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Kaffeegeschäft ohne Kaffee

Mona Naggar, Beirut1. Oktober 2012

Die Bohne sucht man hier vergebens. Läden des deutschen Kaffeerösters Tchibo im Libanon führen keinen Kaffee. Trotzdem schreibt die Firma dort Erfolgsgeschichte. Bald wird in Beirut die fünfte Filiale eröffnet.

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Tchibo Filiale Libanon Jnah Beirut (Foto: M. Naggar/DW)
Tchibo Filiale Libanon Jnah BeirutBild: Mona Naggar

Für einen Moment könnte man sich in die Räumlichkeiten eines Ladens irgendwo in Deutschland versetzt fühlen. Im Tchibo-Geschäft in Jnah, einem Stadtteil im Süden Beiruts, werden die gleichen Kinderjacken, Damen T-Shirts, Teller oder Toaster wie in irgendeinem Tchibo-Laden in Kiel oder München angeboten. Auch Produkte, die auf den deutschen Alltag zugeschnitten sind, wie etwa Matschhosen für Kinder, Fahrradsattel oder CDs mit deutschen Kinderliedern und Märchen, können libanesische Kunden erwerben.

Sogar Vogelhäuschen sind gefragt

Claude Nimr  ist Direktor von "Brands for less" im Libanon, das ist der Partner von Tchibo im Nahen Osten. Er ist überzeugt, dass er den Kunden die gesamte Produktpalette anbieten muss. Sie könnten dann das auswählen, was ihnen gefällt, sagt er. "Es gibt viele Dinge, von denen wir zunächst dachten, dass sie sich nicht verkaufen werden." Nimr bringt das Beispiel eines Vogelhäuschens für den Garten. So etwas sei eher für europäische Gewohnheiten gemacht: "Aber dann mochten es unsere Kunden doch."

Claude Nimr: Direktor von "Brands for less" im Libanon, Partner von Tchibo (Foto: M. Naggar/DW)
Claude Nimr: Direktor von "Brands for less" im LibanonBild: Mona Naggar

Probleme gäbe es beim Kaffee. Claude Nimr hat das Gefühl, dass der Konsument im Libanon die Kaffeekapseln nicht besonders mag: "Er liebt den türkischen Kaffee, das hat Tradition bei uns. Ich glaube, dass die Libanesen Zeit brauchen, bis sie sich an diese neue Art Kaffee gewöhnen."

Wenig Einfluss auf Bestellungen

Zwei- oder dreimal im Monat bekommen die Filialen in Beirut Ware aus Deutschland. Die Bestellungen werden von der Firmenzentrale in Dubai gemacht, die Ende der 1990er Jahre entstanden ist. Viel Einfluss hat Nimr da nicht. Überall sei das Angebot ähnlich, ob man den Tchibo-Laden in Abu Dhabi betrete oder in Beirut. Es werde höchstens auf das heiße Klima in den Ländern am Persischen Golf Rücksicht genommen und dort weniger Winterkleidung angeboten.

Obwohl das Angebot, das im Libanon ankommt, auf den deutschen Markt zugeschnitten ist, finden die Produkte reißenden Absatz. Amina steht mit ihrer Freundin vor dem Regal mit Kinderkleidung. Sie ist gerade dabei für ihre Tochter eine Jacke auszusuchen: "Ich bin fast süchtig geworden nach diesem Laden. Ich komme oft her und kaufe für mich, meine Tochter und manchmal auch für meinen Mann ein." Qualität und Preis seien gut.

Die Verpackung mit der deutschen Beschriftung und Beschreibung stören Amina nicht. Auch die Größenangaben, die sich von denen, die im Libanon gebräuchlich sind, unterscheiden, machen der jungen Frau nichts aus.

Nicht viel anders als in Deutschland: Tchibo Filiale in Jnah, Beirut (Foto: M. Naggar/DW)
Nicht viel anders als in Deutschland: Tchibo Filiale in Jnah, BeirutBild: Mona Naggar

Ein Stückchen vom Kuchen ergattern

Tchibo erlebt im Libanon eine kleine Erfolgsgeschichte. 2010 entstand die erste Filiale in der libanesischen Hauptstadt. Nun steht die Eröffnung der fünften Filiale im Großraum Beirut an. Claude Nimr erklärt, dass die Ziele der Firma sei zu expandieren und neue Standorte zu finden. So fiel ihre Wahl auf den Libanon, da dieses Land sehr konsumfreundlich sei: "Alle wichtigen Ketten und Marken sind hier vertreten. Wir haben uns gesagt, dass wir auch ein Stückchen von dem Kuchen haben wollen."

Der Kuchen, von dem Claude Nimr spricht, ist klein. Der Libanon hat ungefähr vier Millionen Einwohner, die Hälfte lebt in der Hauptstadt Beirut und Umgebung. Im Niedrigpreis-Segment bei Textilien und Haushaltswaren herrscht zudem eine große Konkurrenz. Libanesische Ketten, die über das ganze Land verteilt sind, führen neben Billigwaren aus Fernost auch europäische und amerikanische Waren zu günstigen Preisen. Wie die Geschäftsführerin einer Filiale in Hamra, der Haupteinkaufsstraße im Zentrum Westbeiruts, erklärt, müssen Preis und Qualität stimmen, damit eine breite Käuferschicht erreicht werden kann. So kauft ihre Kette große Mengen und verbilligte Restposten aus Europa ein.

Auch Tchibo müsse darauf achten, konkurrenzfähig zu bleiben, trotz zusätzlicher Kosten bei Transport und Zoll. Bei der Planung für den Libanon sei das bekannt gewesen, sagt Nimr. So sei ihnen Tchibo mit niedrigen Grundpreisen entgegen gekommen. "Schließlich ist es das Interesse von Tchibo zu expandieren", sagt Claude Nimr zufrieden.