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Karriere Nebensache

Insa Wrede13. Januar 2014

Es winken viel Ruhm und großer Reichtum. Aber der Anlauf zum ganz großen Sprung in den Kunstmarkt ist voller Hürden. Dabei bietet Deutschland seinen jungen Talenten gute Startchancen.

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Gerhard Richter Domplatz Mailand (Foto: picture-alliance/dpa).
Bild: picture-alliance/dpa

Zu sehen ist ein Teil des Vorplatzes der Kathedrale von Mailand. Das Ölgemälde von Gerhard Richter wirkt wie ein unscharfes Schwarzweißfoto. Knapp 29 Millionen Euro war das Werk dem neuen Käufer wert. Aufgrund solcher Rekordpreise müssen sich deutsche Künstler wie Gerhard Richter, Neo Rauch oder Andreas Gursky um ihren Lebensunterhalt keine Sorgen mehr machen. Während es einige noch lebende Künstler zu großem Reichtum bringen, blüht den meisten anderen ein weitaus kargeres Leben - zumindest in finanzieller Hinsicht.

Allein in diesem Jahr haben sich rund 4.800 junge Menschen in Deutschland für bildende Kunst, Malerei, Bildhauerei oder das Studium neuer Medien an den Hochschulen eingeschrieben. Sie sichern einen steten Zustrom neuer Werke auf dem Markt für junge Kunst. Der spiele sich im Wesentlichen im Galeriegeschäft ab und damit auch auf Messen, heißt es in einem Papier der Wallrich Asset Management AG, die das Vermögen wohlbetuchter Privatkunden verwaltet.

Galerie als guter Zwischenschritt

Galeriegeschäft, im besten Fall sei das eine harmonische Zusammenarbeit zwischen Künstler und Galerist, meint Bertold Pott. Denn der Galerist baue für den Künstler Netzwerke auf, bringe Leute zusammen, schaffe Ausstellungsmöglichkeiten und sei auch Beratungs- und Gesprächspartner. So schaffe er für den Künstler den Freiraum, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Pott führt selbst eine Galerie in Köln, in der moderne Kunst ausgestellt wird. Seine Künstler sucht er sich genau aus. "Die Kontakte zu den Künstlern können sehr privater Natur sein, dass man also über Bekannte, Freunde andere Künstler einen gewissen Künstler kennenlernt. Außerdem lernt man auch Künstler über Messen oder Fachzeitschriften kennen. Teilweise kommen auch Künstler in meine Galerie und stellen sich vor. Aber meistens läuft es doch über sehr persönliche Kontakte."

Ausstellung Die Gegenwart der Bilder Deutsche Malerei in Moskau (Foto: DW)
Der Galerist kümmert sich darum, Künstler und Käufer zusammenzubringenBild: DW

Trotzdem rät er den Künstlern, sich nicht aktiv auf die Suche nach einem Galeristen zu machen. "In den ersten Jahren ist es wichtiger, dass man an den richtigen Orten, mit den richtigen anderen Künstlern ausstellt, mit den richtigen Kuratoren in Kontakt kommt", so Pott. "Ich kann nur jedem empfehlen, am Anfang nicht nur nach wirtschaftlichen Interessen zu agieren." Erst zwei bis drei Jahre nach dem Studium sei dann ein ganz guter Zeitpunkt für den Künstler, sich an eine Galerie zu binden.

Erster Schritt: Offspaces

Und bis dahin? Wie findet ein noch völlig unbekannter Künstler Ausstellungsmöglichkeiten, wenn er frisch von der Hochschule kommt und noch keine Ausstellung gemacht hat? "Also, wenn man in dieser Position ist, dann hat man schon einiges falsch gemacht", sagt Alwin Lay. Denn als Student würde man in der Regel schon aus Interesse auf Ausstellungen gehen und dadurch Kontakte knüpfen. Lay ist einer, der noch ziemlich am Anfang steht. Erst im Frühjahr 2013 hat er sein Studium an der Kunsthochschule für Medien in Köln abgeschlossen, nachdem er vorher an der Düsseldorfer Kunstakademie gelernt hat.

Die Kunst von der Kunst zu leben

Viel Komfort hat Lay nicht in seinem Kölner Atelier. Nicht nur optisch erfüllt es alle Klischees eines Ateliers: Ein großer, heller Raum, eine bescheidene Küchenzeile, ein Hochbett, Schreibtisch, in der Mitte ein Esstisch - alle Möbel wirken wie vom Flohmarkt zusammengesucht. Sobald das Feuer im Ofen runtergebrannt ist, zieht Kälte durch die große Schiebetür. Seinen Lebensunterhalt verdient Lay als Assistent eines anderen Künstlers. Außerdem macht er hin und wieder Ausstellungsdokumentationen.

