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Laufpass für Minister

Waslat Hasrat-Nazimi7. August 2012

Afghanistans Innen- und Verteidigungsminister müssen nach einem Parlamentsbeschluss gehen. Präsident Karsai setzt sich nicht für sie ein. Experten vermuten, die beiden Männer seien ihm zu stark geworden.

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Hamid Karsai im Parlament (Foto: AP)
Bild: AP

Die Entscheidung von Präsident Hamid Karsai kam ungewöhnlich schnell. Bereits einen Tag, nachdem die Abgeordneten des afghanischen Parlaments zwei Spitzenministern das Misstrauen ausgesprochen hatten, akzeptierte Karsai am Sonntag die Entscheidung des Parlaments. Zugleich forderte er Innenminister Bismillah Khan Mohammadi und Verteidigungsminister General Abdul Rahim Wardak auf, bis zur Bestimmung von Nachfolgern im Amt zu bleiben. Wardak ist allerdings an diesem Dienstag (07.08.2012) zurückgetreten.

Die Minister hatten sich bei der Parlamentssondersitzung am Samstag kritischen Fragen zum eskalierenden Grenzkonflikt mit Pakistan stellen müssen und eine Vertrauensabstimmung verloren. Janan Musazai, Sprecher des afghanischen Außenministeriums, sieht aber nichts Ungewöhnliches darin. "Die afghanische Verfassung besagt, dass die Minister das Vertrauen des Parlaments genießen müssen. Die afghanische Regierung hat die Entscheidung respektiert. Meiner Meinung nach ist das ein positiver Schritt für die Sicherheit, Stabilität und Demokratie Afghanistans.“

Der afghanische Innenminister Bismillah Mohammadi (links) und der Verteidigungsminister General Rahim Wardak (Foto: AP)
Innenminister Mohammadi (links) und Verteidigungsminister Wardak müssen gehen.Bild: AP

Von Karsai eingefädelt?

Viele Experten sehen jedoch darin einen politischen Coup Karsais. Die beiden Minister seien offenbar für Karsai zu stark geworden, sagt Tufan Waziri, ein afghanischer Politikwissenschafter und Vorsitzender der politischen Stiftung Mellat. Hintergrund seien die Präsidentschaftswahlen 2014, bei denen Karsai nicht mehr antreten kann. "Der Präsident und seine engen Vertrauten haben ihre Finger im Spiel", so Waziri. "Bismillah Khan Mohammadi war der stellvertretende Verteidigungsminister der Nordallianz und General Wardak genießt das Vertrauen des Westens, besonders der USA. Beide Minister konnten mit ihrer starken Position Druck auf den Präsidenten ausüben." Karsai habe ihnen mithilfe seiner Vertrauten im Parlament das Vertrauen entzogen und nur noch seine Zustimmung zu geben brauchen.

In der Vergangenheit hatte Präsident Karsai Forderungen nach Entlassung von Ministern, wie des damaligen Außenministers Rangin Dadfar Spanta 2010, nicht akzeptiert. Umso erstaunlicher wirkt deshalb seine schnelle Zustimmung. Aber es stehen auch zwei weitere Minister auf der roten Liste des Parlaments: Finanzminister Hazrat Omar Zakhilwal und der Energieminister und ehemalige Warlord Ismael Khan werden der Korruption bezichtigt und sollen ebenfalls abgesetzt werden. Das fordern jedenfalls mehrere Politiker und die Öffentlichkeit. Auch Azizullah Ludin, Vorsitzender im Rat zur Korruptionsbekämpfung, fordert einen sofortigen Rücktritt. "Solange beide nicht von ihrem Amt enthoben werden, können wir nicht gegen sie ermitteln. Nach dem Gesetz ist es nicht möglich, gegen einen Minister im Amt vorzugehen.“

Finanzminister Zakhilwal und Energieminister Ismael Khan (Foto: AP)
Korruptionsvorwürfe gegen Finanzminister Zakhilwal (links) und Energieminister Ismael Khan.Bild: AP

Weitere Minister sollen gehen

Omar Zakhilwal wird beschuldigt, eine Million Dollar veruntreut und mehrere Häuser illegal angeschafft zu haben. Ludin sagt, der Finanzminister habe ihm in Anwesenheit von Präsident Karsai noch vor einiger Zeit bestätigt, er besäße nur ein Haus in Kabul. Zakhilwal will aber jetzt mehrere Häuser besitzen, die er angeblich vor seiner Amtszeit selbst bezahlt habe. Zakhilwal selbst bestreitet dies. "Ich besitze seit 2003 einen sehr schönen und teuren Garten im Freizeitviertel  Qargha nördlich von Kabul und einen weiteren in Paghman. Dieses Eigentum habe ich vor meiner Regierungszeit gekauft und selbst bezahlt", so der umstrittene Minister im afghanischen Fernsehen.

Vor einigen Tagen bezeichnete Zakhilwal in einem offenen Brief an die "New York Times" die Anschuldigungen gegen als Hetzkampagne. Ob berechtigterweise oder nicht, die Machtkämpfe im Kabinett von Karsai würden sich jedenfalls negativ auf die Sicherheit des Landes auswirken, so Experte Tufan Waziri. Vor allem die Entlassung von zwei Ministern, die für die Sicherheit des Landes zuständig waren, könnte sich negativ auf die reibungslose Verantwortungsübergabe von der NATO auf die Kabuler Regierung auswirken.