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Kein Ende bei Banken-Skandalen

Andreas Becker4. Dezember 2013

Weil Banken Zinssätze manipuliert haben, verhängt die EU-Kommission nun Rekordstrafen. Doch der nächste Finanzskandal zeichnet sich bereits ab. Er könnte das Ausmaß seiner Vorgänger noch übertreffen.

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Bankenkrise Symbolbild
Bild: picture alliance/dpa

Finanzbehörden in Europa, den USA und Asien gehen seit April dem Verdacht nach, dass sich internationale Großbanken abgesprochen haben, um den Wechselkurs von Währungen zu manipulieren. Der Handel mit Devisen ist der größte Finanzmarkt der Welt, täglich werden auf den verschiedenen Handelsplätzen umgerechnet mehr als 4000 Milliarden Euro umgesetzt.

Die Regulierungsbehörden in Großbritannien, USA, der Schweiz, Hongkong und Deutschland überprüften zahlreiche Banken, darunter Deutsche Bank, Citigroup aus den USA, die britische Barclays und die Schweizer UBS. Mit einem gemeinsamen Marktanteil von mehr als 50 Prozent sind diese vier Institute die größten Akteure am Devisenmarkt.

Mindestens zwölf Devisenhändler großer Banken in London, New York und Tokio sind wegen der Ermittlungen bereits beurlaubt worden, berichtete die Financial Times bereits vor drei Wochen. Die Deutsche Bank soll nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, die am Mittwoch (04.12.2013) veröffentlicht wurden, ebenfalls interne Ermittlungen begonnen haben. Die Bank will das nicht kommentieren, betont aber, sie arbeite mit den Behörden zusammen. Weil die Untersuchungen der deutschen Bankenaufsicht Bafin andauern, gibt es noch keine Hinweise auf die Beteiligung von Händlern deutscher Insitute.

EU: drastische Strafen gegen Großbanken

Alles in einer Minute

Im Zentrum der Untersuchungen steht das Londoner Währungsfixing täglich um 16 Uhr. Hierbei werden Wechselkurse auf der Basis der Devisengeschäfte ermittelt, die in den 30 Sekunden vor und nach 16 Uhr über das Handelssystem abgewickelt werden. In dieser Minute wird traditionell besonders viel gehandelt, in der Theorie entsteht so ein besonders marktgerechter und transparenter Preis. Viele Aufträge zum Kauf- oder Verkauf von Währungen liegen den Banken schon am Vormittag vor, werden aber erst um 16 Uhr ausgeführt.

Der Vorwurf ist nun, dass sich Händler diese Informationen zunutze gemacht haben, um für ihre Bank zusätzliche Gewinne zu erzielen. Zu diesem Zweck sollen Händler verschiedener Banken in eigens eingerichteten Chatrooms illegale Absprachen getroffen haben. Wenn sie etwa absehen können, dass der Hongkong-Dollar gegenüber dem Euro fallen wird, weil viele Verkaufsorders vorliegen, können sie vor dem Fixing Hongkong-Dollar teurer verkaufen und nachher wieder günstig einkaufen.

Die Deutsche Bank teilte nur mit, sie habe "die Nutzung von Multi-Party-Chatrooms im Devisenhandel bereits im ersten Quartal untersagt". Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters haben auch die anderen Schwergewichte am Devisenmarkt - Citigroup, Barclays und UBS - ihren Händler diese Art der Chatrooms verboten.

Milliardenstrafen

Der Bundesverband deutscher Banken wollte die Vorwürfe gegenüber der DW nicht kommentieren. Für die Branche, die seit der Finanzkrise ohnehin mit einem massiven Vertrauensverlust zu kämpfen hat, kommt der neue Verdacht zur Unzeit. Erst am Mittwoch (04.12.2013) hat die EU-Kommission Strafen von insgesamt 1,7 Milliarden Euro gegen mehrere Banken verhängt, weil sich deren Mitarbeiter abgesprochen haben sollen, um wichtige Zinssätze zu manipulieren.

Allein auf die Deutsche Bank entfallen dabei 725 Millionen Euro Bußgeld. "Der Vergleich betrifft Verhaltensweisen von einzelnen Mitarbeitern in der Vergangenheit, die schwere Verstöße gegen Werte und Überzeugungen der Deutschen Bank darstellen", teilte das Führungsduo Jürgen Fitschen und Anshu Jain mit. "Wir werden alles tun um sicherzustellen, dass sich diese Art von Fehlverhalten nicht wiederholt."

Im Oktober hatte die US-Großbank JP Morgan Chase sogar umgerechnet fast zehn Milliarden Euro gezahlt, um die Einstellungen mehrerer Verfahren in den USA zu erreichen. Mit 80 Millionen Euro kam die Bank bei der EU-Kommission vergleichsweise günstig davon, allerdings ist noch ein Verfahren für ihre Rolle bei der Manipulation des europäischen Referenzzinssatzes Euribor anhängig.

Liveschalte Frank Mahlmeister

Skandale ohne Ende

"Dass jetzt so viele Skandale hochkommen, liegt auch daran, dass seit der Finanzkrise genauer hingesehen wird", so Frank Mahlmeister, Herausgeber des Wirtschaftsdienstes "Platow Brief". "Es ist nicht schlimmer geworden, es war schon lange schlimm. Jetzt kommt es auch raus."

Unabhängig von den weiteren Ermittlungen stellt sich die Frage, ob es neue und strengere Regeln braucht, um illegale Absprachen und Manipulationen zumindest unwahrscheinlicher zu machen. Insbesondere der weltweite Devisenhandel gilt als besonders unreguliert. Regeln sollten zwar immer verbessert werden, findet Frank Mahlmeister, doch "wir werden auch in Zukunft keine Welt ohne Bankenskandale haben. Aber ich hoffe, es werden dann weniger."

Die Schäden fallen allerdings schon heute an. Zum einen in den erhöhten Preisen und Kursen, die Kunden als Folge der Manipulation weltweit zahlen. Zum anderen hat der Vertrauensverlust selbst volkswirtschaftliche Auswirkungen, glaubt Charles Dumas, Vorsitzender der Londoner Beratungsfirma Lombard Street Research. "Das Misstrauen gegenüber Banken macht die Finanzmärkte fraglos weniger effizient. Und das ist letztlich nicht gut für die gesamte Wirtschaft."