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Janet Yellen hat's nicht eilig

Rolf Wenkel (mit rtrd, dpa)22. August 2014

US-Notenbankchefin Janet Yellen will bei der Zinswende nichts überstürzen. Ein zu schnelles Vorgehen könne die Erholung der US-Wirtschaft behindern, sagte sie auf einem Expertentreffen in Wyoming.

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Janet Yellen Fed-Präsidentin 21.08.2014
Bild: picture-alliance/AP Photo

Zu viel Aktionismus könne zu einem Hemmschuh auf dem Weg zu einer vollständigen Erholung am Arbeitsmarkt werden, warnte sie am Freitag auf dem internationalen Zentralbanker-Treffen in der Kleinstadt Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming. Falls die Notenbank beispielsweise bei einer Inflationsrate von zwei Prozent reflexartig die geldpolitischen Zügel anziehe, könne dies negative Folgen für die Beschäftigung haben. Sie ließ weiterhin nicht durchblicken, wann die Fed erstmals seit der Finanzkrise wieder den Leitzins erhöhen könnte.

Anders als die Europäische Zentralbank EZB, die ihre Geldpolitik strikt nach den Inflationserwartungen und der Geldwertstabilität ausrichtet, beobachtet die amerikanische Notenbank Fed zusätzlich die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und besonders den Arbeitsmarkt. Es sei aber noch immer nicht klar, wie weit der Jobmarkt davon entfernt sei, seine Ressourcen voll auszuschöpfen, sagte Yellen in Jackson Hole. Es gebe "kein einfaches Rezept" für eine angemessene Geldpolitik.

Märkte reagieren gelassen

Die Wall Street reagierte zunächst kaum auf die Äußerungen Yellens. Und obwohl sie auf die nach wie vor unbefriedigende Lage am Arbeitsmarkt verwies, konnte auch der Euro nicht von der mit Spannung erwarteten Rede profitieren. Zuletzt hatte eine Reihe von US-Konjunkturdaten positiv überrascht. "Auch in der kommenden Woche dürfte sich der Reigen guter Daten fortsetzen", erwarten die Analysten vom Bankhaus Metzler. "Anders als in den USA dürfte in der Eurozone eine Straffung der lockeren Geldpolitik deutlich länger auf sich warten lassen." Der Euro sollte daher zum Dollar unter Druck bleiben.

Die Arbeitslosenquote in der weltgrößten Volkswirtschaft lag zuletzt bei 6,2 Prozent und ist damit noch nicht im Bereich der von der Fed angestrebten Vollbeschäftigung. Am Markt wird daher erst für Mitte nächsten Jahres mit einer Zinserhöhung gerechnet. Die Fed hält den Schlüsselzins bereits seit Ende 2008 - dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise - auf dem historisch niedrigen Niveau von null bis 0,25 Prozent.

Streit über den richtigen Zeitpunkt

Die meisten Notenbanker wollen mit einer Anhebung noch warten, bis sich der Aufschwung weiter festigt. Die im Zinsausschuss nicht stimmberechtigte Chefin der Fed-Filiale von Kansas City, Esther George, plädiert dagegen offen für höhere Zinsen. Die Gastgeberin der Konferenz von Jackson Hole mahnte, bei der Normalisierung nicht zu spät zu reagieren. Das Ziel der Vollbeschäftigung sei nah und das Preisniveau stabil.

Diese Einschätzung trifft allerdings nicht auf die Euro-Zone zu. Anders als in den USA, wo die Wirtschaft wieder rund läuft, ist EZB-Chef Draghi mit hoher Arbeitslosigkeit und einer stagnierenden Wirtschaft konfrontiert. Zudem hat er noch immer nicht das Deflationsgespenst gebannt. Für August erwarten Experten eine Inflationsrate von nur noch mageren 0,3 Prozent. Damit dürften auch Sorgen neue
Nahrung erhalten, dass dem Währungsraum ein Preisverfall auf breiter Front bevorsteht. Dieser gilt als Gift für die Wirtschaft, da sich Verbraucher dann in der Hoffnung auf weiter sinkende Preise mit Käufen zurückhalten und Firmen Investitionen verschieben.
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Touristen, die von der Kleinstadt Jackson aus in das Tal Jackson Hole und den Grand Teton National Park aufbrechen, haben gute Chancen, Hirsche, Elche, Büffel und sogar Bären zu begegnen. In dieser Woche könnten Wanderer noch auf eine weitere Spezies stoßen: Notenbanker aus den USA und allen Teilen der Welt. Ihr jährliches Treffen in Jackson Hole, das am Donnerstag begonnen hat, gilt als eine der einflussreichsten ökonomischen Veranstaltungen weltweit. Diesmal ist auch EZB-Chef Mario Draghi mit von der Partie, der noch am Freitag zu den Gästen sprechen sollte.