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Kampf ums Öl

Hannes Breustedt (dpa)24. November 2014

Der Schieferöl-Boom hat die Machtverhältnisse in der Energiewelt verschoben. Das Opec-Schwergewicht Saudi-Arabien testet Amerikas Schmerzgrenze, um die Fracking-Party zu beenden.

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Saudi-Arabien Energie Ölraffinerie (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Machtkampf am Ölmarkt: Dank der Fracking-Revolution sind die USA dabei, die Vorherrschaft zu übernehmen. Saudi Arabien versucht durch Öl-Dumping, das die Preise unter die Produktionskosten von US-Firmen treiben soll, den Schiefer-Boom zu stoppen. Das Ergebnis: Überversorgung, die Ölpreise sind im freien Fall - seit Sommer haben sie um etwa ein Viertel eingebüßt.

Ein Barrel (159 Liter) Rohöl der US-Sorte WTI kostete in der vergangenen Woche weniger als 75 Dollar und war damit so billig wie seit über vier Jahren nicht mehr. Während Verbraucher vom Preiskrieg profitieren, spitzt sich die Lage für viele Ölstaaten zu.

"Schlachtfeld" USA

"Die USA werden als neues Schlachtfeld betrachtet", sagt Expertin Amrita Sen vom Analysehaus Energy Aspects. Das Fracking, bei dem tiefliegende Gesteinsschichten angebohrt und das dort lagernde Schiefergas und -öl mit Hilfe von Chemikalien gelöst wird, hat der US-Energieindustrie einen rapiden Aufstieg beschert. Die Rohölproduktion lag laut der Energiebehörde EIA zuletzt erstmals seit den 70er Jahren wieder bei mehr als neun Millionen Barrel pro Tag.

Fracking Anlage (Foto: Getty Images)
Ölpreis unter Druck: Fracking-AnlageBild: Getty Images

"Wenn es um Rohöl und fossile Brennstoffe geht, platzen die USA aus allen Nähten", sagt Edward Morse, Leiter der Rohstoffanalyse bei der Citigroup. Amerika überschwemmt die Welt mit billigem Öl. Das drückt die Profitabilität und lässt die Marktmacht schwinden in Ölstaaten wie Saudi-Arabien, dem größten Produzenten des Opec-Kartells. Bislang hielten die Saudis bei Preisverfall stets dagegen, indem sie das Angebot verknappten. Diesmal nicht - Anfang November gewährten sie US-Kunden sogar einen überraschenden Sonderrabatt.

Schmerzgrenze testen

Dahinter dürfte Kalkül stecken: Viele Beobachter gehen davon aus, dass die Saudis die Schmerzgrenze der US-Förderindustrie testen wollen. Das Fracking ist vergleichsweise teuer - sinkt der Ölpreis zu stark, rechnet sich die Produktion nicht mehr und der Boom flaut ab. Wo jedoch genau das Limit liegt, ist umstritten. "Der Markt braucht langfristige Investitionen, für die Preise um die 90 Dollar pro Barrel eine kritische Marke darstellen", sagt Analystin Sen.

Lieferung von Heizöl (Foto: dpa)
Verbraucher könnten von sinkenden Ölpreisen profitierenBild: picture-alliance/dpa

Von der EIA heißt es hingegen, dass die Produktionskosten bei Schieferöl in den letzten Jahren deutlich gesunken seien und ineffiziente Produzenten nur einen kleinen Anteil am Marktvolumen hätten. "Selbst wenn der WTI-Preis dauerhaft unter 75 Dollar fällt, wird das Wachstum in den kommenden Jahren auf einem relativ hohen Niveau bleiben", sagt Citigroup-Experte Morse.

Preiskrieg als Konjunkturprogramm

Unklar ist auch, ob Saudi-Arabien seine Billigheimer-Strategie im Opec-Kartell weiter durchsetzen kann. Etlichen Mitgliedern steht das Wasser wegen des Ölpreisverfalls bis zum Hals. Vor dem mit Spannung erwarteten Treffen des Kartells am 27. November stehen die Zeichen deshalb auf Konflikt.

Für die breite Bevölkerung ist der Preiskrieg hingegen ein Segen: Die EIA geht davon aus, dass die US-Benzinpreise 2015 so niedrig sein werden wie seit vier Jahren nicht mehr. Nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds lässt ein zehnprozentiger Rückgang der Rohölpreise die weltweite Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent steigen. Je günstiger das Rohöl, desto niedriger die Produktionskosten vieler Industrieunternehmen. Verbraucher haben mehr Geld zum Ausgeben über, weil sie Sprit- und Heizkosten sparen. Mit etwas Verzögerung könnte der Preiskrieg am Ölmarkt deshalb wie ein enormes Konjunkturpaket wirken.