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Interview Pomianowski

Interview führte Bartosz Dudek22. Februar 2013

Die Europäische Demokratiestiftung soll Demokratie in Europas Nachbarschaft im Osten und Süden fördern. Der Polnische Vize-Außenminister Jerzy Pomianowski ist Gründungsdirektor der Stiftung.

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Jerzy Pomianowski, Vize-Außenminister der Republik Polen, Direktor der European Endowment for Democracy (EED), Europäischer Demokratiestitung mit Sitz in Brüssel (Foto: DW/ (c) Bartosz Dudek)
Jerzy PomianowskiBild: DW/B.Dudek

Deutsche Welle: Wie kam es zur Gründung der Stiftung?

Jerzy Pomianowski: Die Stiftung ist auf die politische Vision des polnischen Außenministers Radosław Sikorski zurückzuführen. Er hat sie in einem ganz konkreten politischen und historischen Kontext zur Sprache gebracht. Das war kurz nach dem starken Rückgang der Demokratie in Weißrussland, nach einer Reihe von Verhaftungen, nur einige Wochen vor Ausbruch des "arabischen Frühlings".

Danach folgte ziemlich komplizierte, mühselige Überzeugungsarbeit bei den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten, aber auch bei europäischen Institutionen. Ich muss an dieser Stelle das Europäische Parlament lobend erwähnen und seine enorme Hilfe bei der Umsetzung dieser Aufgabe. Die Europaparlamentarier hatten auf äußerst natürliche Art und außergewöhnlich mühelos die Idee der Europäischen Demokratiestiftung verinnerlicht und wurden zu deren eifrigsten Verfechtern.

Sie haben politische Ziele angesprochen. Was heißt das im Konkreten?

In der EU-Praxis füllt die Europäische Demokratiestiftung eine Lücke im bestehenden EU-Fördermechanismus aus. Wir hatten gründlich die Lücken bei der Förderung der pro-demokratischen Kräfte und Nationen durch die EU analysiert und festgestellt, dass z.B. für die nichtregistrierten politischen Gruppierungen, das heißt für zivilgesellschaftliche Gruppen, die ein politisches Ziel verfolgen, nur ganz begrenzte Fördermöglichkeiten bestehen. Verhältnismäßig geringe Aufmerksamkeit und Unterstützung genießen auch diejenigen Personen, die als potentielle politische Führer sichtbar werden. Solange sie sich als solche nicht etabliert haben und ihre politischen Ziele nicht erreichen, genießen sie keine Aufmerksamkeit und kommen somit auch nicht in den Genuss von Fördermöglichkeiten. Das ist auch eines der Betätigungsfelder für die Europäischen Demokratiestiftung, denn sie kann nun ganz neue, nicht gängige Mechanismen der finanziellen Förderung anbieten.

Und welche Staaten kommen in den Genuss dieser Förderung?

Das geographische Zielgebiet zur Betätigung der Stiftung ist ganz klar abgesteckt. Für uns steht die europäische Nachbarschaft im Vordergrund, und sie ist ganz präzise definiert. Es handelt sich um die direkten Nachbarn der EU, insbesondere die Staaten an den östlichen EU-Grenzen sowie die Nachbarn im Süden, d.h. die Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens.

Inwiefern sind die polnischen Erfahrungen der friedlichen Revolution nützlich zur Unterstützung der Demokratiebestrebungen in anderen Ländern?

Ich glaube, dass unsere Botschaft - und vielleicht war das auch der Grund für die Wahl eines Polen zum Gründungsdirektor der Stiftung - zugleich ein übergreifender Ansatz ist: Demokratie lässt sich nicht exportieren, und niemandem aufdrängen. Demokratie kann man nur dann fördern, wenn sie in den Köpfen und Taten der Menschen aufgeht, die in einem bestimmten Land die demokratischen Werte und das demokratische System etablieren wollen.

Einerseits lässt sich die Demokratie nicht in ein anderes Land übertragen, anderseits kann sich die Demokratie in der Isolation nicht entfalten. Was das bedeutet? Polen will heute, dass Weißrussland demokratisch wird, genauso wie Griechen, Italiener und Spanier sich die Demokratie in den Mittelmeerländern wünschten. Die Nachbarschaft mit den von Diktatoren regierten Ländern gestaltet sich als sehr schwierig. Demokratie muss sich entfalten können. Dabei wird die Glaubwürdigkeit unserer eigenen polnischen Transformation zur Demokratie, die sich auf diesen Grundsatz stützte, hilfreich sein. Keiner hat uns die Demokratie aufgedrängt; wir haben sie gewollt. Mit unser Erfahrung sind wir also prädestiniert, unseren Partnerländern im Süden und Osten die selbe Frage zu stellen: Wollt ihr die Demokratie? Wollt ihr unsere Hilfe? Wenn ja, dann bekommt ihr sie.

Und wie gestaltet sich die Finanzierung der Stiftung? Über welche Summen wird sie verfügen?

Die Stiftung hat schon für die ersten zwei, drei Jahre der Tätigkeit geschätzte sechzehn bis siebzehn Millionen Euro zur Verfügung. Daraus wird die Arbeit der Stiftung finanziert, wobei die Mehrheit der Finanzen, d.h. drei Viertel direkt zur Förderung der Personen, Gruppen und Bewegungen fließen, die sich in ihren Ländern und Regionen für die demokratischen Werte einsetzen.