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Kaiserschmarrn und Weißwürste

Olivia Gerstenberger19. Februar 2014

DW-Olympiareporterin Olivia Gerstenberger wirft einen Blick in die Küche des Deutschen Hauses in Krasnaja Polyana. Besonders angetan hat es ihr ein Klassiker: der Kaiserschmarrn.

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DW-Olympiareporterin Olivia Gerstenberger. Foto: DW/Gerstenberger
Bild: DW/O. Gerstenberger

Goldgelb mit einem Hauch von Puderzucker und einem kräftigen Schlag Apfelmus liegt der Kaiserschmarrn auf einem kleinen Teller vor mir und duftet verführerisch. "Willst du mal probieren?", werde ich gefragt. Ich stehe in der Küche des Deutschen Hauses und will eigentlich ein Interview führen. Doch das Angebot kann ich einfach nicht ablehnen. In den Pressezentren und im Hotel-Frühstückszelt wurde ich bisher nicht gerade kulinarisch verwöhnt. Und ein typisches russisches Restaurant ist in der künstlichen Umgebung rund um den Olympiapark schwer zu finden. Meine Hauptmahlzeit hier ist oft das Frühstück, tagsüber komme ich fast nie zum Essen. Mein Magen knurrt also, ich koste und beschließe daraufhin: Das ist das Leckerste, was ich bisher bei den Olympischen Winterspielen gekostet habe!

Köche bei der Arbeit im Deutschen Haus in Krasnaja Polyana. Foto: DW/Gerstenberger
Viel zu tun in der Küche des Deutschen Hauses in Krasnaja PolyanaBild: DW/O. Gerstenberger

Hans Brazdrum ist der Herr des Kaiserschmarrns. Jeden Tag bereitet er die kalorienreiche Köstlichkeit für die Gäste des Deutschen Hauses in Krasnaja Polyana zu, und das haufenweise. "Der steht sieben Stunden am Tag da und macht Kaiserschmarrn", sagt Kollege Siegfried Sigl. "Das ist bei uns der Klassiker." Ganz einfach sei es, "wenn man den Dreh mit dem Karamellisieren einmal heraus hat", versichert mir Hans und zeigt mir eine Spezial-Vorrichtung, in der die Leckerei perfekt gelingt. In einer normalen Pfanne auf dem Gasherd wie bei mir zu Hause hätte man es da natürlich deutlich schwerer, lacht er.

Leberkäse aus Russland

Vier befreundete Köche sorgen für das leibliche Wohl der Gäste des Deutschen Hauses, jeden Tag kommen unterschiedliche Speisen auf den Tisch. "Wir vier Burschen haben jeweils unseren eigenen Bereich", erklärt Siegfried, während er den Kartoffelsalat zubereitet. "So läuft es ganz gut." Drei russische Köche helfen in der Küche aus, auch eine Dolmetscherin ist dabei. "Man versteht sonst nichts, das wird aber von Tag zu Tag besser", berichtet mir Sigl lächelnd.

Die ganz große Bestellung hatten die vier Freunde schon zwei Monate vor Beginn der Spiele aufgegeben, täglich wird dazu noch unten in Sotschi eingekauft. 50 Kilogramm Rinderfilet, 50 Kilogramm Schweinefilet, 30 Kilogramm Fisch sowie jeweils zwei bis drei Kisten Salate und Gemüse bereitet die Küche des Deutschen Hauses pro Tag zu. Außerdem werden täglich 20 Kilogramm Leberkäse und je 20 Kilogramm Weißwürste und Wiener Würste gegessen. Das Fleisch kommt von einem deutschen Metzger, der einige hundert Kilometer entfernt sein Geschäft in Russland hat, verrät Sigl. "So haben wir das auch schon in Vancouver gemacht. Der Leberkäs' ist wirklich gut, das hat uns überrascht."

Olympia-Koch Siegfried Sigl. Foto: DW/Gerstenberger
Olympia-Koch Siegfried SiglBild: DW/O. Gerstenberger

Der Kaiser war auch schon da

In der blank polierten Küche wuseln die Köche um mich herum, das Büffet muss nachgefüllt werden. Das Interview müssen wir kurz unterbrechen, ein Gast hat nach Sauerbraten gefragt. Der Wunsch wird gern erfüllt. Auch den Athleten schmeckt es: Vor dem Wettkampf können sie hier Pasta und Salat oder Gemüse bekommen, danach gern mal etwas Deftiges. "Einen Leberkäs' essen, das dürfen die - freilich!", versichert Sigl, der wieder zurückgekehrt ist und einen Blick auf den Fernseher wirft. Der hängt in der Küche. "Das ist das Wichtigste, sonst kriegen wir gar nichts mit. Man hat zwar eigentlich keine Zeit, aber mal eine Siegerehrung oder den Zieleinlauf können wir hier schon schauen."

An die Piste oder in die Eishallen kommen die vier Freunde während der Spiele nie, das würde zu lange dauern. Es muss zu viel organisiert werden, damit weiterhin alles reibungslos klappt. Ab und zu kommt auch mal einer der Athleten vorbei, man kennt sich ja schon seit langem. Das sei immer wieder eine große Freude. Das beste Kompliment könnte aber auch von Gästen kommen, die keine Medaillen gewonnen haben, sagt Sigl: "Das Schönste ist, wenn einer sagt: Guat hat´s geschmeckt! Dann wissen wir, der ist von zu Hause."

Kachel-Kalender mit Eintrag Beckenbauer. Foto: DW/Gerstenberger
Der Kachel-Kalender belegt einen erfolgreichen Montag: 2. Gold und prominenter BesuchBild: DW/O. Gerstenberger

Von halb acht Uhr morgens bis spätestens zwei Uhr nachts wird in der Küche gewerkelt. Drei Wochen lang. Da kann man schon einmal durcheinander kommen. An der Wand entdecke ich einen ungewöhnlichen Kalender: Auf den Kacheln stehen Datum, Medaillen und besondere Gäste: Am 10. Februar war Franz Beckenbauer da. Ich wette, der hat auch den Kaiserschmarrn probiert.