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Kapituliert Mexikos Presse im Drogenkrieg?

21. September 2010

"Diario de Juárez", die führende Tageszeitung in Mexikos Drogenhochburg Ciudad Juárez, hat die Berichterstattung über die organisierte Kriminalität vorübergehend eingestellt. Grund ist die Ermordung eines Mitarbeiters.

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Ein Einmalhandschuh und ein Absperrband der Polizei liegen in einer Blutlache (Foto: ap)
Häufig sind Journalisten unter den Opfern des Drogenkriegs in MexikoBild: AP

Vor wenigen Tagen waren zwei Fotografen der Zeitung "Diario de Juárez" von unbekannten Tätern beschossen worden. Einer der Beschossenen starb, der andere wurde schwer verletzt. Damit ist innerhalb von weniger als zwei Jahren nun bereits der zweite Mitarbeiter der Zeitung getötet worden.

Berichterstattung ausgesetzt

In einem Leitartikel forderte die Zeitung am Sonntag (19.09.2010) die kriminellen Organisationen auf, ihr mitzuteilen warum sie die Reporter töteten. "Was wollen Sie von uns?", fragt die Überschrift des Artikels. Und weiter heißt es: "Als Mitarbeiter eines Mediums der Information wollen wir, dass Sie uns erklären, was Sie von uns wollen und was wir ihrer Meinung nach veröffentlichen sollen, damit wir wissen, wonach wir uns richten sollen." Bis zu einer Antwort werde "Diario de Juárez" eine Pause in der Berichterstattung über die organisierte Kriminalität einlegen, berichteten überregionale Medien am Montag (20.09.2010). Das Blatt richte seine Fragen an die Kartelle, weil "das, was wir am wenigsten wollen, ist, dass ein weiterer unserer Kollegen zum Opfer Ihrer Kugeln wird", erklärt der Leitartikel. Die Drogenkartelle seien derzeit die wahren Machthaber in der Stadt, da die Behörden nicht in der Lage seien, Morde an Mitarbeitern zu verhindern.

Soldaten durchsuchen Autos(Foto: ap)
Die Armee geht gegen die Drogenkartelle vor - bisher mit mäßigem ErfolgBild: AP

Nach Angaben von Bürgerrechtsorganisationen ist Mexiko für Journalisten eines der gefährlichsten Länder der Welt. Seit Präsident Felipe Calderón 2006 eine Militäroffensive gegen das organisierte Verbrechen gestartet hatte, starben oder verschwanden nach Angaben des in New York ansässigen Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) in Mexiko mehr als 30 Medienvertreter. Allein in diesem Jahr sind nach Angaben des Internationalen Presse-Institutes elf Journalisten getötet worden. Vor allem im Norden des Landes entlang der Grenze zu den USA sind die Medien häufig Ziel von Angriffen der organisierten Kriminalität.

Kartelle töten mehrere tausend Menschen pro Jahr

Die Rauschgiftkartelle von Sinaloa und Juárez führen bereits seit längerem einen blutigen Krieg um die Vorherrschaft in der Millionenstadt Cuidad Juárez an der Grenze zum US-Bundesstaat Texas. Obwohl Polizei und Armee massiv Präsenz zeigen, wurden allein in diesem Jahr mehr als 2000 Menschen von den Kartellen ermordet. Die Regierung von Mexiko hat jede Form von Verhandlungen mit den Rauschgiftkartellen kategorisch ausgeschlossen. Regierungssprecher Alejandro Poire sagte am Montag (20.09.2010), dass Aufrufe zu einem Waffenstillstand oder Abmachungen mit "Kriminellen in keiner Weise" angemessen seien.

Autor: Marco Müller
Redaktion: Sven Töniges