Ehrenamtlich ist er zudem im Kuratorium der Simultanhalle in Köln tätig, einem sogenannten Offspace. Solche Ausstellungsräume werden oft von jungen Künstlern oder Kunststudenten organisiert, die in Ateliers, gerade freistehenden Räumen oder sogar Privatwohnungen andere junge Künstler ausstellen. So bekommen Studenten und jungen Absolventen die Chance, erste Erfahrungen beim Ausstellen zu sammeln und sich bekannter zu machen. Ums Geld verdienen geht es dabei nicht.

Lange Tradition: Kunstvereine

Gefördert wird junge Kunst außerdem in den über 300 deutschen Kunstvereinen, die ebenfalls nicht kommerziell ausgerichtet sind. Eine Kultur, die seit über 200 Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu Hause ist. Finanziert werden sie im Wesentlichen über die Beiträge der Mitglieder. Allein in Deutschland engagieren sich rund 150.000 Bürger auf diese Weise.

Allerdings werden in den Kunstvereinen meistens Künstler ausgestellt, die schon etwas bekannter sind. Manchmal hätten aber auch totale Neulinge die Möglichkeit, im Kunstverein ihre Werke zu zeigen, meint Meike Behm. "Wenn ich ein Dossier von einem jungen Künstler bekomme, der frisch von der Hochschule ist, dann schaue ich mir das intensiv an. Manchmal empfehlen mir auch andere Künstler solche jungen Künstler. Und dann kann es auch zur Ausstellung kommen", sagt Behm, Geschäftsführerin des Kunstvereins Lingen. Und wer als junger Künstler in einem Kunstverein ausgestellt hat, hat die Weichen schon mal ganz gut gestellt.

Meike Behm vom Kunstverein Lingen (Foto: Kunsthalle Lingen)
Meike Behm schaut sich auch "Newcomer" anBild: Kunsthalle Lingen

Gute Strukturen, weniger Offenheit

Insgesamt sei die Situation junger Künstler in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern recht gut, sagt der Galerist Bertold Pott. "Neben den Kunstvereinen gibt es auch andere Institutionen und Strukturen, die junge Künstler unterstützen, beispielsweise auch Ateliers zur Verfügung stellen." In anderen Ländern sowohl in als auch außerhalb Europas sei es doch um einiges härter. Beispielsweise hätten zwar die Benelux-Länder ebenfalls Kunstvereine, aber nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Und die Dichte an Museen sei auch hilfreich. "Allerdings muss man sagen, die Offenheit, jungen Künstlern eine Chance zu geben und sie zu zeigen, ist in anderen Ländern, also sowohl den Benelux-Ländern, als auch den USA, größer", so Pott.

Der Leipziger Maler Neo Rauch (Foto: AP).
Die Schüler des Leipziger Malers Neo Rauch konnten von seinem Ruhm profitieren. Bei ihren Ausstellungen sollen Sammler alles aufgekauft habenBild: AP

Leben von der Kunst steht nicht zur Debatte

In der Regel müssen junge Künstler aber überall von Nebenjobs leben. Sei es wie Alwin Lay mit kunstnahen Jobs oder ganz anderen. Laut der Künstlersozialkasse, bei der Künstler freiwillig ihr Einkommen angeben, verdienen Künstler der Bildenden Kunst im Durchschnitt rund 14.200 Euro im Jahr.

Ausstellung in der Kunstakademie Düsseldorf (Foto: picture alliance / Horst Ossinger)
Zum Abschluss des Wintersemesters stellen die Studenten der Kunstakademie Düsseldorf ihre Werke ausBild: picture alliance / Horst Ossinger

"Ich finde es bescheuert zu behaupten, dass einem als Künstler Geld egal wäre. Weil das nicht so ist. Aber auf der anderen Seite spielt es auch nicht die entscheidende Rolle", erklärt Lay. Daher seien Nebenjobs für Künstler selbstverständlich. Mit einem befreundeten Galeristen hätte er mal so scherzhaft überschlagen, was es bedeuten würde, ein Mindesteinkommen über die eigenen Werke zu verdienen, dass dann auch die Kosten für Produktion, Ateliermiete und Beteiligung für die Galerie trüge. "Das ist total utopisch, was man da für Mengen produzieren müsste", sagt Lay.

Auch über Strategien, wie er auf dem Markt Fuß fassen könnte, habe er nie nachgedacht. "Ich kann mir schwer vorstellen, dass so eine absolute Selbst-Werbestrategie so richtig positiv auf die Arbeit zurückschlägt", meint Lay, putzt sich die triefende Nase und legt noch mal ein paar Briketts nach. "Wenn man nämlich früh für den Markt produziert und Strategien verfolgt, dann wird man dadurch automatisch inhaltlich korrumpiert. Und das sieht man den Werken dann an."