitäre Situation nicht verschlechtert. "Ich war selbst vor zwei Wochen in Darfur. Niemand hat sich dort über die humanitäre Situation in Darfur beschwert", so Othman im DW-Gespräch. "Einige scheinen Darfur mit anderen Ländern oder anderen Teilen des Sudan zu verwechseln."

Zähe Friedensverhandlungen

Auch Gerüchte, dass der Sudan trotz UN-Embargo weiter Waffen nach Darfur liefert, bezeichnet der Staatssekretär als falsch. Der UN-Sonderbeauftragte und Chef der Mission in Darfur, Ibrahim Gambari, wählt im DW-Interview dafür diplomatische Worte. "Offensichtlich sind Waffen im Spiel, solange die Regierung mit bewaffneten Gruppen kämpft", so der Spitzendiplomat. Er weiß, wie man mit und über autokratische Führer spricht. Gambari arbeitete unter Nigerias Präsident Abacha, war Hochzeitsgast des tschadischen Präsidenten Déby und verhandelte für die Vereinten Nationen mit Zimbabwes Präsident Mugabe und Birmas ehemaligen Staatschef Shwe.

Bewaffnete Rebellen unterhalten sich (Foto: Reuters)
Interessenkonflikte – mehrere Rebellengruppen kämpfen in DarfurBild: Reuters

Grundvoraussetzung für erfolgreiche Friedensverhandlungen sei zunächst, dass alle Akteure die Kampfhandlungen einstellen. "Und der einzige Weg kann nur ein umfassendes und alle Parteien einbeziehendes Friedensabkommen sein, an das sich Regierung und die bewaffneten Gruppen halten", so Gambari weiter.

UN-Truppenstärke soll reduziert werden

Die Friedensverhandlungen gestalteten sich bisher äußerst schwierig. Auf Rebellenseite verhandeln mehrere Gruppen, die verschiedene Interessen und Ideologien vertreten. 2011 wurde ein Friedensabkommen unterschrieben - jedoch nur von einer einzigen Rebellengruppe und der Regierung. Ibrahim Gambari ist jedoch überzeugt, dass die Vereinten Nationen in den Verhandlungen weiter vermitteln werden und das Mandat vom Sicherheitsrat um ein weiteres Jahr verlängert wird. Die Forderungen nach mehr UN-Personal in Darfur unterstützt er aber nicht. "Die Sicherheitssituationen in weiten Teilen Darfurs hat sich verbessert", sagt der Nigerianer. "Wir können die Truppenstärke deshalb reduzieren, ohne das wir damit unseren Anteil an den Sicherheitsbemühungen in Darfur vermindern." UN-Generalsekräter Ban Ki Moon verkündete am Dienstag, dass nur noch 16.200 Soldaten in Darfur stationiert werden sollen, 500 weniger als bisher. Die Zahl der Polizisten soll sogar auf 2.300 halbiert werden.

Portrait von Ibrahim Gambari. (Foto: Reuters)
Ibrahim Gambari, Vermittler und Chef der UN-Mission in DarfurBild: Reuiers

Aktuell sind 26.000 UN-Mitarbeiter im Rahmen der Mission in Darfur stationiert. Es ist die weltweit größte Friedensmission. Wie sich eine Reduzierung der UN-Friedenstruppe auf die Sicherheitslage in Darfur auswirkt, ist derzeit allerdings noch nicht absehbar.