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JP-Morgan-Chef spricht Klartext

Philipp Halstrick (Reuters)23. Januar 2013

In der Bankenbranche hat längst das große Aufräumen begonnen. Tausende Mitarbeiter haben ihre Jobs verloren, viele Institute wollen einen Wertewandel, um das ramponierte Image aufzupolieren. Viele, nicht alle.

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Jamie Dimon, chairman and chief executive of JP Morgan Chase and Co, speaks at the 2012 Simon Graduate School of Business' New York City Conference in New York May 3, 2012. REUTERS/Keith Bedford (UNITED STATES - Tags: BUSINESS EDUCATION)
Jamie DimonBild: Reuters

Wer gedacht hat, Top-Banker gäben sich seit der Finanzkrise bescheiden und demütig, der kennt JP-Morgan-Chef Jamie Dimon nicht. Grundsätzliche Bankenkritik vom Chef des Chemiekonzerns Evonik, Klaus Engel, bügelt Dimon am Montagabend (21.01.2013) auf einer Podiumsdiskussion im beschaulichen Taunus-Städtchen Königstein schroff ab: "In Ihrer Industrie sind Unfälle passiert, die Menschenleben gekostet haben - das gibt es bei uns nicht."

Im Publikum, das sich überwiegend aus Bankern und Unternehmern zusammensetzt, konnten sich viele ein Grinsen nicht verkneifen. "Das würde sich ein europäischer Bankchef niemals trauen", sagt ein Banker. Allerdings räumt Dimon ein, die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor sei ein "schrecklicher Fehler" Einzelner gewesen, ebenso der Handelsskandal in seinem Haus.

Markenzeichen markige Sprüche

Dimon stand im Sommer gehörig unter Druck, als ein britischer Händler von JP Morgan mit Fehlspekulationen über sechs Milliarden Dollar in den Sand setzte. Dimons Jahresgehalt wurde deshalb auf 11,5 Millionen Dollar halbiert. Trotz des Skandals habe das größte US-Geldhaus 2012 aber einen Rekordgewinn von gut 21 Milliarden Dollar eingefahren, rühmte sich der für seine markigen Sprüche bekannte Banker. "Die Zukunft voraussagen kann ich allerdings noch nicht." Die Bemerkung des Moderators, dass er sich viel selbst lobe, kontert Dimon trocken. "Nein, ich bin nur ehrlich - die Wahrheit bleibt die Wahrheit, auch wenn die Menschen diese nicht immer mögen."

Deutsche-Bank-Co-Chef Anshu Jain, der neben Dimon auf dem Podium sitzt, ist an diesem Abend für die moderaten Töne zuständig. Der von der deutschen Politik kritisch beäugte Investmentbanker spricht vom dringend notwendigen Kulturwandel in der Finanzbranche - weg von der Bonusjagd, hin zur Kundenorientierung. "Sie können aber eine Kultur, die sich über Jahrzehnte entwickelt hat, nicht über Nacht ändern."

Gegen Banken-Trennung

Wie Dimon spricht sich Jain gegen eine Aufspaltung von Universalbanken in Investment- und Privatkundeninstitute aus, achtet dabei aber auf politisch korrekte Wortwahl. "Unsere Aufgabe muss es sein, die Regulierer glücklich und zufrieden zu machen", sagte Jain, dessen Bank weltweit in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist. Eine Abspaltung des Investmentbankings würde auch für Privatkundenbanken Probleme schaffen, betonte Jain. Wenn diese ihren Liquiditätsüberschuss nicht mehr an die Investmentbank weitergegeben könnten, müssten sie die Mittel selbst anlegen. Beispiele in Spanien und Deutschland hätten gezeigt, dass dies riskant sei. Die mittlerweile zur Deutschen Bank gehörende Postbank hat vor der Finanzkrise beispielsweise Milliarden in komplexe Wertpapiere investiert, was ihr später zu schaffen machte. "Das Universalbankenmodell ist im besten Interesse Deutschlands", schlussfolgert Jain.

Evonik-Chef Engel geht davon aus, dass es lange dauern wird, bis die Banken verlorengegangenes Vertrauen wieder aufbauen. Der Libor-Skandal, der zahlreiche Banken weltweit betrifft, sei bei diesem Prozess nicht hilfreich. "Ich höre wohl, was Sie sagen, aber kommt Zeit, kommt Rat", sagte Engel. Er fordert "transparente, zuverlässige und vertrauenswürdige Banken". Der Bezug zum Kunden müsse wieder im Vordergrund stehen und nicht der Handel. Bei diesem Stichwort ergriff Dimon dann wieder das Wort. "Erlauben Sie mir zum Thema Handel einen Kommentar", sagte er zu Engel. "Wir machen das für unsere Kunden. Und die Kunden machen das aus eigenem Interesse und nicht den Banken zuliebe."