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Karsai reist in die USA

Waslat Hasrat-Nazimi7. Januar 2013

2014 zieht die Internationale Schutztruppe (ISAF) aus Afghanistan ab. Im Vorfeld versucht Karsai die Position seiner Regierung zu stärken. Er setzt auf die Unterstützung der USA und eine Annäherung an die Taliban.

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U.S. President Barack Obama and Afghan President Hamid Karzai sign the Strategic Partnership Agreement at the Presidential Palace in Kabul, May 2, 2012. The deal insures American military and financial support for the Afghan people for at least a decade beyond 2014, the deadline for most foreign combat forces to withdraw. REUTERS/Kevin Lamarque (eingestellt: fab)
Obama beim Überraschungsbesuch in Afghanistan Mai 2012Bild: Reuters

Mehrere Tage sind veranschlagt für den Besuch des afghanische Präsident Hamid Karsai in den USA. Mit seinem amerikanischen Amtskollegen Barack Obama wird Karsai über die Truppenstärke der amerikanischen Soldaten nach 2014 und über die kommenden Präsidentschaftswahlen in seiner Heimat sprechen. Beide Themen sind für die Zukunft des Landes von entscheidender Bedeutung. Die Truppenstärke ist zentral für die Sicherheit Afghanistans, und die Wahlen werden zeigen, welchen Weg das konfliktgeprägte Land geht.

Weitere Themen sind die Wirtschaftslage, die Beziehungen zu den Nachbarländern - allen voran Pakistan - und Gespräche über eine mögliche bilaterale Sicherheitsvereinbarung.

Afghanische Polizeikräfte im Einsatz
Afghanische Polizeikräfte im Einsatz in der Provinz NangaharBild: SHAH MARAI/AFP/Getty Images

Nach dem Truppenabzug 2014

Experten gehen davon aus, dass US- und NATO-Truppen in einer Größenordnung von 30.000 Mann in Afghanistan stationiert bleiben. Viele Afghanen sorgen sich trotzdem, dass der Süden und der an Pakistan grenzende Osten des Landes wieder in die Hände von Aufständischen fallen werden, sobald der Großteil der ausländischen Sicherheitskräfte abgezogen ist.

Die afghanische Regierung fordert deswegen eine umfassende Aufrüstung von Armee und Polizei. Aimal Faizi, der Sprecher des afghanischen Präsidenten, sagt: "Einer der wichtigsten Punkte bei den Gesprächen zwischen Präsident Karsai und Präsident Obama wird die Aufrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte sein sein. Wir haben bereits deutlich gemacht, dass die USA unser Militär entsprechend unserer Interessen und Bedürfnisse ausrüsten und ausbilden soll.“

Eine Luftwaffe für Afghanistan

Faizi sagt weiter, dass es Präsident Karsai insbesondere um eine neue Ausstattung für die bisher nur schlecht ausgestattete afghanische Luftwaffe gehe. Die USA haben bei der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte vor allem in die Infanterie mit leichter Bewaffnung investiert.

An das Nachbarland Pakistan haben die USA in den vergangenen zehn Jahren 18 Kampfflugzeuge geliefert. Afghanistan möchte nachziehen, sagt der Südasien-Experte Conrad Schetter. Er glaube jedoch nicht, dass dies geschehen werde: "Aufgrund des Konkurrenzverhältnisses zwischen Afghanistan und Pakistan würde eine US-Lieferung an die Luftwaffe der Afghanen zu einer Eskalation des Konflikts zwischen beiden Ländern führen und mit Sicherheit eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und Pakistan zur Folge haben. Das kann in Washington niemand befürworten."

Dr. Conrad Schetter, Afghanistan-Experte beim Bonner Asienzentrum
Dr. Conrad Schetter, Afghanistan-Experte beim Bonner AsienzentrumBild: DW

Zeichen an Pakistan und die Taliban

Die Reise soll ein Zeichen setzen, das zugleich an Pakistan und die aufständischen Taliban gerichtet ist. Die erneute Beteuerung der Nähe zwischen den USA und Afghanistan setzt Pakistan unter Druck. "Das heißt für Pakistan, dass es ebenfalls versuchen muss, in das Bündnis einzutreten, um nicht isoliert zu werden“, betont Schetter.

Wenn es zu Friedensverhandlungen kommen sollte - so Karsais Signal an die Adresse der Taliban - dann könnten diese nicht nur mit den USA, sondern gleichzeitig nur unter Einbeziehung der afghanischen Regierung geführt werden, da er die Rückendeckung der USA genieße.

Bewaffnete Taliban-Kämpfer in Helmand
Bewaffnete Taliban-Kämpfer in HelmandBild: picture-alliance/dpa

Kein Frieden ohne Taliban

Die USA, Afghanistan und Pakistan sind überzeugt, so die afghanische Regierung, dass der Konflikt in Afghanistan nicht durch einen Krieg zu lösen ist. Darüber hinaus sind sich vor allem viele afghanische Experten einig, dass ein Frieden ohne die gesprächsbereiten Taliban nicht möglich ist. Der afghanische Außenminister Zalmay Rassoul sicherte den Taliban kürzlich (02.01.2013) auf einer Pressekonferenz zu: "Sollten die Taliban am Friedensprozess teilnehmen und Fortschritte erzielt werden, können sie als politische Partei an den kommenden Wahlen teilnehmen."

Auch Abdul Hamid Azer, Gemeindevorsteher einer Gemeinde in der Provinz Kabul, unterstützt diese Herangehensweise: "Es ist eine gute Nachricht, dass die Taliban auf diplomatischem Parkett aktive Kontakte mit der Welt haben. Sie sind auch Afghanen, und man kann nicht sagen, dass sie nicht auch unter den Kriegszuständen leiden."

US-Soldaten patroullieren mit ihren Militärfahrzeugen durch eine Straße von Herat
Nur noch ein paar Dutzend ausländische Soldaten sollen nach 2014 im Land bleibenBild: picture-alliance/dpa

Ob die Strategie der Verhandlung mit den gesprächsbereiten Taliban aufgeht, wird sich vermutlich erst nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 zeigen. Die USA sind auf den Abzug ihrer 65.000 Mann starken Truppen bereits eingestellt. Sie unterstützen Friedensgespräche mit den Taliban, um ein Ende des Konflikts und damit ein Ende des militärischen Einsatzes in Afghanistan herbeizuführen. Bei allen Schritten, die die Karsai-Regierung bislang auf die Taliban zugegangen ist, zeigt die Reise des Präsidenten doch, dass sich die afghanische Regierung sich in erster Linie auf die USA als Schutzmacht verlässt.