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Kanzlerin dankt KZ-Überlebenden

3. Mai 2015

Bundeskanzlerin Merkel hat zum 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau den Überlebenden für ihr Engagement als Zeitzeugen gedankt. Vertreter der jüdischen Gemeinde warnten vor einen neuem Antisemitismus.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel legt in der jüdischen Gedenkstätte gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Zentrarats der Juden in Deutschland, Josef Schuster (l-r), dem bayerischen Ministerpräsident Horst Seehofer und dem israelischen Botschafter Jaakov Hadas-Handelsman (v. l.) einen Kranz nieder (Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (2. v. l.) legt in der jüdischen Gedenkstätte gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Zentrarats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, dem bayerischen Ministerpräsident Horst Seehofer und dem israelischen Botschafter Jaakov Hadas-Handelsman (v. l.) einen Kranz niederBild: Bundesregierung/Bergmann/dpa

Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau haben Vertreter der Überlebenden und des Judentums in Deutschland vor einem Wiederaufleben von Rassismus und Antisemitismus gewarnt. "Wenn ich darauf blicke, wie heute einige Bürger gegen Flüchtlinge hetzen oder wie abwertend über Juden gesprochen wird, dann frage ich mich: Wie sehr ist das hohe Gut der Menschenwürde eigentlich noch in den Köpfen verankert?", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bei der Gedenkveranstaltung in Dachau. Auch der Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, Max Mannheimer äußerte sich besorgt. "Aus dem historischen Gedenken muss ein verantwortliches Bewusstsein hervorgehen."

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch warnte davor, einen "Schlussstrich" zu ziehen. "Ich plädiere dringend dafür, den Heutigen unsere Geschichte nicht als Last, sondern als Chance näherzubringen - als Motivation zu Mündigkeit, Wehrhaftigkeit und Menschlichkeit."

" Antisemitismus inmitten unserer Gesellschaft"

Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sei von "wachsenden Sorgen und Zweifeln" erfüllt, sagte Knobloch. Antisemitismus sei wieder salonfähig. Diese Stimmung spürten die Juden auch in ihrem Alltag. "Der Antisemitismus begegnet uns inmitten unserer Gesellschaft mit blankem Hass, mit Genugtuung, mit Arroganz und Hochmut" und keime auch in der breiten bürgerlichen Mitte furchtbar auf, sagte Knobloch.

Josef Schuster, Charlotte Knobloch und Angela Merkel (v. l.) (Foto: dpa)
Josef Schuster, Charlotte Knobloch und Angela Merkel (v. l.)Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Bundeskanzlerin Angela Merkel dankte den Überlebenden für ihre Aufklärungsarbeit als Zeitzeugen. "Es ist ein großes Glück, dass Menschen wie Sie bereit sind, uns ihre Lebensgeschichten zu erzählen, das unendliche Leid, das Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus über sie gebracht hat", sagte Merkel bei der Gedenkveranstaltung. Die Kanzlerin wandte sich damit an die angereisten hochbetagten Überlebenden, die in berührenden Reden ihre Erinnerungen schilderten. Erst damit bekämen nackte Zahlen ein Gesicht.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer rief zum aktiven Einsatz für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte auf. Diese Grundwerte seien "der entscheidende Kompass für die Zukunft", sagte Seehofer. Freiheit und Demokratie bräuchten Erinnerung. Die Erinnerung an das unvorstellbare Leid im KZ Dachau münde "in das Bekenntnis: Nie wieder!".

Das Konzentrationslager Dachau war das erste große, dauerhaft angelegte KZ der Nazis und wurde zum Modell für die vielen später errichteten Lager. Schon am 22. März 1933 - wenige Wochen nach dem Machtantritt Adolf Hitlers - wurden dort politische Gegner des NS-Regimes eingesperrt. Später folgten Kriminelle, Sinti und Roma, Homosexuelle sowie vor allem Juden. Als Ausbildungsstätte für die Nazi-Schergen war Dachau eine "Schule der Gewalt".

Die nach einem Diebstahl durch eine Rekonstruktion ersetzte Lagertür mit der Inschrift "Arbeit macht frei" gilt als zynisches Symbol des Leidensweges der Häftlinge (Foto: dpa)
Die nach einem Diebstahl durch eine Rekonstruktion ersetzte Lagertür mit der Inschrift "Arbeit macht frei" gilt als zynisches Symbol des Leidensweges der HäftlingeBild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Im Dachauer KZ und seinen 140 Außenlagern waren von 1933 bis 1945 mehr als 200.000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert. Arbeitsfähige Häftlinge wurden als Arbeitssklaven im Straßenbau oder in Kiesgruben eingesetzt, nach Kriegsbeginn vor allem in der Rüstungsindustrie. Als das Lager am 29. April 1945 von US-Soldaten befreit wurde, lebten mehr als 30.000 Häftlinge aus 31 Nationen in den Baracken. Nach Angaben des Deutschen Historischen Museums waren mindestens 30.000 von der Lagerverwaltung registrierte Gefangene ums Leben gekommen.

stu/rb (dpa, epd)